Testbericht

Röhren-Vollverstärker T.A.C. V 60

13.10.2007 von Redaktion connect und Johannes Maier

Das Label "Tube Audio Company" stand bis dato für Röhren-Amps zu volksnahen Preisen. Ein deutlich teurerer Vollverstärker für 3500 Euro strebt jetzt das Röhren-Oberhaus an - ob das auf Anhieb gelingt?

ca. 3:10 Min
Testbericht
  1. Röhren-Vollverstärker T.A.C. V 60
  2. Datenblatt
Röhren-Vollverstärker T.A.C. V60
Röhren-Vollverstärker T.A.C. V60
© Archiv

Wer zur Hautevolee zählen will, braucht zunächst ein angemessenes Heim. Oder gar - wie bei dem brandneuen V 60 von T.A.C. für 3500 Euro der Fall - eine Art Tempel. Mit einer  von einem unerschütterlichen Stahlchassis getragenen, einen Zentimeter dicken, feinst gebürsteten Alu-Bühne. Dort stehen - umgrenzt von polierten Metallsäulen, die eine Glasplatte, Lochbleche sowie einen schweren Deckel halten - vier kleinere Doppeltrioden als Eingangs-Diener und acht stramme Endpentoden als Verstärkungs-Hohepriester. Die zwei quaderförmigen und das runde Abschirmgehäuse enthalten kernige Ausgangsübertrager und einen gigantischen Ringkern-Netztrafo, den T.A.C. - um mechanisches Brummen zu unterbinden - mit einer dämpfenden Gummimasse vergoss.


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Dei Eingangssektion besitzt ein fernbedienbares Alp-Motorpoti und zwei jeweils parellel geschalteten Spanngitter-Doppeltrioden. Um direkte Ankopplung zu ermöglichen, arbeiten die Trieber auf hohem Potential.
© Julian Bauer

Bei tieferer Kontemplation stellt sich bald heraus, dass die deutschen und die chinesischen Konstrukteure ganz und gar nicht nur den großen, spektakulären Auftritt suchten. Sie feilten nicht minder emsig an der Schaltungstechnik. So nahmen sie als Eingangs-Doppeltrioden nicht die üblichen ECC 83, sondern die kompakteren und rauschärmeren ECC 88 mit Spanngittertechnik, genauer die in Russland gebaute Version 6922 EH von Electro Harmonix. Steigerten sie durch den Parallelbetrieb jeweils zweier Röhrensysteme abermals den Störabstand und die Musik-Stromfreudigkeit, stabilisierten sie zu alledem die Versorgungsspannung gleich dreifach, damit sich nicht auf diesem Wege Störsünder einschleichen können.

Der direkt angekoppelten (also ohne unter Umständen klangschädliche Kondensatoren), mit kräftigen 6 CG 7 EH bestückten Gegentakt-Treiberstufe hilft eine dicke Halbleiter-Stromquelle bei der Aussteuerung. Die vier Endröhren jedes Kanals (6 CA 7 EH, besonders kräftige Ausgabe der EL 34) unterstützt schließlich eine Ruhestrom-Automatik. So etwas gab es schon und funktionierte auch leidlich, solange die Verstärker leise spielten und im Class-A-Modus blieben. Wenn größere Auslenkungen den Ruhebereich für eine Weile verließen, ruderten die bisherigen dummen Regelungen, die nunmehr Bias- und Musik-Hub nicht mehr klar unterschieden, jedoch zu Unrecht zurück. Bei zuletzt viel zu kleinem Ruhestrom traten bei den Gegentaktanordnungen schreckliche Dinge wie Übernahmeverzerrungen auf.

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Die Funktionen der Fernbedienung des V 60 beschränken sich auf Lautstärkeregelung und das Muting.
© Archiv

Im Dienste von T.A.C. dachte sich Frank Blöhbaum, den stereoplay-Leser als den Entwickler der Thorens-Referenz-Monoblöcke TEM 3200 (1/06) kennen, nun intelligentere Regelkreise aus. Weil er ein Patent angemeldet hat, verrät er aber partout nichts Genaues und zwingt stereoplay zum Spekulieren: Wahrscheinlich vergleicht die Schaltung den Ruhestrom der oberen und unteren Gegentaktseite, regelt nur bei Class-A-Gleichheit und verbleibt bei größeren Musikschwingungen vorübergehend bei einem konstanten Wert. Wie auch immer, das stereoplay-Labor meldete neben anderen beruhigenden Werten einen in der Tat ordentlichen Klirr-verlauf und kein Durcheinander, wie es bei einer Wackel-Automatik entsteht.

Die ersten Takte Musik wischten ohnehin alle Bedenken vom Tisch. Hatten die Tester gerade den RV 1 von Magnat (Seite 38) bejubelt, zeigte der V 60, dass es für 1500 Euro mehr in fast allen Belangen dann doch noch besser geht.  Etwa bei den Bässen, die beim T.A.C. um einige Meter tiefer wurzelten, während die Farben von Tiefstschwarz bis Umbra ein vielfältigeres Spektrum umfassten und die Konturen und Maserungen zum Finger-Reinlegen wahrhaftig erschienen.Dann reproduzierte der V 60 auch deutlich tiefere Räume und plastischere Instrumente, ebenso ließ er Höhen noch schöner und lebendiger blühen. Bei alldem übte der T.A.C. seine highendigen Künste jedoch spürbar nicht als prahlerischen Selbstzweck aus, sondern vielmehr dazu, gebannte Hörer weiter hinein ins Innere der Musik zu ziehen.

Bei Duke Ellingtons Piano-Titel "The Gal From Joe's" legte der V 60 auf fast magische Weise die Blues-Seele frei, die feinen rhythmischen Hemmungen und Reibungen und das sehnsüchtig funkelnde Nachleuchten der Blue Notes.  

Der nächste Titel auf dem "Reference HDCD-Sampler 1", "All Blues" von Miles Davis, führte zu noch intensiveren Rückenschauern. Unfassbar, wie klar und deutlich und ekstatisch Eric Marienthal mit seinem Saxophon ringt, wie er sich hin und her wiegend die Seele aus dem Leib bläst und wie diese über den T.A.C. mit beispielsweise den Boxen Sonics Allegra (8/05) dem Hörer auf der anderen Seite der Wiedergabekette direkt unter die Haut dringt.

Also gehört der neue, mit vier Hochpegeleingängen und einem Tape-Out ausgerüstete T.A.C. nicht nur zu den großen Verstärkern seiner Gattung - zu der Gruppe, zu der unter anderem der extrem feinsinnige Sinfonietta von Lua zählt, der aber trotz feinster manueller Ruhestrom-Neujustage nicht so lebendig und eindringlich wie der V 60 klang.Ergo hieß es: "Willkommen in der Absoluten Spitzenklasse, im Club der ganz Großen." Bei T.A.C. wird jetzt hoffentlich Champagner gereicht.

T.A.C. V 60

T.A.C. V 60
Hersteller T.A.C.
Preis 3500.00 €
Wertung 56.0 Punkte
Testverfahren 1.0

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