Schon gehört

Rolls-Royce Wraith mit Bespoke Audio System: Rock & Rolls

2.8.2013 von Stefan Schickedanz

632 PS treffen 1300 Watt. Der stärkste Rolls-Royce aller Zeiten kommt mit dem besten ab Werk bestellbaren Car Audio System, das wir je gehört haben. Wir durften das sexy Beast schon ausprobieren.

ca. 6:20 Min
Testbericht
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Singing in the rain: Der Wraith groovt.
Singing in the rain: Der Wraith groovt.
© Rolls-Royce

Mit dem über 5 Meter langen Coupe rollt der stärkste Rolls-Royce aller Zeiten auf die Straße: 632 PS garniert von 800 Newtonmetern Drehmoment, das sich bereits ab 1500 U/min abrufen lässt. Macht in der Summe 4,6 Sekunden von null auf 100. Das sind alles fraglos eindrucksvolle Werte. Doch mal ganz ehrlich: Wenn es nur um die reinen Fahrleistungen ginge, könntest du dafür genauso gut einen erschwinglichen BMW M3 für knapp 70.000 Euro nehmen.

Und wenn es nur auf Leistungswerte ankommt, könntest du stattdessen zu einem schweren Sattelschlepper greifen, um am Stammtisch obendrein mit dem Gewicht aufzutrumpfen, denn der Zweitürer wiegt gerade mal 2,3 Tonnen. Klar, für einen Sportwagen ist das eine ganze Menge Holz. Da könntest du zwei McLaren F1 oder drei Lotus Elise draus machen. Aber deinem Nachbarn mit seinem fast drei Tonnen schweren SUV bereitet das nicht einmal ein Jucken.

Leistung ist nicht alles

Ich denke, wir sind uns einig: Dem neuen Rolls-Royce kannst du beim besten Willen mit nackten Zahlen nicht gerecht werden. Dieses Prunkstück musst du live erleben. Und genau das taten wir bei Rolls-Royce in Süd-West-England nach einer ausgiebigen Werksbesichtigung. In der Versuchsabteilung wartete auf uns "The Beast", ein unbeschreiblich elegantes Coupe mit Außenlackierung in Silbergrau und Anthrazit und schwarz-rot-brauner Innenausstattung aus feinstem Leder. Die leidenschaftlich involvierten Entwickler weigern sich, einen Rolls-Royce wie gemeinhin üblich beim Nummernschild zu nennen und verwenden sogar für ihre Prototypen richtige Namen.


Stefan Schickedanz im Wraith.
In der Versuchsabteilung von Rolls-Royce in Goodwood bekam Stefan Schickedanz Gelegenheit, dem Sound-System auf den Zahn zu fühlen.
© Stefan Schickedanz

Diesmal legten sich die Briten ganz besonders ins Zeug: Die Ingenieure aus Goodwood zogen bei der Coupe-Version des Ghost alle Register, um trotz Abmessungen und Gewicht ein dynamisches Fahrerlebnis zu bieten und dabei gleichzeitig den standesgemäßen Komfort zu wahren. Dazu nutzen sie die bereits in der Basis vorhandene Luftfederung, um das Fahrzeug wie einen Pendolino-Zug durch automatische Absenkung auf der Innenseite in die Kurve zu legen. Lediglich die Landsleute von Lotus haben so etwas Mal auf der Straße versucht, um die Grenzen der Querdynamik auszuweiten.

Beim Wraith hilft es eher, den vergleichsweise hohen Schwerpunkt und das Gewicht zu kaschieren und die Seitenführungskräfte der komfortbetonten Sitze nicht zu überfordern. Schließlich kann und will die Traditionsmarke ihren Fahrern nicht zumuten, sich in einen engen Schalensitz zu zwängen. Und während sich die Piloten gewöhnlicher Sportwagen an Schaltwippen ergötzen, mit denen sie manuell in die Schaltautomatik eingreifen können - was unter uns gesagt diesseits der Rennstrecke reichlich spätpubertär anmutet - delegiert der Gentleman Driver in seinem Wraith die Suche nach der angemessenen Fahrstufe an den Satelliten.

Bildergalerie

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Erster Test

Galerie: Rolls-Royce Wraith

Britisches Motorenwerk: Über 600 PS ducken sich unter der Haube. Ladies and Gentlemen: Der stärkste Rolls aller Zeiten!

Die intelligente 8-Gang-Automatik (eine GPS-gestützte Variante des ohnehin genialen 8 HP von ZF) weiß wie ein Copilot im Rallye-Sport, was hinter der nächsten Ecke oder Kuppe lauert und kann präventiv die nötigen Maßnahmen ergreifen. "James, sie werden heute nicht mehr benötigt." Wenn der Herrenfahrer oder die Dame von Welt schon selbst ins Lenkrad greifen, sollen sie sich bloß nicht überanstrengen. Um den Verzicht auf den Butler leicht zu machen, lässt sich auch das Satnav samt Onlinediensten durch Sprachbefehle steuern.

Wer davon Gebrauch macht, versäumt allerdings was: Die britische BMW-Tochter liefert die edelste Umsetzung des inzwischen ohnehin brillanten iDrive-Konzepts, das auf Drehen, Drücken und im Wraith auch auf Touch reagiert. Da will man einfach hinlangen, denn einen vergleichbaren haptischen Reiz gab es zuletzt beim ersten iPod.

Hochtöner versteckt sich neben dem Lenkrad
Ein sportliches Lenkrad stiehlt dem Hochtöner im Hintergrund glatt die Schau - aber nur optisch.
© Stefan Schickedanz

Aber leider darf ich heute noch nicht fahren. Doch bevor ich jetzt anfange, das mögliche Erlebnis auf der Straße anhand der im Fond des Ghost gewonnen Eindrücke auf einen feschen, flachen Selbstlenker zu interpolieren, mache ich das Beste, was man im Stand machen kann: CD rein und Anlage aufdrehen! In Stuttgart mit seiner Kessellage, suboptimal entwickelten Ausfallstraßen, dauerroten Ampeln und seinen pädagogisch bemühten grünen Verkehrsexperten - jüngster Schwaben Streich: Tempo 40 bergauf auf einer der zweispurigen Hauptausfallstraßen - konnte ich mich an das Problem der Immobilität im mobilen Körper gewöhnen.

Das Audio-System ist für mich inzwischen nach der Klimaanlage das wichtigste Ausstattungsdetail in einem Automobil. Nicht zufällig hat dieser ungetarnte Erlkönig - er hört wie erwähnt auf den Namen "The Beast"  und trägt auch eine entsprechende Lasergravur in seinem schwarzen Holzornat - den Prototypen des neuen, oberhalb der an sich schon starken Serienbestückung angesiedelten Bespoke Sound Systems an Bord. Eine maßgeschneiderte Lösung, die vom Konzept auf die von BMW Individual gefertigte Steinway Edition des 7er BMW zurückgeht. Dieses System mit seinen beiden in den Karosserieboden integrierten Zentralbässen entstand in enger Zusammenarbeit zwischen BMW M und Gerald Gessner von HiFi Concept, einem angesagten Fachgeschäft in München.

David Monks vorm Wraith.
David Monks leitete bei Rolls-Ryoce die Entwicklung des formidablen Audio-Systems.
© Stefan Schickedanz

Nach dem Vorbild von Firmengründer Sir Henry Royce ("Nimm das Beste und mache es besser") starteten die Audio-Experten von Rolls-Royce unter Leitung von David Monks von dieser soliden wie edlen Basis. Jahrelang arbeiteten sie in Goodwood und Bayern, wo sich der High Ender Gerd Wolfrum (er kam wie das System von BMW M zu Rolls-Royce) gemeinsam mit LPG einbrachte, an der Realisation eines Audio-Systems, dessen Leistung man nach alter Firmentradition mit mehr als genug bezeichnen könnte. Es vertraut zudem auf die ausgeklügelte schwedische DIRAC-Software mit der sich unter anderem durch Phasen- und Frequenzgangskorrekturen die Abbildung der imaginären Hörbühne verbessern lässt.

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Außerdem verfügt es über zusätzliche Exciter für den Hochtonbereich im Dachhimmel. Damit soll passend zum Starlight Headliner (so nennen die Briten einen Sternenhimmel aus unzähligen Glasfaser-Lichtpunkten) das Gefühl endloser Räumlichkeit erzeugt werden. Durch Mikrofone im Innenraum kann das mit 16 Lautsprechern von LPG und einem 1300-Watt-DSP-Verstärker von Lear (beides "Made in Bavaria") aufgebaute Sound-System auf Fahrgeräusche - soweit überhaupt vorhanden - reagieren, um diese zu kompensieren. Kurzum, ein Prachtstück von einer Anlage, das in seiner Kategorie nach der Krone greift.

Britannia rules the Waves

Und hier gewährt man mir großzügiger Weise das, was man aristokratisch als ius primae noctis, das Recht der ersten Nacht, bezeichnet. Eine königliche Ehre oder besser gesagt ein fürstliches Vergnügen! Bereits nach wenigen Takten steht fest: Das ist ganz eindeutig das beste ab Werk erhältliche Car Audiosystem auf diesem Planeten. Britannia rules the airwaves! Es gibt Instrumente und Stimmen so wieder wie der Herr am Mischpult sie geschaffen hat - wobei es neben exotischen Membranmaterialen wie Keramik von seinen außergewöhnlich eng zusammensitzenden Mittel- und Hochtönern profitiert. So muss DIRAC nicht sämtliche Register ziehen, um den Phasengang zu optimieren. Schließlich lässt sich die Physik nie ganz überlisten.

Die Chassis des Wraith.
Für Autoverhältnisse sitzen die Mittel- und Hochtöner sehr dicht zusammen. Da sie im Durchmesser nicht so weit auseinanderliegen wie die Chassis einer HiFi-Box, passt auch die Abstrahlcharakterisitik gut zusammen.
© Stefan Schickedanz

Das Bespoke Audio System verbindet die Natürlichkeit und Detailauflösung richtig teurer Wohnzimmer-Systeme mit einer Dynamik, Attacke und Souveränität, die sich nur durch den Besuch eines Live-Konzerts toppen lässt. Apropos: Als ob mich Auto und Anlage noch nicht genug beeindruckt hätten, muss mir Mr. Monks auch noch von seinem schönsten Entwicklungs-Erlebnis erzählen. Setzt sich Superstar Brian Johnson neben ihn und legt eine CD von AC/DC ein. Is klar, ne, bei Rolls-Royce geben sich die Promis die Klinke in die Hand. Und die Leute in der Manufaktur sind eh alle locker drauf. Lassen auch einen Presseonkel wie mich unbehelligt durch die Versuchsabteilung schlendern und allein im Auto mit allen Schaltern und Knöpfen herumspielen, als würde ich dazu gehören.

Jedenfalls dauerte es nicht lange, da verfluchte der Leadsänger der Kultband ("Highway To Hell") seine 150.000 Euro teure Stereo-Anlage und begann mitzusingen - a capella mit sich selbst. Wie geil ist das denn? Nach den überwältigenden Höreindrücken glaube ich gerne, dass beides nahtlos zusammenpasste. Versuchen Sie das mal mit Ihrer eigenen Anlage. Eigentlich würde ich jetzt am liebsten "Some Guys Have All The Luck" von Robert Palmer hören, aber ich habe den Song nicht mitgenommen. Aber "Money" von Pink Floyd. Das geht in diesem Ambiente mit der Performance so unter die Haut, dass vor mir die Realität verschwimmt. Wow!

Gracenote im Rolls-Royce
Via Gracenote findet der Wraith sofort die Cover, wenn man eine neue CD einlegt. Er speichert das ganze Cover-Archiv der Internetdatenbank neben Musik auf seiner 20,5 GB großen Festplatte.
© Stefan Schickedanz

Was wie ein Drogenrausch anmutet, hat eher banale physikalische Gründe: Nicht einmal Rolls-Royce kann die Physik überlisten. Die Magier von der grünen Insel haben es zwar hingekriegt, den Motor im Leerlauf völlig geräuschlos und ohne jegliche Schwingungen im Innenraum laufen zu lassen, aber die Gluthitze von 465 Kilowatt, erzeugt durch den Hubraum von einem halben Dutzend Kleinwagen plus zwei Turboladern, lässt sich nicht einfach wegzaubern.

Sie verursacht über den endlosen Motorhaube Luftschlieren wie in der Wüste und wirkt vom Fahrersitz so, als würde man mit dem Wraith jeden Moment durch die Matrix in eine andere Dimension eintauchen. Leider nur eine Fata Morgana, die beim Blick auf die Uhr zerplatzt wie eine Seifenblase. Draußen wartet schon Tom mit dem Wagen, der uns zum Flughafen bringt. "Nur" ein Ghost, aber immerhin. Die Ansprüche wachsen eben mit der Erfahrung.

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