Vergleichstest
Fünf High-End-Boxen mit Transmissionline im Test
Gegen die Übermacht der Bassreflexboxen führten andere Gehäuseprinzipien lange ein Schattendasein. Jetzt bahnt sich eine Renaissance der Transmissionline an: Namhafte Hersteller bauen sie (wieder) in ihre High-End-Boxen ein. Ist das Prinzip des langen Labyrinths für den Tiefton tatsächlich überlegen?
Transmissionline-Boxen im Test
- PMC twenty.22 (2.300 Euro)
- Rega RS7 (2.600 Euro)
- T&A Criterion TCD 210 S (5.500 Euro)
- Newtronics Temperance 2020 (6.800 Euro)
- McIntosh XR100 (10.900 Euro)
Verschafft man sich einen Überblick im Irrgarten des heutigen Boxenmarkts, fällt die Dominanz der Bassreflexboxen auf: Gefühlte 90 Prozent aller Lautsprecher am Markt nutzen dieses Prinzip. Dabei melden einige Entwickler und Selbstbauer Bedenken an wegen der einfachsten Art, den rückwärtigen Schall des Basschassis in nutzbare Schallenergie zu verwandeln: Beim Bassreflex wirkt stets ein eigenständiger Resonator , nämlich die Luft im Reflexrohr (alternativ eine Passivmembran), die durch eine Federwirkung - die Luft im Gehäuse - angetrieben wird. Das verträgt sich schon vom theoretischen Ansatz her nicht mit einer möglichst impulsgenauen Wiedergabe, denn ein Resonator benötigt per Definition eine Einschwingzeit, die sich als Gruppenlaufzeit- Verzerrung - sprich: Verzögerung der Bässe - in den Messungen bemerkbar macht. Der Selbstschwinger schweigt zudem nicht abrupt, wenn das Musiksignal aufhört, sondern resoniert, um einige Schwingungsperioden verlängert, nach.
Doch auch das geschlossene Gehäuse als stärkster Konkurrent weist Nachteile auf: Es wird ein Mehrfaches an Membranfläche, Hub und Leistung benötigt, um auf identische Pegel und Impulsspitzen-Verarbeitung im Tiefstbass zu kommen, und gerade kleine geschlossene Lautsprecher werden von vielen Hörern im Tiefbass als zu schlank, trocken und überdämpft empfunden.
Transmissionline-Boxen
Die Transmissionlines werden von ihren Förderern als idealer Kompromiss zwischen präziser Impulsverarbeitung und guter Dynamik gepriesen. Die Theorie der Transmissionline wurde 1965 von A. R. Bailey an der Bradford University begründet, also noch im ausklingenden Zeitalter der geschlossenen Gehäuse und offenen Schallwände. In seinem Gedankenpapier betonte er, dass es sich um ein "Non-Resonant Enclosure Design" handelt, im Gegensatz zum ebenfalls gerade aufkommenden Bassreflex. 1972 legte er eine Untersuchung zur praktischen Umsetzung des "Orgelpfeifenprinzips" bei Bassgehäusen nach, und etliche Selbstbauer folgten ihm mit legendären Konstrukten.
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Besonders beliebt waren Lines mit dem ovalen KEF-Bass B139. Zu den frühen Fertigboxen-Konstruktionen dieser Zeit zählte etwa eine Cambridge R50. Doch erst in den 1980er Jahren wurden die ersten TMLs zum echten Verkaufsschlager, namentlich die riesige erste Version der Quadral Titan und einige Serien von T+A wie die Criterion TMR 150.
So legendär sie unter Fans waren, als so problematisch erwies sich im Laufe der Jahrzehnte eine andere Eigenschaft der klassischen TMLs: Sie nutzten meist riesige Basschassis und waren dementsprechend breit, schwer und groß. Das gilt für die Lines des Jahres 2013 nicht mehr: Dank moderner Chassis-Technik sind diese nicht breiter als andere Boxen.
Technik: Bassprinzipien
Äußerlich unterscheiden sich Reflex und TML kaum: Beide leiten den rückwärtigen Schall des Chassis nach außen und machen ihn nutzbar. Und doch sind beide Prinzipien grundverschieden. Denn beim Bassreflex wird die schmalbandige Resonatorwirkung genutzt, während bei der Line Resonanzen unerwünscht sind. Da Lines aber nach außen nicht bandbegrenzt abstrahlen, schleichen sich in der Praxis oft unerwünschte Resonanzen ein. Hersteller setzen deshalb oft auf eine genaue Bedämpfung und platzieren das Chassis nicht am Anfang der Line, sondern auf ein Drittel, ein Viertel oder ein Fünftel der Länge, um Oberwellen der Resonanz nicht anzuregen.
Transmissionlines aus der Sicht des Messlabors
Eine einheitliche Theorie und damit eine Lehrbuchabstimmung - vergleichbar den Thiele/Small-Parametern bei geschlossenem Gehäuse und Bassreflex - gibt es bei Transmissionlines nicht. Im Messlabor gibt sich die Line oft durch eine Welligkeit in der Bass-Impedanz zu erkennen und auffallend geringe elektrische Phasendrehung. Das bedeutet, dass wenig Filter- und Resonatorwirkungen von ihr ausgehen, sondern sie gleichbleibend effektiv elektrische Leistung in Schallleistung umsetzt. In den Nahfeldmessungen an der Öffnung zeigt sich die typische Breitbandigkeit einer TML bei T+A und Rega, während die McIntosh mit starken Phasendrehungen eher einem Bassreflexkonzept zuzuordnen ist.
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