Vergleichstest

Test: 5 Tonabnehmer im Vergleich

10.2.2011 von Dalibor Beric

Über 1000 Euro für einen Tonabnehmer sind kein Pappenstiel. Dafür bieten diese fünf neuen Modelle einen bisher kaum für möglich gehaltenen klanglichen Gegenwert.

ca. 5:50 Min
Vergleich
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  1. Test: 5 Tonabnehmer im Vergleich
  2. Technik im Detail
Tonabnehmer Benz Micro Wood S L, Kuzma KC 2, Lyra Delos, Ortofon Cadenza Blue, Ortofon Cadenza Red
Tonabnehmer Benz Micro Wood S L, Kuzma KC 2, Lyra Delos, Ortofon Cadenza Blue, Ortofon Cadenza Red
© Archiv

Tonabnehmer sind Verschleißteile. Somit wiegt es doppelt, was ein Abtaster kostet, da in der Regel rund 60 Prozent des Grundpreises nach ein paar Jahren wieder fällig sind, wenn man das abgenutzte Modell auswechseln muss.

Tondosen um 1000 Euro sind besonders interessant, weil hier Entwickler genügend Budget haben, um gute Bauteile zu verwenden, und sich der Hersteller bei der Produktion mehr Zeit lassen kann, um Feinoptimierungen durchzuführen. All dies kann man sehr gut nachvollziehen bei den fünf Testkandidaten von stereoplay. Sie decken einen Preisrahmen von 950 bis 1300 Euro ab, was die Auswahl besonders reizvoll macht.


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Montieren am Tonarm: Auch wenn man nicht mittels zweier Tonarme Abtaster direkt vergleichen will, empfiehlt es sich, die Tonarmhöhe nach erfolgter Optimierung mit einer Schieblehre zu messen. Dies ermöglicht, die Tonarmlager zu schonen, weil man die Tonabnehmerschrauben bei der Justage nur handfest anzieht und erst danach im ausgebauten Tonarm festdreht.
© Archiv

Hörtest

Um einen direkten Vergleich zu ermöglichen, benutzte die Redaktion zwei Tonarme Linn Ekos SE, in welche die Ab-taster montiert und beim Hörtest über den Referenzplattenspieler Linn Sondek LP 12 mit Radikal (6/09) dann eingewechselt wurden. Die wichtige Tonarmhöhe wurde nach der klanglichen Optimierung mit einer Schieblehre gemessen, beim Tonarmwechsel stellte stereoplay sie immer wieder ein, um stets gleiche optimale Bedingungen für die Abtastung der Tonzellen zu schaffen.

Die ersten Durchgänge galten dem Ortofon Cadenza Red, das sich mit druckvollen Bässen und offenen Höhen zu erkennen gab. Gegenüber dem stereoplay Highlight Ortofon Valencia (4/06) ließ das Red minimal mehr Luft zwischen den Instrumenten im Orchester, es offenbarte aber auch etwas schärferen Beckenklang. Im Bass gab es sich dezent konturierter; dafür verlieh das Valencia Männerstimmen mehr Autorität und malte etwas wärmere Farben.

Im Vergleich zum stereoplay Highlight Lyra Dorian zeigte das Red etwas mehr Fülle in den tiefen Lagen, dafür präsentierte das Dorian feine Betonungen wie auf dem Serviertablett und spielte noch etwas packendender. So schnalzten Gitarrenseiten mit dem Dorian dynamischer, während sich das Red etwas zarter im Hochton gab, aber auch ein wenig mehr Kühle vermittelte. Somit erreichte der Neuling aber ein beachtenswertes Patt und ebenfalls 53 Klangpunkte.

Der größere Bruder Blue gab sich damit aber nicht zufrieden, wie er mit einer größeren Bühne und deutlich mehr Details sogleich zeigte. Somit trat der bewährte Klassiker Ortofon Jubilee zum Vergleich an, was aber das Blue wenig beeindruckte. Zwar konnte das Jubilee eine ähnlich weite sowie tiefe Bühne zeigen, auf der es Orchesterinstrumente scharf umrissen platzierte, doch färbte es diese mit einer etwas kühlen Note ein, während das Blue die Unterschiede zwischen ähnlichen Instrumenten wie etwa Oboe und Klarinette noch deutlicher herausarbeitete. Die etwas freiere Stimmwiedergabe des Jubilee konterte das Blue mit einem satteren Auftritt im Bass, wodurch etwa der Eindruck entstand, dass die Basstrommeln kraftvoller getreten würden. Das Ergebnis: Gleichstand und 55 Punkte für das Ortofon Blue.

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1) Nadelreinigungsflüssigkeit
© Archiv

Dass es aber noch ein wenig besser geht, zeigte das Kuzma KC 2. Ohne Details vermissen zu lassen, konnte es ein noch zusammenhängenderes Klangbild und ein stimmigeres Zusammenspiel der Musiker vermitteln. Wer aber vermutete, dass dies den Aufnahmeraum begrenzt, sah sich angesichts des überzeugenden Panoramas, welches das Kuzma auffächerte, schnell vom Gegenteil überzeugt. Es bot zwar nicht ganz den satten Bass des Blue, dafür war der des KC 2 konturierter und wirkte sogar etwas tiefer. Zudem swingten Bassläufe mehr, während das Blue sie weniger betonte. Dadurch ließ sich die Melodie dann nicht ganz so gut erkennen.

Auf der anderen Seite des Spektrums agierte das Kuzma sogar etwas filigraner, trotzdem zurückhaltender. So verlieh es Streichern einen angenehmen Schmelz, wobei die Ortung der Instrumente ausgesprochen leicht fiel. Somit holte sich das KC 2 noch einen Punkt mehr ab und stieß als erster Tonabnehmer dieser Preisklasse in die Absolute Spitzenklasse vor.

Als das Benz Wood S L montiert war, konnte es den Platten sogar noch mehr Details entlocken als selbst das mitteilungsfreudige Kuzma KC 2. So zauberte es feinste Betonungen aus der Rille und gefiel mit ausgesprochen natürlichen Klangfarben. Auch verbreitete es eine geradezu zauberhafte Aura, die aber nicht aufgesetzt oder gar unnatürlich wirkte.

Davon waren die Tester so eingenommen, dass sie mit dem Ortofon Windfeld (6/09) ein veritables Schwergewicht zum Vergleich heranzogen. Und hier gab das Wood S L nicht klein bei. Ganz im Gegenteil: Atemberaubend stellte es etwa Will Oldhams "Joy And Jubilee" (Bonnie ,Prince' Billy, "Master And Everyone", Domino Records) in den Raum. Das Benz Wood betonte den holzigen Korpus der Gitarre noch mehr, offenbarte noch feinere Details und verlieh der Stimme mehr Authentizität. Dem konnte das Windfeld eine etwas weitere Bühne und minmal mehr Glanz im Hochton entgegensetzen. Das Wood S L zog aber locker gleich und sammelte beeindruckende 57 Punkte ein.

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2) Schallplattenwaschmaschine Okki Nokki (400 Euro)
© Archiv

Begrüßten die Tester die Qualitäten des Benz Wood S L schon recht euphorisch, so herrschte fast Sprachlosigkeit, als das Lyra Delos ins Rennen kam. Es konnte die Stärken des Wood S L ebenso vermitteln, trumpfte aber mit einer noch packenderen Spielweise und noch muskulöserem, besser durchgezeichnetem Bass auf. Auch die sehr körperhaften Mitten schenkten dem Delos eine durchschlagende Musikalität.

Ein gutes Beispiel dafür war Johnny Cashs Depeche-Mode-Cover "Personal Jesus" (American IV: "The Man Comes Around"). Das Delos gab der Stimme des Altmeisters die Prise Zornigkeit und Souveränität, die für Gänsehaut sorgte.

Aber auch feine Virtuosität hatte das Delos im Repertoire. Bei Beethovens Streichquartetten (Quatuor Bulgare / Harmonia Mundi) hatte selbst der teurere Bruder Lyra Skala (stereoplay Highlight, Test in 6/07) große Mühe, sich nicht vom Newcomer überholen zu lassen. Und obwohl das Skala noch schärfere Umrisse von Einzelinstrumenten bot, auch um diese mehr Luft schaffte, bevorzugten einige Tester die stimmigere, etwas packendere Wiedergabe des Delos. Da es sogar dezent weniger Rillengeräusche produziert, ist klar, dass hier ein neuer Stern am analogen Himmel strahlt. In diesem starken Testfeld trägt das Delos den Sieg davon.

Fazit

Offensichtlich hat sich in der Preisklasse um 1200 Euro viel getan. Denn fast alle Tonabnehmer dieses Tests besitzen Tugenden, für die man vor nicht allzu langer Zeit deutlich mehr hätten zahlen müssen. So freuen sich Vinyl-Freunde über das sehr stimmige //707643:Kuzma KC 2 , das Benz Micro Wood S L , welches eine zauberhafte Aura verbreiten kann, und über das Lyra Delos , das dynamisch-musikalische Feuerwerke abbrennt. Sie alle erreichten die Absolute Spitzenklasse. Mit dem Titel "Spitzenklasse" müssen sich //707648:Ortofon Cadenza Red und //707651:Ortofon Cadenza Blue zufrieden geben.

Wie gut diese neuen Abtaster sind, zeigte der Testsieger von Lyra exemplarisch - er überflügelte seinen älteren und teureren Bruder Skala in Sachen Musikalität sogar. Somit gibt es für Analog-Freunde heuer viel Grund zum Jubeln. Entdecken Sie mit diesen Tonabnehmern viele schöne neue schwarze Scheiben.

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3) Schallplattenwaschmaschine Loricraft PRC 4 Deluxe (2900 Euro)
© Archiv

Zubehör

Auch wenn es erfreulicherweise bei Tonabnehmern Fortschritte zu bestaunen gibt, muss man den Zustand von Nadel und Schallplatte im Auge behalten. Denn eine verdreckte Nadel führt nicht nur zu schlechterem Klang, sondern kann beim Abspielvorgang auch Schallplatten beschädigen. Da hilft es, vor dem Betrieb die Nadel mit einem Bürstchen (die sinnvollerweise allen Systemen beilagen) zu reinigen.

(1) Nadelreinigungsflüssigkeiten (etwa reson SC 1 und Lyra SPT für 8 respektive 53,50 Euro) helfen auch, sind aber mit Umsicht zu verwenden. Sie können die Dämpfungsgummis verändern; deshalb sollte man darauf achten, wirklich nur die Nadel zu bestreichen. Saubere Schallplatten schonen ebenfalls die Nadel, verlängern so deren Lebenszeit und klingen zudem besser.

Da empfehlen sich Schallplattenwaschmaschinen (2). Als günstige Variante ist die Okki Nokki (400 Euro) ein heißer Tipp. Sie wurde kürzlich überarbeitet, bekam einen stärkeren Motor und ein Gehäuse mit Kunststoff-Aluminium-Wänden. Dadurch ist sie nicht nur hübscher, sondern auch dichter, was die Saugleistung deutlich erhöhte.

Die beste Waschleistung bieten aber die teureren Loricraft-Modelle (3). Sie besitzen Kompressoren, die den Absaugvorgang in Flüsterlautstärke und trotzdem sehr effektiv erledigen. Weil zudem mittels eines Absaugarms punktuell die Waschflüssigkeit entfernt wird, ist die Wäsche praktisch rückstandsfrei. Die Modellreihe reicht von der RC 3 für 2000 Euro bis zur PRC 4 Deluxe für 2900 Euro (Bild) mit noch stärkerem Kompressor, furniertem Gehäuse, Haube sowie extrem leisem Betriebsgeräusch dank intensiver Resonanz- und Schallbedämpfung.

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