Testbericht
Röhrenverstärker: Ayon Triton II
Im Triton II trieb Ayon unfasslichen Aufwand: bis zu einem Extra-Trafo für die Röhren-Heizfäden. stereoplay prüft, ob sich das auch gelohnt hat.
- Röhrenverstärker: Ayon Triton II
- Datenblatt
Auch so etwas kommt vor! In der Ausgabe 5/06 hatte stereoplay eine Ayon-Röhre als Geheimtipp aus einer österreichischen Nische angepriesen. Nun tippen wir ayonaudio in die Suchmaschine ein und müssen sehen, dass es in 42 Ländern Ayon-Vertriebe gibt. Die Firma fertigt mehr und mehr zu Hause - ihre Hongkong-nahe Werkbank kümmert sich im Wesentlichen nur um Kabelbäume und Gehäuseplatten. Doch ihr Ehrgeiz kennt keine Grenzen.
Das ist unschwer zu erkennen am Triton II, den Ayon nicht etwa mit einer 08/15-, sondern mit Sonder-Röhrenbestückung offeriert. Und zwar für 6000 Euro mit insgesamt acht erzkräftigen KT 120 des russischen Herstellers Tung-Sol. Oder aber für 6300 Euro mit einem Oktett von KT 88 Black Treasure. Sie liefert zwar nicht ganz so viel Leistung.
Dafür kreiert der chinesische Hersteller Shuguang diese Röhre aus Anlass seines 50-jährigen Jubiläums - und packte weniger Masse als höchstmögliche Qualität mit ein. Dazu gehören ein vergoldetes Gitter und eine Grafit-Innenbeschichtung des Glaskolbens. Diese behindert zwar ein wenig die Wärmeabfuhr, sie bremst dafür wie eine Art Teppich Elektronen sanft ab, die sich auf dem Weg von der Glühkathode zur Anode verirrten. Und mit vermehrter Ruhe und Ordnung kehrt laut Shuguang noch mehr Kennlinientreue und Klanggüte ein.
Ayon überschlug sich geradezu, den schönen Chinesinnen mit dem Triton II ein wohl einmalig gemütliches Heim zu gestalten. Etwa mit Sockeln, die über Federn aus Berylliumkupfer ihre Anschlussbeinchen innig halten.
Wohl fühlen sich die Röhren auch, weil die Vorarbeit dank des Einsatzes dezidierter Treiberröhren - leistungslose Röhren-Ansteuerung hin oder her - auch bei einem unvorhergesehenen Elektronensturm noch akkurat gelingt. Und erst recht, wenn man - wie es Ayon tut - ursprünglich fürs Militär produzierte und gelagerte JAN-Philips-Doppeltrioden nimmt (Joint Army Navy). Sodann besitzt der Triton II wie sonst keiner einen kernigen, von einer Chromhaube geschützten Extratrafo, der nichts anderem als der heimelig-ausgeglichenen Kathodenheizung dient.
Deshalb sparte Ayon keineswegs bei dem Haupt-Netzumspanner, der rechts und links von gigantischen gekapselten Ausgangsübertragern begleitet wird. Nach der Gleichrichtung bereiten vier Elkos die Hochspannung vor (mit jeweils zwei 450-Volt-Rubycon-Typen in Serie). Pro Endstufen-Kanal glätten und säubern dann je eine Eisenkerndrossel und Elkos a 220 Mikrofarad die Versorgungspotenziale weiter. Für die Eingangskreise kommen noch mal eine Drosselspule und vier (105 Grad feste) 220er dazu.
Das sieht alles nach Gigantomanie aus und dient doch nur einem höheren Zweck. Die erhabene Sauberkeit und Stabilität erlaubte es, bei der Schaltung auf jegliche Gegenkopplungsschleifen zu verzichten - eine sonst gern eingesetzte Messwert-Kosmetik, deren akustische Wirkung Ayon-Chef Gerhard Hirt ohne Umschweife so beschreibt: "Es wird leblos, es klingt nicht mehr!"
So weit sollte es beim Ayon gar nie kommen. Daher hat Hirt die Alterung der Black Treasure und auch den eines fernen Tages fälligen Röhrentausch bedacht. Ähnlich wie beim Spirit III setzt Ayon auf eine Ruhestromelektronik, die nicht etwa klanggefährdend während der Musikwiedergabe, sondern erst nach konkreter Aufforderung greift. Im Falle Triton II bemüht sie sich um weitere Feinoptimierung, indem sie - während einer dezenten Ausschaltverzögerung - die aktuellen Einspielwerte abliest, sich diese geflissentlich merkt und zu Anfang der nächsten Hörsession vorgibt.
Die Ausstattung des Triton II umfasst auch einen vielfältigen Schutz, der sich dem wagemutigen User durch ein Rappeln diverser Relais und eine Zwangspause offenbart. Ansonsten zeigte der Black-Treasure-Triton den Testern nur zu gerne, was eine Harke ist. Eine halbakustische Gitarre in Lee Ritenours Album "6 String Theory" zum Beispiel erschien nicht wie ein Spielzeug, sondern wie ein Instrument, das - während es im Holzkorpus knarzt - gewaltig Funken und Feuer speien kann.
Ayon zentrierte den akustischen Schwerpunkt nicht oben, sondern eher unten. Die Bässe durften grollen und nach unten in die Schwärze abkippen. Sie blieben aber mit heiler, elastischer Haut stets tieffarbig bunt, bewegt und robust.
Bei der Reise durch diese Gitarrenwelten sorgte der Triton II - wunderbar körperhaft und deutlich substanzreicher als der Spirit III - für höchsten Genuss. Er knapste auch nicht bei Ulita Knaus' Jazzgesang. Da stand nicht ein dünnlippiges Sensibelchen, sondern eine respektgebietende Frau, die unter der Bluse auch mal schwitzt, die auch mit Melancholie und Ernst imponieren kann.
Vielleicht hätte der Triton mit Piano noch perliger, glatter, nicht so saitenverliebt agieren sollen. Doch das Fazit steht: Für alle, die es herzhaft mögen, bietet Ayon mit dem Triton II genau den richtigen Röhrenamp an.
Ayon Triton II
Ayon Triton II | |
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Hersteller | Ayon |
Preis | 6400.00 € |
Wertung | 58.0 Punkte |
Testverfahren | 1.0 |
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