Testbericht
Vollverstärker Croft Integrated R im Test
Ein Knopf weniger bedeutet beim neuen Croft Integrated R-Vollverstärker (2100 Euro) deutlich mehr Komfort - man darf jetzt mit einer Hand laut und leise drehen. Für Warmduscher ist der Hybrid-Amp aber dennoch völlig ungeeignet: Für vollen Genuss muss man ihn erst bändigen.
- Vollverstärker Croft Integrated R im Test
- Datenblatt
Wenn man einem Croft-Verstärker unter den Deckel schaut und die wie organisch gewachsen wirkenden, technisch hochinteressanten Schaltungen sieht, will man ihn behalten - oft noch, bevor man den ersten Ton gehört hat. Das ging nicht nur dem Autor dieses Artikels so. Auch Photograph Herbert Härle, der schon zahllose High-End-Schätze aus aller Welt vor der Linse hatte, mochte sich ausgerechnet von dem frugalen, in schwarzen Kräusellack gehüllten Kästchen kaum mehr trennen.
Dass Glenn Croft seine Verstärker noch von Hand lötet, erkennt man auf Anhieb am filigran-erlesenen Innenleben - nicht aber am Preis, der für einen Vor- oder Endverstärker deutlich unter 1000 Euro liegen kann. Der Meister verzichtet auf Mode-Features und Protz-Fronten und steckt seine jahrzehntelange Erfahrung bewusst in eher erschwingliche Geräte - jedes einzelne ein englisches Original und ein wohltuender Gegenpol zur globalisiert-zynischen Geldlogik des Massenmarkts.
Es wäre folglich völlig deplaziert, am neuen Croft Integrated R das Fehlen einer Fernbedienung zu beanstanden. Schließlich erfolgt der manuelle Dreh mittlerweile immerhin einhändig - frühere Modelle versuchten noch, mit einer kanalgetrennten Zweiknopf-Lautstärkeregelung neben dem Pegel gleich noch die Nachfrage zu dämpfen.
Links neben dem Volume-Knauf sitzt ein wunderbar satt rastender Eingangswähler, der vier Hochpegel-Inputs verwaltet. Dass einer davon "Phono" heißt, verrät nicht die Anwesenheit eines Phonoeingangs, sondern nur, dass Pragmatiker Croft die Frontplatte auch für den kleinen Bruder des Integrated R verwendet. Der kommt für erstaunliche 1250 Euro tatsächlich mit röhrenbestücktem MM-Eingang.
Überhaupt ist es nicht auf Anhieb ersichtlich, warum man statt des normalen Integrated das fast doppelt so teure R-Modell nehmen soll. Die beiden sind nicht nur äußerlich identisch, sondern werden auch erkennbar mit gleichviel Liebe und Sorgfalt aufgebaut. Croft zelebriert dabei die alte, hohe Schule der Direktverdrahtung: Die Bauteile fassen sich ohne Platine an den Anschluss-Ärmchen und vernetzen sich in drei Dimensionen zu kunstvollen Strukturen.
Der R verwendet eine deutlich komplexere Röhren-Eingangsstufe aus zwei ECC83-Doppeltrioden, deren Arbeits-Hochspannung zudem durch eine weitere Röhre - eine 85A2 aus den 50er Jahren - stabilisiert wird. Auch die letzte, aus zwei MOSFET-Pärchen BUZ900/905 bestehende Verstärkungs-Instanz ist beim R wuchtiger dimensioniert, bietet aber dieselbe berückende Schlichtheit: Aus noch weniger Bauteilen lässt sich keine funktionierende Endstufe bauen.
Da Croft seine Verstärker prinzipiell ohne Über-Alles-Gegenkopplung konzipiert, besitzen sie einen relativ hohen Ausgangswiderstand und damit eine stärkere Sensibilität gegenüber frequenzabhängig schwankender Lautsprecherimpedanz. Dies war auch der Grund, den Integrated R zu testen und nicht dessen kleinen Bruder: Der R hat, auch dank seines fast doppelt so großen Netzteils, mehr Reserven und zeigte sich hinsichtlich des Lautsprechers nicht ganz so wählerisch.
Ein Anfänger-Amp ist freilich auch der Integrated R nicht. Er verhält sich trotz Hybrid-Bauweise ähnlich anspruchsvoll wie ein reiner Röhren-Amp - eine echte Herausforderung also für die AUDIO-Tester, die wieder konkrete, klanglich harmonische und auch preislich realistische Anlagen-Empfehlungen suchten.
Wofür der ganze Stress?
Dass er das stundenlange Boxenschleppen letztlich belohnen würde, ließ der Croft schon an der AUDIO-Referenz KEF Referenz 207/2 durchblicken. Obwohl diese Box weder preislich noch elektrisch im Entferntesten zu ihm passt, entwickelte der englische Verstärker enorme Ausdruckskraft, ließ Noten blitzblank wie Quecksilbertropfen in den Hörraum perlen.
Nun galt es, wirkungsgradstarke und eher hochohmige Boxen zu finden, da der Klirr andernfalls zu schnell überhand nehmen, die tonale Balance zu sehr ins Helle, Überpräsente kippen konnte. Die Klipsch RF-62MkII (1100 Euro) erfüllte mit immensem Wirkungsgrad bei eher niedriger, welliger Impedanz zwar nur eine Hälfte der Gleichung, funktionierte aber schon hervorragend: So plastisch und lebendig-atmend treten die Musiker mit Amps dieser Preisklasse sonst eher selten vor die Lautsprecher-Grundlinie.
Auch die Fülle an Klangfarben, die der englische Manufaktur-Amp der US-Großserienbox entlockte, sprach für das ungleiche Paar. Allerdings wirkte die sonst knackige Box am Croft im oberen Bass etwas lasch - ob und wie sehr das die ansonsten gute Harmonie stört, ist stark von der Raumakustik abhängig.
500 Euro teurer, aber am Integrated R nochmals wesentlich ausgewogener, erhielt Dutzende von Versuchen später die KEF Q900 noch mehr Beifall. Die mächtige, im Bass eher kräftig abgestimmte Standbox entwickelte an dem englischen Minimalisten eine überraschende Lebendigkeit; die ohnehin exzellenten Abbildungsfähigkeiten ihrer Koax-Mittelhochtöner schienen sich vor allem in der Tiefenachse des Raums nochmal beträchtlich auszudehnen. Wobei es nicht Showeffekte waren, die diese Kette besonders auszeichneten, sondern gerade deren Abwesenheit: Man muss sich die Reize des Croft-Klangs erst einmal erarbeiten - danach klingt anderes HiFi meist etwas fad.
Fazit
Ein lebendiger, sauberer Grund- und Mitteltonbereich ist die wichtigste Eigenschaft, die eine Quelle für die Croft-KEF-Kombi mitbringen muss. Der Purist lässt Digitales links liegen und komplettiert die Kette mit einem Plattenspieler (sehr schön passt der MMF 7.1 von Music Hall) und der 650 Euro kostenden Phono-Vorstufe von Croft. Wenn schon digital, würde ich einen Röhren-Player nehmen, etwa den Lyric CD-100 .
Croft Integrated R
Croft Integrated R | |
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Hersteller | Croft |
Preis | 2100.00 € |
Wertung | 100.0 Punkte |
Testverfahren | 1.0 |
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