Testbericht

Plattenspieler Pro-Ject RPM-1

8.1.2008 von Redaktion connect und Bernhard Rietschel

Masselaufwerk ohne Masse, Arm ohne Antiskating: Der neue Pro-Ject RPM-1 für 300 Euro ist ein analoges Wagnis.

ca. 2:15 Min
Testbericht
  1. Plattenspieler Pro-Ject RPM-1
  2. Datenblatt
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© Archiv

Als der Vertrieb auf der HIGH END in München den Prototypen des RPM-1 unter die große Pro-Ject-Schar mischte, stach der 1er aus dem Familien-Umfeld heraus wie ein Fischertechnik-Teil in der Lego-Kiste. Dass dieses Spielerchen nicht aus dem Stammwerk im tschechischen Litovel stammt, Pro-Ject also eine neue Technikquelle angebohrt haben muss, dafür sprechen viele Details. Das invertierte Tellerlager mit Stahlachse und Bronze-Laufbuchse: so noch nie gesehen. Auch der von einem edlen, schwarzen Alu-Pulley gekrönte Synchron-motor sieht anders aus als der übliche Pro-Ject-Antrieb. Und das Chassis ... welches Chassis? Etwas MDF muss reichen, ein Brettchen für den Motor und eines für den Rest.

Der Arm wiederum ist altmodisch S-förmig, im Anfassgefühl sehr solide und wackelfrei. So massive, präzise und spielfrei justierte Kugellager sind in dieser Preisklasse unüblich. Lagerblock, Rohr und Headshell bestehen aus Aluminium, ebenso die Armbasis, die über zwei Klemmschrauben ein vertikales Verschieben des Sockels - und damit eine Justage des vertikalen Abtastwinkels - erlaubt. Ebenfalls in der Höhe verstellbar ist die Lift-Bühne, die nach vorne in eine Ablage-Gabel ausläuft. Auch dieser Arm-Parkplatz besteht nicht etwa aus Plastik, sondern weitestgehend, inklusive Lifthebel, aus Metall-Druckguss. Elegant auch, wie sich der RPM-1-Arm auf der Ablage-gabel festhält: Führt man ihn Richtung Park-Position, saugen ihn zwei im Horizontal-Lager versteckte Magnete sanft, aber verbindlich an. Zur Kompensation der Skatingkraft taugen die Magnete indes nicht.

Was ist Skating?

Denken Sie sich eine Linie zwischen dem Tonarm-Drehpunkt und der Nadelspitze: Nur genau in dieser Achse kann der Arm die beim Spielen entstehenden Reibungskräfte vollständig aufnehmen, ohne in irgendeine Richtung auszuweichen. Die Rillenreibung wirkt aber nicht nur entlang dieser Verbindungslinie, sie erzeugt wegen der einwärts gekröpften Montage des Tonabnehmers auch eine Kraft-Komponente in Richtung zur Plattenmitte. Diese Skatingkraft, immerhin etwa 20 Prozent der Gesamtreibung, führt zu einer entsprechenden Mehrbelastung der inneren Rillenflanke, also des linken Kanals.

Es mag beruhigen, dass neben Billigst-Spielern auch manch  teurer Kult-Arm ohne Antiskating kommt.

Hörtest

In Abtastsicherheit und Sauberkeit, den primären Wirkungsbereichen des Antiskating, lag der RPM-1 mühelos auf Debut-Niveau. Die Folk-Dramen auf "The Amber Gatherers" von Alasdair Roberts (Drag City) tönten über den RPM-1 sogar sauberer, die S-Laute in Roberts' Gesang eher noch zischfreier. Mit der tonalen Abstimmung des RPM-1 haderten die Tester: Waren es nun seine dynamischen Qualitäten, die ihn so direkt, knackig und schlank tönen ließen, oder war es ein Mangel an Bass- und Grundtonkraft? Störend wirkte die schlanke Note jedoch nur mit bass- und dynamikarm produzierten Platten, während gute Aufnahmen umso eindrucksvoller klangen - ein so ausgeprägtes Differenzierungsvermögen hat in der Preisklasse sonst kein Spieler. Mehr Ausgewogenheit kann der nächste Nadeltausch bringen, etwa durch Aufwertung des serienmäßigen, minimal giftigen Ortofon Alpha mit einer Red- oder Silver-Nadel aus der Vinyl-Master-Serie.

Fazit

Wer sich für den RPM-1 entscheidet, muss Exzentrik mögen. Die Mechanik läuft rund, keine Angst. Aber Dinge wie der Nachttisch-lampen-Kabelschalter, das fehlende Antiskating, das nicht skalierte Gegengewicht und das relativ aufstellungskritische Laufwerk machen den Spieler nicht unbedingt zu einem Tipp für Einsteiger. Da passt der Debut III besser.


Pro-Ject RPM-1

Pro-Ject RPM-1
Hersteller Pro-Ject
Preis 350.00 €
Wertung 65.0 Punkte
Testverfahren 1.0

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