Testbericht

Plattenspieler Linn Sondek LP 12 SE + Radikal + Ekos SE

15.7.2009 von Redaktion connect und Dalibor Beric

Die unendliche Geschichte des LP 12 geht weiter: Linn baut einen bisher verpönten Gleichstrommotor ein und landet damit einen Volltreffer (Gesamtpreis 16400 Euro).

ca. 3:45 Min
Testbericht
  1. Plattenspieler Linn Sondek LP 12 SE + Radikal + Ekos SE
  2. stereoplay - Tipp: Die Einbau-Phonostufe Urika
  3. Datenblatt
Plattenspieler Linn Sondek LP 12 SE + Radikal + Ekos SE
Plattenspieler Linn Sondek LP 12 SE + Radikal + Ekos SE
© Archiv
Plattenspieler Linn Sondek LP 12 SE + Radikal + Ekos SE
Die Radikal Elektronik, hier im edlen Klimax-Gehäuse, gibt es auch in einem deutlich günstigeren Gewand.
© Julian Bauer

Manchmal kann man sich als Tester ein Lächeln nicht verkneifen. Jetzt passiert, als Linn den "nächsten, größten Sprung in der Performance" ihres legendären Plattenspielers Sondek LP 12 ankündigte. Zum einen, weil dies schon nach zwei Jahren ("großer Sprung" auf die SE-Version mit Keel-Subchassis) geschieht. Zum anderen, weil die Dämonisierung, mit der man in Glasgow Gleichstrommotoren und vor allem Regelkreise bedachte, noch recht präsent ist und der neue radikale Schritt genau diese Bauteile beinhaltet.

Dabei stellt Linn die Motorelektronik in zwei Gehäusen zur Wahl. Das Radikal-Update in der edlen, ausgefrästen Voll-aluminium-Version Klimax kostet 5895 Euro, in einem leichteren Alu-Faltgehäuse 3295 Euro. Wobei die Glasgower zugeben, dass es sich um definitiv dieselbe Platine handelt und es, wenn überhaupt, nur minimalste klangliche Unterschiede auf Grund der besseren Schirmung und des stabileren Gehäuses gibt. Leider war zum Zeitpunkt dieses Test nur die Luxusversion lieferbar, weshalb sich die Tester über die Alternative noch keine Meinung bilden konnten.

Plattenspieler Linn Sondek LP 12 SE + Radikal + Ekos SE
LP 12 as LP 12 is: Beim Laufwerk ist das Radikal-Update äußerlich nicht erkennbar.
© Julian Bauer

Das anfängliche Grinsen weicht bei genauerer Betrachtung des Radikal-Upgrades aber schnell interessierter Spannung, da sich die Schotten offensichtlich den Wechsel genau überlegt haben. So benutzen sie nun einen sehr laufruhigen Gleichstommotor mit Bürsten, der aber dennoch ein größeres Drehmoment besitzt als der - in günstigeren Versionen noch immer angebotene - Synchronmotor. Ein weiterer Vorteil ist das deutlich kleinere Störfeld, dass der Radikal-Motor verbreitet.

Doch trotz der Laufruhe bettete das Entwicklerteam um Ian Wilson den Motor in weichen, aber dennoch langzeitstabilen Poron-Schaumstoff innerhalb eines Acetal-Kunstststoffzylinders, um so auch noch die letzten Vibrationen von der Topplatte fernzuhalten, an die der Motor geschraubt wird.

Da Gleichstrommotoren bei Temperaturschwankungen driften und auf Lastwechsel reagieren, entschied man sich nun auch bei Linn, sogar zwei Regelungen einzuführen. Die eine reagiert auf die Gegen-EMK des Motors, definiert die Drehrichtung und hält die Hochlaufzeit kurz. Die andere funktioniert im Zusammenhang mit einem Infrarot-Detektor. Über eine am inneren Rand des Tellers angebrachte Markierung nimmt er die Drehzahl auf. Die Radikal-Elektronik vergleicht sie dann mit einem jitterarmen Taktsignal (derselbe Generator tut auch in den DS-Netzwerkplayern Dienst) und regelt gegebenenfalls die Spannung für den Motor in kleinen Schritten nach.

Plattenspieler Linn Sondek LP 12 SE + Radikal + Ekos SE
Beim Radikal-Kit misst ein optischer Sensor die Umdrehungszahl, weshalb auf der Innenseite des Außentellers ein Filzstreifen klebt.
© Tilman Schreiber

Dass diese Regelung, die nur einen Impuls pro Umdrehung liefert, sehr langsam arbeitet, ist leicht vorstellbar. Den Linngenieuren genügt sie, da sie auf die mechanischen Qualitäten des Lagers und die Schwungmasse bauen und die Regelung hauptsächlich die Langzeitstabilität garantieren soll.

Dass dies alles sehr gut funktioniert, zeigten die exzellenten Daten im Testlabor, weshalb stereoplay bei den Messungen die Höchstnote vergab.

Da das Radikal ein Upgrade ist, bleiben die anderen Teile des Sondek LP 12 SE unverändert. So darf sich der Analogfan weiterhin über ein aus einem Alublock gefrästes Sub-Chassis freuen, das mit Spiralfedern den Tonarm und den Plattenteller vom Untergrund entkoppelt. Auch auf die Massivholzzarge mit Eckverstärkungen und die Edelstahl-Topplatte muss ein Käufer, der sich für einen Sondek LP 12 SE mit Radikal entscheidet, nicht verzichten.

Für den Hörtest nahmen die Tester dasselbe Gerät, dass seit dem Test in der Ausgabe 3/07 als Co-Referenz dient, und rüsteten es mit dem Radikal (und später mit dem Einbau-Phonoteil Urika, siehe Beitrag "stereoplay - Tipp: Die Einbau-Phonostufe Urika") aus, damit die Unterschiede nicht durch eventuelle Lagerunterschiede oder Einstellungen des Subchassis verwässert würden. Wobei in dem umgebauten Plattenspieler dann noch zwei weitere Tonabnehmer wie der Ortofon Windfeld (Test in diesem Heft) und der Linn Akiva (3/03) Platz fanden. Der erste Direktvergleich wurde mit dem Referenzabtaster Lyra Titan i durchgeführt.

Plattenspieler Linn Sondek LP 12 SE + Radikal + Ekos SE
© Tilman Schreiber

Während des Umbaus, der mit den entsprechenden Werkzeugen und Justagetisch recht schnell erledigt war, stieg die Spannung: Wie stark würde er sich klanglich auswirken? Der erste Eindruck war, dass die Töne aus einem leiseren Untergrund früher entstanden. So gerieten etwa die Piano-Stellen bei Händels "Rinaldo" (Eterna Edition 821719-721) deutlich spannender, da alles betonter wirkte. Zudem wurde der Raum weiter und tiefer dargestellt, wobei die Sänger noch greifbarer auf der Bühne standen.

In diesem Punkt zog der LP 12 SE Radikal sogar mit dem Brinkmann Oasis (1/09) gleich, der bisher in diesen Eigenschaften den Maßstab setzte. Der erklang im Grundtonbereich etwas schlackenfreier, was aber auch dazu führte, dass Männerstimmen etwas an Wucht verloren, die der radikalisierte LP 12 SE ihnen zudachte. Überhaupt konnte man konstatieren, dass die Klangfarben mit dem Oasis minimal nüchterner und beim Linn etwas voller, aber auch natürlicher wirkten, weil Streichinstrumente mit etwas mehr Holz erklangen.

Plattenspieler Linn Sondek LP 12 SE + Radikal + Ekos SE
Während der alte Synchronmotor kein zusätzliches Gehäuse besitzt, ist der Gleichstrommotor in dämpfendem Poron in eine Kunststoff-Ummantelung gebettet.
© Tilman Schreiber

Die größte Stärke des LP 12 SE mit Radikal war aber, komplizierte musikalische Zusammenhänge wie etwa bei Eric Dolphys "Out To Lunch" (Blue Note 84163) so selbstverständlich aufzudröseln, dass man die Intentionen der Musiker besser zu verstehen meinte oder, andersherum gesagt, ihr Zusammenspiel besser verfolgen konnte.

Die alte Regel, dass man mit einem besseren Plattenspieler auch alte Platten neu entdecken kann, bestätigte "Beggars Banquet". Da schwelgten die Tester nicht nur in Jugenderinnerungen, sondern entdeckten hier eine bisher unerkannte Betonung von Mick Jaggers Stimme, dort manche Töne bei Keith Richards Riffs oder eben ein ungekanntes Zusammenspiel der fünf Protagonisten.

Insgesamt kam für den Linn nur ein Urteil in Frage: alleinige Referenz.

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