Röhren-Vollverstärker

Tsakiridis Devices Aeolos Plus im Test

20.11.2013 von Johannes Maier

Die Brüder Tsakiridis wollen uns zeigen, wie man fantastische Röhrenapparate zum Freundschaftspreis herstellen kann. Wir haben den Röhren-Vollverstärker Aeolos getestet.

ca. 3:55 Min
Testbericht
VG Wort Pixel
tsakiridis röhrenverstärker amp
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© Tsakiridis

Pro

  • für die Preisklasse kräftiger, stabiler Klang
  • herausragend saubere, großperspektivische Raumabbildung

Contra

Fazit

Zugegeben, der Aeolos ergeht sich etwa bei dem schlichten Netzschalter nicht gerade in Prunk. Im übrigen bietet Tsakiridis mit dem weitgehend prächtigen und kräftigen Röhrenverstärker aber erstmals eine vollwertige Alternative zu den Sonderangeboten aus Fernost.


Der eine hält Vorlesungen an der Uni, der andere arbeitete als Funkspezialist fürs griechische Militär: Den Brüdern Dr. Odysseas und Costas Tsakiridis wirft sicherlich niemand Unkenntnis vor. Bei ihrem Röhren-Vollverstärker Aeolos haben die beiden Genies, die zunächst für sich selbst, dann für den Freundeskreis und ab 1989 für alle Welt Verstärker bauten, zumindest in einem Punkt offenbar nichts gedacht.

Warum bitteschön muss der Röhrenkäfig - supersolide, aus dickem Stahlblech und mit einem schönen Wellensymbol perforiert -  nicht nur die heißen, wirklich nicht zu berührenden Glaskolben, sondern auch die beiden harmlosen Zeigerinstrumente bedecken? Da ihre Drehspulen die Ruhe-, beziehungsweise Musik-Strominformationen an Kathodenwiderständen, also bei geringer Spannung abgreifen, droht von ihnen nie und nimmer Gefahr.

Tsakiridis Aeolos: Zum Freundschaftspreis

Was soll's ? Bei näherem Interesse für den Aeolos löst sich der Ärger schnell in Wohlgefallen auf. 20 Kilo Lebendgewicht, schwere Trafos auf einem Panzerchassis und vier dickleibige Endröhren des Typs 6550 in der Ausgangsstufe - der Kenner taxiert den Aeolos bei rund 3.000 Euro.

Beim Blick auf das Preisschild stößt er aber ein zunächst ungläubiges und dann fröhliches Heureka aus: Für 1.740 Euro gibt es an dem Aeolos nicht das geringste herumzumeckern - auch wenn die relativ schlichten Lautsprecherbuchsen ausnahmsweise mal nicht von WBT oder einem Nachahmer stammen.

Tsakiridis Aeolos
Nach dem Abnehmen der Rückhaube kommen ein urpotenter Netztrafo und gewaltige Ausgangsübertrager zum Vorschein.
© Tsakiridis

Tsakiridis Aeolos: Aufbau

Ansonsten alles richtig, räumt der HiFi-Freak ein, wenn er die einzeln mit der Rück-Stahlwand verschraubten und separat geerdeten Cinchbuchsen genießt. Dahinter stellt eines von vier Goldkontakt-Kapselrelais die avisierte Hochpegelquelle zu bunten, dicken, offensichtlich verlustarmen Koaxkabeln und zum frontseitigen Alps-Motorpotentiometer durch. Mit höchster Wahrscheinlichkeit brennt auf diesen Wegen sowieso nichts an, weil sich die Ansteuerung der folgenden Eingangstrioden praktisch in aller Regel stromlos vollzieht.

Kaufberatung: Drei Röhren-Vollverstärker im Test

Das gilt auch für den Aeolos, auch wenn Tsakiridis die zwei Triodensysteme einer ECC 83 parallel geschaltet hat. Das Tandem treibt aber nun die mit jeweils einer weiteren Doppeltriode ECC 82 bestückten Phasensplitterstufe umso zielführender an. Diese zwingt dann wiederum die 6550-Gegentaktpärchen einer Kanalseite umso getreulicher zur Arbeit. Erlaubt es der Aeolos - via Trimmpotentiomter und Zeigerinstrument - gern mal einen leicht höheren (mehr Richtung Class A) oder einen geringeren Ruhestrom auszuprobieren (klingt heller, spart Energie), gibt Tsakiridis dem Besitzer noch weitere Tuning- Optionen in die Hand: Über Kippschalter lässt sich die Gegenkopplungs- Korrekturschleife lockern oder fester anziehen.

Außerdem dürfen die 6550-Schirmgitter (die den Elektronenfluß beschleunigen und die Steilheit der Röhren erhöhen) wahlweise mit einem Übertrager-Anzapf oder mit der Anode verbinden werden. Summa summarum steht also gleich mehrere Kombinationen zur Verfügung, von denen der Hörer für seine Boxen und für seine Lieblingsmusik die am günstigsten klingende raussuchen kann.

Tsakiridis Aeolos
Ganz rechts sind die Gehäuse der Drehspul-Instrumente zu erkennen. Die kleine Platine trägt das Alps-Potentiometer. Das Gewicht wird vom Netztrafo links dominiert.
© Tsakiridis

Hörtest

Angesichts des Netztrafos und der kanalgetrennten Stromspeicherung mit sechs großen, 105-Grad-festen, von Hochfrequenz-Folienkondensatoren begleiteten Nippon-Chemicon-Elkos, kann kein Zeifel bestehen, dass der Aeolos unter anderem auch gehobene Pegelwünsche erfüllt. Und mehr als das! Bei der ersten Standortbestimmung legte er sich prompt erfolgreich mit der im September-Audio hochgelobten Röhre von T.A.C. T-22 an (100 Punkte, 1.400 Euro). Begeisterte dieser nach wie vor mit Transparenz und breiten Bühnen, öffnete der tüchtige Grieche die Panoramen abermals weiter. Die Instrumente nahmen noch klarere Umrisse, noch mehr Dynamik und Eigenständigkeit an.

An dem wesentlich teureren Bodensee-Gewächs 4545 L GS-autobias von Lua (3.000 Euro) arbeitete sich der Aeolos aber ab. Bei den Bässen blieb er eine Spur schlanker, Höhen strahlten nicht ganz so rotbackig- bunt und feierlich. Doch auch wenne er etwas schlichter spielte, lud der Aeolos kaum minder zu endlosen Hörsessions ein. In fetzig-kernigen Jazz, etwa von der Gruppe Afro Jazz Beat um Eric Legnini ("The Vox") lag dem Hellenen ganz besonders.

Dort wo bei vielen Röhrenverstärkern der Preisklasse schon die Arme und Beine des Drummers erlahmen und komplexe Rhythmen verschwimmen, holten sie via Aeolos zu absolut treffsicheren Kanonaden und zu wahrlich mannhaft-muskulösen Fußtrommel-Kicks aus. Prallbunt und in keinster Weise verschmierend reihte er Fender-E-Piano-Läufe - wahrlich mit den Stimmungen schnalzend - wie leckere Klang-Bonbons auf. Und als sich dann zudem noch die Männer an Kontrabass und Konzertflügel in die Saiten und Tasten legten, erntete der Aeolos allergrößten Zuspruch. Weil es bei der Vielfalt seine Nüchternheit brauchte - zusätzliche Glanzpunkte und Sahnehäubchen hätten hier zu heillosem Durcheinander geführt.

Also Hut ab vor dem aufrichtigen Aeolos und seiner geradlinigen Philosophie: Wer sich die Musik abendländisch-direkt ohne ohne viel Schmus erschließen will, wird von ihm allerbestens bedient! 

 

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