Testbericht

Vollverstärker Naim Nait 5i-2

22.9.2011 von Stefan Schickedanz

In direkter Nachbarschaft zu den Felsenmonumenten von Stonehenge baut die englische Firma Naim ihre Komponenten. Nun geht der so erhabene wie standfeste Verstärker Nait in seine achte Baureihe. Er hört auf den Namen Nait 5i-2, kostet 1000 Euro und steht für die Evolution eines HiFi-Kultobjekts.

ca. 3:55 Min
Testbericht
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  1. Vollverstärker Naim Nait 5i-2
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Naim Nait 5i-2
Naim Nait 5i-2
© Julian Bauer

Während in einigen Bereichen die Preise von Naim-Komponenten zulegten wie die Aktien deutscher Unternehmen nach der Wirtschaftskrise, blieb der kleinste Vollverstärker der britischen Nobelschmiede auch in der achten Generation ein soziales Angebot.

Nicht zuletzt dank Subventionen vom deutschen Vertrieb verharrt der Sozial-Nait hartnäckig unter der 1000-Euro-Grenze. Als der Liebling anglo- und audiophiler Arbeiter 1983 debütierte, kostete er bereits rund 1300 D-Mark. Dafür sah er mit seinem kleinen, schlichten schwarzen Mattlackgehäuse und einfachen Plastikknöpfen von außen ein wenig wie selbstgebaut aus.


Naim Nait 5i-2
Auch wenn der Nait 5i-2 explosive Attacke bietet, bezieht sich der Vergleich auf eine Kapsel zur Rettung verschütteter Grubenarbeiter. Eine Anspielung auf den AUDIO-Test des Amps in den 80ern. Heute hat er immerhin Cinch-Anschlüsse und Fernbedienung. Und nie konnte er so kraftvoll zubeißen.
© Archiv

Das änderte sich mit der zweiten Generation, deren U-förmig gebogenes Chassis ebenfalls von einem einteiligen Aluminium-Mantel umfasst wurde. Die olivgrüne Frontplatte wirkte extrem kultig, weshalb der Autor dieser Zeilen auch noch zahlreiche Naim-Geräte aus dieser Zeit sein Eigen nennt.

Bei der wachsenden Zahl der Naim-Jünger hatte sich derweil auch herumgesprochen, dass sich die leichten Kunststoffknöpfe für Lautstärke und Quellenwahl mit ihrem Gummiring nicht nur gut anfühlten. Sie machten auch technisch Sinn: Sie übertrugen weniger Vibrationen und Einstrahlungen auf die Elektronik im Inneren.

Naim Nait 5i-2
Heute muss jeder, der bei Naim anfängt, einen Nait montieren. Als CEO Paul Stephenson vor 30 Jahren begann, musste er eine komplizierte Endstufe bauen, denn der kleine Vollverstärker debütierte erst 1983. Seit dem gab es acht Generationen. Die neueste ist spartanisch, aber stark wie nie zuvor.
© Julian Bauer

Jeder Naim-Beschäftigte musste damals wie heute zu Anfang seiner Laufbahn einen Nait zusammenbauen. Der kleine Vollverstärker galt nicht nur als Nagelprobe für die Fertigung von komplexen Vor- oder Endstufen, sondern als Prüfstein fürs Management. Paul Stephenson hätte zu gerne auch einen gebaut.

Als er vor exakt 30 Jahren als Vertriebsleiter zu der damals fünfköpfigen Firma Naim stieß, gab es aber keinen Amp unter der Endstufe NAP 250. Der Jubilar jubelt nicht gerade über diese Erfahrung: "Alle, die später anfingen, können froh sein, dass es ab '83 den Nait gab." Einen Nait der neuesten Generation hätte er recht fix fertiggebaut.

Obgleich die aktuelle Version klanglich in einer anderen Liga spielt, herrscht im Inneren des inzwischen auf die doppelte Breite angewachsenen Gehäuses gähnende Leere. Fast wie in einem deutschen Kohlestollen nach der Energiewende - gemäß der Sprachtradition unserer Vorgänger.

Sozialer Kahlschlag

Doch dabei handelt es sich nicht um einen Kahlschlag, der Bonzen Geld in die Tasche spülen soll, sondern um einen bilateralen Sozial-Ausgleich: Ausstattung, Eingänge oder Upgrading-Optionen durch externe Netzteile wurden in den i-Versionen zum Wohle des Klangs geopfert, dafür aber der Preis gesenkt. Im Zuge des Umbaus erhielt der Purist ein größeres Netzteil und leistungsfähigere Ausgangsstufen.

In Verbindung mit dem Tarif-Verzicht beim deutschen Importeur machte das den Nait, der inzwischen mehr Cinch- als DIN-Eingänge besitzt, zu einem beinahe konkurrenzlosen Angebot - es sei denn, der Besitzer steht auf Phono. Eine entsprechende Platine lässt sich in dem feinen, kleinen Vollverstärker nicht einmal gegen Aufpreis nachrüsten. Vinyl-Junkies hilft daher nur der Griff zu einem externen Phono-Vorverstärker, was gerade im Sortiment des britischen Herstellers ganz schön ins Geld geht.

Naim Nait 5i-2
DIE ANLAGE: Die britische Epos Epic 5 (1100 Euro) spielt mit dem Nait wie aus einem Guss und weckt mit ihrer direkten, zupackenden Art Erinnerungen an die unvergessliche SBL. Das Timig und der Spielfluss sind atemberaubend, kurzum: ein Rhythmus, wo man mit muss. Der Naim CD 5i-2 für 1200 Euro passt nicht nur optisch perfekt. Er kann auch mit dem Nait den Trumpf der klanglich überlegenen DIN-Verbindung ausspielen.
© Julian Bauer / Archiv

Sicher, es ließe sich jetzt noch vortrefflich über die Platine mit den breiten, organischen Leiterbahnen reflektieren. Oder über die Relais zur Eingangsumschaltung und die von bremsenden Tantal-Kondensatoren befreite Gegentakt-Endstufe. Mal ehrlich: Das tangiert einen nur höchst peripher, wenn man erst vom Nait befallen ist. Wer ohne dreistes Kopieren des Konstruktionsplans in der Lage wäre, aus den paar Bauteilen und einem Ringkerntrafo den geradezu hinreißenden Klang des kleinen Engländers abzuleiten - sie oder er hätte einen Doktor-Titel dafür verdient.

Naim Nait 5i-2
Geringe, sehr gleichmäßig steigende Klirrkomponenten mit tadellosem Lastwechselverhalten
© AUDIO

Wir stellten uns dann mal ganz dumm und fragten uns, welche Boxen man am besten mit dieser kompakten Dampfmaschine antreiben kann. Klar, den Taunussound gibt es nicht mehr, Paul Stephenson fährt längst ein deutsches Auto und Bentley gehört zu Volkswagen.

Dennoch entschieden wir uns aus Traditionsverbundenheit, den Nait mit einer britischen Box zu verkuppeln. Prompt schienen die klassisch anmutende Zweiwege-Bassreflexbox Compact 7ES-3 von Harbeth und der Naim Gefallen aneinander zu finden. Männer- und Frauenstimmen verbreiteten Flair und Farbenpracht. Das bekam Jazz und Klassik sehr gut.

Naim Nait 5i-2
Der Stabilitätswürfel ist niedrig, aber relativ beständig mit einem leichten Abfall zu niedrigen Impedanzen hin. Das spricht für niedrigen Dämpfungsfaktor, aber auch geringe Empfindlichkeit gegen Phasendrehungen. Der Nait 5i-2 leistet 2 x 58 Watt an 8 und 2 x 89 Watt an 4 Ohm - weit mehr als bei seinen frühen Vorgängern. AK 54
© AUDIO

Die Höhen blitzten nicht gerade auf, wirkten aber keinesfalls verhangen. Nate Dogg mit "Regulate" hätte aber etwas mehr Präzision und Volumen im Bass erfordert. Eine gute Kombination, aber wir fanden eine Gefährtin, die mit dem Nait noch besser harmonierte: Die Epos Epic 5 mutierte am 5er zur Furie.

Hemmungslos wie ein britischer Prinz auf einem Kostümball legte sie los: Timing, Spielfreude, Direktheit und Explosivität erinnerten unweigerlich an die Naim SBL, die aber weit kostspieliger und divenhafter war, was Aufstellung und Verstärkerwahl betrifft. Eine solch offene, breitbandige Wiedergabe, angetrieben von einem bezahlbaren Vollverstärker und einfach Pi-mal-Daumen in den Raum gestellt: Das bekommt man wahrlich nicht alle Tage zu hören.

Wie souverän, knackig, mit luftigen Höhen und trockenen, tiefreichenden Bässen dieses dream team von der Insel dann "One Of Our Submarines" von Thomas Dolby meisterte: Das war der pure Genuss. Stellte man die Epos zur Steigerung der Klangfülle an die Wand, klang Musik so impulsiv und dreidimensional von den Boxen gelöst, als wäre man live dabei. Der beste und neutralste Nait aller Zeiten ist ein Gigant fürs Geld - sofern man ihm eine Box bietet, die nicht zu viel Strom fordert. Doch besonders mit der Epos erweist sich der flache Tablet-Amp als magisch.

Fazit

Der Nait ist mehr als ein sehr guter Verstärker. Er ist eine großzügig bepreiste Einstiegsdroge zum Naim-Universum. Doch dort hat sich eine kleine Revolution abgespielt. Wer die Grenze überschreitet, muss nicht mehr allem irdischen wie Netzwerk, Streaming oder Cinch-Steckern abschwören. Selbst der einstige Schönfärber Nait erfordert keinen Verzicht mehr auf Werte wie Power, Neutralität oder niedriges Rauschen.

Naim Audio Nait 5i (MK II)

Naim Audio Nait 5i (MK II)
Hersteller Naim Audio
Preis 1000.00 €
Wertung 95.0 Punkte
Testverfahren 1.0

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