Standboxen

PMC Fact 12 im Test

17.9.2013 von Wolfram Eifert

Da sage einer, es gäbe keine tiefbasstauglichen Boxen mehr. PMC setzt bei seiner neuesten Kreation auf die bandbreitenfördernde Wirkung einer Transmissionline und einen besonders breit strahlenden Mitteltöner mit Kalottenmembran. Der englische Hersteller erzielt so ein wunderbar feines und gediegenes Klangbild.

ca. 5:20 Min
Testbericht
VG Wort Pixel
PMC Fact 12
PMC Fact 12
© Hersteller/Archiv

Pro

  • feinfühlige und kultivierte Wiedergabe
  • Bassbereich gut durchhörbar und sauber
  • wirkt offen und doch entspannt

Contra

  • hoher Spannungsbedarf

Fazit

Die Auswahl an Verstärkern für die PMC Fact 12 ist wegen des hohen Spannungsbedarfs deutlich kleiner als bei anderen Lautsprechern. Wer damit umgehen kann, erhält einen überaus kultivierten Schallwandler mit großem Genusspotential.


Modeerscheinungen gibt es überall, auch die HiFi-Technik ist keineswegs frei davon. Manche Features sind zeitweilig heiß begehrt, dann plötzlich sinkt die Nachfrage und manchmal wissen auch wir Tester nicht so recht warum.

Beispiele sind der Einsatz von breit strahlenden Kalottensystemen im Mitteltonbereich oder die Bedämpfung der Tieftöner durch gefaltete Umwegröhren, besser bekannt als Transmissionlines. Beide Merkmale waren bis in die 80er Jahre sehr populär, sind aktuell aber eher selten zu finden. Die neue Fact 12 von PMC besitzt jedoch genau diese Konstruktionseigenschaften und erzielt so einen gewissen Retro-Charme.

Dabei sind die Treiber und Filter hochmodern. Bei den Chassis kooperiert PMC mit dem renommierten norwegischen Spezialisten Seas. Die ausgesucht hochwertigen, handverlesenen Weichenbauteile residieren auf einer kompakten Platine mit besonders dicken Kupferbahnen und deshalb nur geringen Verlusten.  

Bildergalerie

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Galerie: PMC Fact 12

Starke Kontrolle: Die Umwegröhre ist so bemessen und bedämpft, dass nur sehr tiefe Frequenzen bis zur Mündung im unteren Bereich der Schallwand…

Trickreiche Faltung

Die Transmissionline beginnt hinter den beiden Tieftönern und füllt das Gehäuse vollständig aus. Mittel-und Hochtöner koppeln nicht an die Umwegröhre, weil die Systeme rückseitig geschlossen sind. Am anderen Ende geht die Line in eine großflächige Öffnung über. Länge, Querschnitt und Bedämpfung sind so abgestimmt, dass im Wesentlichen nur Tiefbassanteile in der richtigen Phasenlage bis zur Mündung vordringen. Bei der Fact 12 befindet sich die Öffnung an der Boxenvorderseite

Der natürliche Feind der Transmissionline heißt Bassreflex. Bei dieser häufiger genutzten Bauform wird keine aufwendig gefaltete Line benötigt, sondern lediglich ein kompakter Tunnel. Da bei Reflexboxen weniger Dämmmaterial und stärkere Magnete zum Zuge kommen, liegt ihre Wattausbeute meist höher. Ein weiterer Nachteil von Transmissionlines ist der üppige Volumenbedarf. 

Kaufberatung: Fünf Transmissionline-Boxen im Test

Den spüren wir auch bei der Fact 12, deren Schallwand zwar angenehm schmal ausfällt, doch dafür ragt der Korpus weit in die Tiefe. An die 80 Liter Bruttovolumen treffen so auf zwei nur 14 Zentimeter große Basschassis. Hoppla, wird der Kenner sagen, platzsparend geht anders. Der hohe Volumenbedarf dürfte der wichtigste Grund sein, warum Transmissionlines im breiten Markt aktuell keine so große Bedeutung haben. PMC, die auch im Studiobereich heimisch sind, ficht das nicht an. Die Engländer sind von der Richtigkeit ihres Tuns felsenfest überzeugt und würden wegen ein paar Liter Volumen sicher nicht von ihrer Philosophie abrücken. 

Technisch und klanglich spicht viel für diese traditionelle Art der Bedämpfung und so verwundert es nicht, dass mehr und mehr Hersteller die Bauform wieder entdecken. In Deutschland zählt beispielsweise T+A zu dieser elitären Garde. Die Linebauweise führt zu einer wirksamen Versteifung der Gehäuse und steigert damit die Neutralität. Der hohe Einsatz an Dämmmaterial zügelt Hohlraumresonanzen, die bei großvolumigen Bassreflexboxen bisweilen über den Tunnel hörbar werden. Ein weiterer Vorteil ist die weniger stark schwankende Impedanz im Bassbereich, was den Verstärkern entgegenkommt.

Der Schoneffekt wird durch eine vergleichsweise hohe Durchschnittsimpedanz von nominell 8 Ohm nochmal gesteigert. Gemessen sind es dann docheher 6 Ohm, doch auch so zählt die PMC zu den leichter anzutreibenden Lasten, die zwar hohe Spannungen fordern, aber nur wenig Strom. In Ermangelung starker Impedanzschwankungen werden weder Netzteile noch Ausgangsstufen über Gebühr belastet. Last but not least lassen sich mit einer Line sehr tiefe Bässe erzielen. Die Fact 12 kam im AUDIO-Labor auf satte 38 Hertz bezogen auf -3 Dezibel; das ist für derart kleine Treiber extrem viel

Raum und Aufstellung PMC Fact 12
Nicht wandnah aufstellen und Hörabstand eher kurz wählen. Dank breiter Abstrahlung muss nicht angewinkelt werden.
© Archiv/Hersteller

Gib mir Spannung

Beide Eigenschaften (Hochohmigkeit ebenso wie Transmissionline) reduzieren die Empfindlichkeit und machen die Fact 12 zu einer der leisesten Boxen ihrer Klasse. Wer die PMC mit anderen Lautsprechern vergleicht, sollte deshalb noch mehr als bei anderen Paarungen auf gleiche Pegel achten. Die Auslegung spiegelt sich in einer sehr hohen AUDIO- Kennzahl (AK) von 79. Passende Verstärker mit genügend hohen Spannungsreserven finden sich praktisch ausschließlich im Transistorlager.

Die zweite Spezialität, mit der sich PMC von anderen Herstellern unterscheidet, ist die Verwendung eines Kalottensystems für die mittleren Frequenzen zwischen 400 und 4000 Hertz. Während üblicherweise Konusmitteltöner mit etwa 12 bis 16 Zentimetern Durchmesser diesen Bereich abdecken, kommt die nach vorn gewölbte Gewebemembran von PMC auf gerade mal 5 Zentimeter.

Die deutlich kleinere Membranfläche führt zu einer breiteren Abstrahlung, speziell im oberen Übertragungsbereich, bevor der Hochtöner einsetzt. Während Boxen mit Konusmitteltönern in den Präsenzlagen häufig nur eine vergleichsweise schmale Hörzone ausleuchten, zeigen Boxen mit Mitteltonkalotten nur selten derartige Einschnürungen.

Wegen der breiteren Abstrahlung machen sich die Raumeigenschaften allerdings deutlicher bemerkbar. Dass PMC mit dieser Wahl keineswegs allein steht, zeigt ein Blick in den Profibereich. Große Abhörmonitore mit drei oder vier Wegen sind häufig mit Mitteltonkalotten bestückt.

Messlabor PMC Fact 12 Raumreflexion
Die Fact 12 lässt im Grundtonbereich bei 300 Hz eine leichte Senke erkennen, die in der Praxis von Raumreflexionen aufgefüllt wird (1). Im Tiefbass werden 38 Hz bezogen auf -3 dB erzielt. Die maximale Lautstärke liegt bei 103 dB. Die Impedanz schwankt speziell in den Mitten nur wenig und liegt im Mittel bei 6 Ohm. Die Empfindlichkeit erreicht nur rund 78 dB bezogen auf 2 Volt. Eine sehr hohe AK von 79 ist die Folge.
© Archiv/Hersteller

Hörtest

Mit diesem Wissen im Hinterkopf ging es in den Hörraum, wo sich schon diverse Vergleichsboxen und Elektronikkomponenten warm liefen. Erste Versuche mit Röhrenvollverstärkern der 2000-Euro-Liga zogen sich nicht sonderlich in die Länge, denn die PMC signalisierte durch eine gewisse Mattigkeit sehr deutlich, dass 20 oder 30 Watt nicht genügen, um ihr Klangpotential sinnvoll zu entfalten.

Am allseits geschätzten PA 3000 HV von T+A zeigte sich, dass die Fact 12 mühelos dreistellige Wattzahlen verkraftet. Beim gepflegten Hören mit den testüblichen, nicht übertrieben hohen Pegeln kratzte die Leistungsanzeige des T+A vielfach an der 1000-Watt-Marke

Praxis: Lautsprecher richtig aufstellen und einwinkeln

Zu den Vorzügen der PMC zählten herrlich körperhafte, bis in die Magengrube spürbare Basswogen beim Yello-Klassiker "The Race" ebenso wie eine hochgradig kontrollierte und souveräne Darstellung jener extrem breitbandigen Impulse, die von einer japanischen Kodo-Trommel ausgehen und selbige zur Bewährungsprobe für jeden Boxentest machen. 

Allerdings durften die Tester nicht zu beherzt aufdrehen, denn zwei 14er Bässe stoßen bei einem derart gewaltigen Klangkörper naturgemäß an Grenzen. Doch letztlich empfand kein Jurymitglied die nicht unendliche Grobdynamik als Beinbruch, denn mit ihrer geschmeidigen Spielweise lenkte die PMC die Aufmerksamkeit wie von Zauberhand auf Klangfarbennuancen und rhythmische Feinheiten, die das Musikhören bei sozialverträglichen Pegeln über lange Stunden so angenehm machen. 

Besonders gut gefiel uns die Fact 12 an der Vor-End- Kombi von Sugden, bestehend aus der Vorstufe LA 4 und den Class-A-Monoblöcken MPA 4. Obwohl nach Zahlen schwächer als der Wonneproppen von T+A, hatte die Kombi die PMC felsenfest im Griff. Wagners "Ring ohne Worte" in der legendären Einspielung mit Lorin Maazel und den Berliner Philharmonikern (Telarc) klang ungemein sinnlich, satt und fern jeder Aufgeregtheit. Das Schöne dabei: Wir konnten diesem Setup stundenlang zuhören, ohne zu ermüden.

 

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