Testbericht

Standlautsprecher Naim Ovator S 400

14.6.2011 von Wolfram Eifert

Die Ovator S 400 (4200 Euro pro Paar) von Naim ist eine kleine S 600 zum annähernd halben Preis. Der Klang bleibt gigantisch.

ca. 3:50 Min
Testbericht
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Naim Ovator S 400
Naim Ovator S 400
© Archiv

Bei der Naim Ovator S 600 , die erst seit einem guten Jahr verfügbar ist, hat die High-End-Community sehr schnell begriffen, was für eine Perle ihr da geboten wird. Das Bombenergebnis des Tests in stereoplay mag eine Rolle gespielt haben. Doch offensichtlich kann sich die S 600 auch im Handel bestens behaupten - weil sie nicht irgendwie nett und interessant klingt, sondern ganzheitlich mitreißend und hochgradig homogen.

Diese Sonderstellung verdankt die große Naim in erster Linie ihrem Balanced Mode Radiator (BMR), der Mitten und Höhen gemeinschaftlich abstrahlt und den so prominent kein anderer Hersteller einsetzt. Ansonsten kommen nur Autofahrer in den Genuss der hochauflösenden Breitbandsysteme: Bentley bestückt seine Luxuslimousinen mit BMR-Strahlern, in Kooperation mit Naim.


Naim Ovator S 400
Die oberste Position auf der Schallwand gehört dem neuen Balanced Mode Radiator (BMR). Der Durchmesser der Flachmembran beträgt 47 Millimeter (1). Das Gehäuse ist aus Gründen der Optik und Stabilität gerundet (2).
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Bereits bei der Vorstellung der S 600 hatte Naim angekündigt, dass kleinere und preiswertere Ableger folgen würden. Seit kurzem ist nun die in allen Dimensionen kompaktere Naim Ovator S 400 im Handel - und sie wird den Erfolg der größeren Schwester vermutlich noch übertreffen.

Allein die weniger raumgreifende Bauweise verstärkt gewiss den Will-ich-haben-Faktor. Den Rest übernimmt die Preisdifferenz, die überraschend deutlich ausfällt. Mit 4200 Euro kostet die kleine Schwester nur gut die Hälfte.

Bis auf Einsparungen durch kleinere Chassis und Gehäuse ist der Herstellungsaufwand vermutlich ähnlich. Einen Unterschied gibt es lediglich, was die Mechanik angeht. Bei der großen Ovator ist die Dämmröhre der BMR-Einheit in Federn beweglich gelagert. Bei der Ovator S 400 übernehmen einfache Gummielemente diese Aufgabe. Der restliche Innenaufbau (siehe Schnittzeichnung in der Bildgalerie) ist im gleichen Maße aufwendig und komplex.

Hier wie dort verhindern unterschiedliche Wandstärken ausgeprägte Eigenschwingungen. Die Entkopplung des Gehäuses vom Sockel regeln beide Modelle durch eine Blattfeder. Gezielt angebrachte Dämpfungselemente absorbieren restliche Schwingungen im Innern.Die Konstruktion des Korpus geht auf eine Optimierung des Resonanzverhaltens nach der Methode der Finiten Elemente zurück. Die Frequenzweiche ist im Sockel in einem separaten Volumen schwimmend gelagert, um Klangtrübungen durch Mikrofonie-Effekte bereits im Ansatz zu verhindern.

Naim Ovator S 400
Zwei parallel betriebene Tieftöner im klassischen 17-Zentimeter-Format verarbeiten den vollen Bassbereich und Teile der Mitten unterhalb etwa 700 Hertz. Die Bässe nutzen zur Gänze geschlossene Kammern ohne Reflexöffnungen.
© Archiv

Dass Naim die Ovator S 400 so günstig anbieten kann, liegt in erster Linie an den höheren Stückzahlen und ist marktpolitisch gewollt. Nutznießer ist der Kunde, der bei der 400er für sein Geld einen extrem hohen Gegenwert erhält. Einen, der selbst Direktvertreiber grübeln lassen dürfte.

Gehäusevolumen und Tieftöner sind bei der Naim Ovator S 400 ein gutes Stück kleiner, was sich vor allem in der unteren Grenzfrequenz (50 statt 41 Hertz) und bei der Maximallautstärke bemerkbar macht, wo die kleine Schwester etwa 5 Dezibel hinterherhängt. Die Tiefbassdifferenz lässt sich nicht wegdiskutieren. Der Pegelunterschied ist nur für die bedeutsam, die oft richtig laut hören oder sehr große Räume nutzen. Auch die kleine Ovator verarbeitet kernige Attacken subjektiv äußerst souverän und erzielt bei moderaten Hörabständen bis etwa vier Meter Lautstärken, welche die meisten Anwender als völlig ausreichend empfinden werden.

Die Naim Ovator S 400 ist wie ihre Schwester Ovator S 600 impedanzlinearisiert, was klangsensiblen, elektrisch weniger stabilen Verstärkern die Arbeit erleichtert. Während die S 600 mit Minimalwerten von 3,2 Ohm aufwartet, lässt es die 400er bei noch mal gutmütigeren 4,2 Ohm bewenden. Die Auslegung geht etwas zu Lasten des Wirkungsgrads, vergrößert aber die Zahl der möglichen Spielparter. Dauerhafte 50 Watt an 4 Ohm sind für freudvollen HiFi-Genuss die Untergrenze - mehr kann wie üblich nicht schaden.

Der für Mitten und Höhen zuständige Balanced Mode Radiator fiel diesmal deutlich zierlicher aus; seine Sicke ist wulstig und nicht flach wie bei der Ovator S 600. Unverändert genial arbeitet der Töner. Antrieb und insbesondere Membran sind so gestaltet, dass je nach Frequenz unterschiedliche Schwingungsmuster entstehen. Mittlere Frequenzen verleiten die Flachmembran zu kolbenförmigen Bewegungen, wie bei einem konventionellen Mitteltöner. Im Hochton entstehen dagegen unzählige kleinteilige Schwingungsherde in chaotischer Verteilung und ohne wechselseitigen Zeitbezug.

Die nicht korrelierte Arbeitsweise vermeidet die übliche Bündelung. Daher strahlt der BMR hohe Töne breiter und gleichmäßiger ab als ein Kolbenstrahler gleicher Größe. Der Übergang der Betriebsarten geschieht unmerklich und verlangt keine Frequenzweiche im herkömmlichen Sinn.

Der Klang der Ovator S 400 ist in hohem Maße unspektakulär - und so gesehen erst mal nicht sonderlich aufregend. Wer allerdings ein Gefühl für Natürlichkeit hat, als Musiker oder Liebhaber hochwertiger Live-musik, wird spüren, dass das Klangbild bei aller Entspanntheit enorm authentisch wirkt.

Etwas verunsichert könnten Hörer sein, die über Jahre an den Charakter konventioneller Hochtöner gewöhnt sind, die klanglich oft regelrecht hervorstechen und so eine übertriebene, im Massenmarkt dennoch stark nachgefragte Spritzigkeit vortäuschen. Tatsächlich erzeugt der BMR Hochtonanteile genau in der richtigen Dosierung. Der Frequenzgang reicht im Bereich der Hauptachse senkrecht zur Boxenfront mühelos bis an die Messgrenze um 40 Kilohertz. Doch auch mit größeren Winkeln, wo Kalottenhochtöner oft stark nachlassen, fließt beim BMR noch reichlich Energie.

Tatsächlich sind gerade hochtonsensible Platten mit der Ovator S 400 ein Hochgenuss. Schlagzeugattacken wirken temperamentvoll und glasklar, Violinen entfalten ihren natürlichen Glanz, ohne je harsch zu erscheinen.

Dass Naim auch den Spaß nicht zu kurz kommen lässt, zeigen verzwickte Bassläufe aus Tracks der weitverzweigten Clubszene. Etwa "You and I" des dänischen Produzenten Filur. So impulsiv, vielschichtig und timingsensibel klingen im Bass nur sehr wenige Boxen. Wenn doch, sind sie meist teurer als die rundum gelungene Naim Ovator S 400.

Bildergalerie

Naim Ovator S 400

Details und Interwiev

Standlautsprecher Naim Ovator S 400

Details und Interwiev zur Naim Ovator S 400

Naim Audio Ovator S 400

Naim Audio Ovator S 400
Hersteller Naim Audio
Preis 4200.00 €
Wertung 59.0 Punkte
Testverfahren 1.0

Technische Daten und Testergebnisse

Allgemeine Daten  
Breite 33,0 cm
Höhe 106,0 cm
Tiefe 34,5 cm
Gewicht: 31,0 kg
Aufstellungs-Tipp: freistehend, Hörabstand ab 2 m, normal bedämpfte räume bis 40 m²
Messwerte  
Betriebsspannung für 90 dB SPL 4,8 V
Impedanz Minimum stp 4,3 Ohm
Maximallautstärke oberer Wert 101 dB
Maximale Lautstärke unterer Wert (>45 Hz) 101 dB
Untere Grenzfrequenz (-3dB) 50 Hz
Untere Grenzfrequenz (-6 dB) 39 Hz
Bewertung  
Kurzfazit Die Ovator 400 ist bis ins Detail komplex gestaltet und kaum weniger ambitioniert bestückt als ihre größere Schwester. Das ganzheitliche Konzept der BMR bürgt für eine klassenunübliche Offenheit und Spielfreude. Ein Hochgenuss für jeden Kenner.
Klang Absolute Spitzenklasse
Natürlichkeit 12
Feinauflösung 13
Grenzdynamik 10
Bassqualität 12
Abbildung 12
Klangpunkte (max. 70 Punkte) 59
Messwerte 8
Praxis 5
Wertigkeit 9
Gesamturteil (max. 120 Punkte) sehr gut 81
Preis / Leistung überragend
getestet in Ausgabe 6 / 11

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