Testbericht

Plattenspieler Linn Sondek LP 12 SE + Lingo + Ekos SE

15.2.2007 von Redaktion connect und Dalibor Beric

35 Jahre und kein bisschen leise: Linn renoviert den Sondek LP 12 für 12 000 Euro, was stereoplay dazu veranlasst, weltexklusiv festzustellen, ob er wie zu seiner Geburtsstunde die HiFi-Welt verändert.

ca. 6:15 Min
Testbericht
  1. Plattenspieler Linn Sondek LP 12 SE + Lingo + Ekos SE
  2. Keel-Legung
  3. Fortschritt im Detail: Upgrades des Sondek LP 12
  4. Datenblatt
Linn Sondek LP 12 SE + Lingo + Ekos SE
Linn Sondek LP 12 SE + Lingo + Ekos SE
© Archiv
Der Sondek LP 12 ist für viele das Synonym für Linn. Schließlich war dieser Plattenspieler 1972 das erste Produkt der schottischen Firma und blieb all die Jahre im Sortiment. So horchen nicht nur eingefleischte Linndianer auf, wenn Linn ihren Dauerläufer zu einer Super-Evolution-Variante (SE) hochrüstet und dafür sage und schreibe fast 12000 Euro verlangt.

Die never ending story begann 1970, als der junge Maschinenbau-Student und Musikfan Ivor Tiefenbrun feststellte, dass der Klang seiner HiFi-Anlage sich stark veränderte, wenn er statt des Kopfhörers Lautsprecher verwendete. Den Grund für diese Unterschiede vermutete er nicht nur in den Wandlerprinzipien, sondern auch in der Beeinflussung des Plattenspielers durch den Luftschall der Lautprecher. So stellte er seinen Plattenspieler in einen anderen Raum, und überraschender Weise, trotz längerer Kabel, steigerte sich die Musikalität deutlich.


Linn Sondek LP 12 SE
Der Plattenspieler Sondek LP 12 SE von Linn
© Julian Bauer

So verzog sich er sich in die väterliche Feinmechanik-Firma Castle Precision, die heute Ivors Bruder Marcus leitet, und entwickelte einen Plattenspieler, bei dem er neben laufruhigem Lager und Antrieb besonders auf eine gute Tritt- sowie Luftschallentkopplung achtete. Dazu perfektionierte er das schon von Acoustic Research und Thorens bekannte Subchassis-Prinzip, das mit Spiralfedern das Lager und somit den Plattenteller sowie den Tonarm vom Untergrund trennt.

Legendär sind die Anekdoten, die sich um Tiefenbrun und sein "Sounddeck" ranken, das er schottisch lautschriftlich "Sondek" LP 12 taufte. Nachdem es im Freundeskreis viel Nachfrage nach diesem Laufwerk gab, beschloss Tiefenbrun, eine Firma zu gründen, die er nach dem Bezirk Linn südlich von Glasgow benannte, in dem die Fabrik seines Vaters stand. Danach zog er mit missionarischem Eifer los, um die These zu verkünden, dass die Quelle das wichtigste Glied in der HiFi-Kette sei. Denn fehlende Informationen könnten ja auch die besten Verstärker und Lautsprecher nicht mehr rekonstruieren. Gern verglich Tiefenbrun den Plattenspieler mit einem Musiker und den Rest der Kette mit dem Klang des Instruments.

Ein unwillig spielender Musiker, so seine These, kann auch mit dem besten Instrument wenig anfangen, wärend ein engagierter Interpret auch mit einem minderwertigen Instrument für viel Zuhörspass sorgt. Zweifler unter den Händlern forderte der Schotte heraus, indem er mit einer kleinen, günstigen Kombination aus Lautsprecher und Verstärker gegen ihre beste Kette antrat - und so nicht selten die musikalische Überlegenheit seines Sondek demonstrierte.

Nebenher demonstrierte er handfest die Effektivität des Subchassis, indem er bei aufgelegter Nadel in der Endrille mit einem Hammer an die Zarge schlug und damit die Zuhörer verblüffte: Die Zarge litt, aber die Schläge waren über die Boxen nur ganz leise zu hören. Seit dieser Zeit erfuhr der Sondek LP 12 viele Detailverbesserungen. Zum 33. Geburtstag 2005 planten die Schotten dann eigentlich einen großen Aufschlag. Aber der ging erst mal ins Leere, denn die Konstruktion des LP 12 erwies sich als so ausgereift, dass das Entwicklerteam extrem viele Ideen aus klanglichen Gründen wieder verwerfen musste. So probierten die Schotten etwa eine Zarge aus massivem Aluminium aus, die aber deutlich schlechter klang als die bisherige aus Massivholz.

Das Projekt Sondek Super Evolution zog sich über Jahre hin, auch weil man gleichzeitig dem Tonarm Ekos eine deutliche Klangsteigerung verpassen wollte. Als klanglich tragfähig erwies sich dann ein neues Subchassis, das aus einem einzigen Stück Aluminium besteht. Bei der bisherigen (weiterhin gebauten und günstigeren) Form handelt es sich um eine Kombination aus Stahlblech mit angeschraubtem laminiertem Tonarmboard.

Tonarm Ekos SE
Optisch auffällig ist das Titan-Rohr, das steifer und resonzärmer ist als das schon sehr starre Rohr des Vorgängers. Die Headshell besteht weiterhin aus Aluminium, da hier Titan zu klanglichen Nachteilen führte. Die Horizontal- und Vertikallager sind nochmals enger selektiert und weisen weniger Reibung auf. Beim Tonarmschaft besteht der obere Teil, in dem zwei Horizontallager stecken, aus Edelstahl, der untere aus Gewichtsgründen aus Aluminium. Auch die obere Aufnahme für die Vertikallager ist aus Edelstahl statt aus Alu, was zu weniger Mikrobewegungen führt.
© Julian Bauer

Das neue Subchassis namens Keel musste genauso viel wiegen wie das bisherige, und sogar der Tonarmsockel durfte nicht mehr draufgeschraubt werden, sondern wird mit gefräst. Insgesamt verursacht das Keel einen enormen Materialverbrauch, denn von dem Alublock, aus dem es herausgearbeitet wird, bleiben gerade mal 20 Prozent übrig.

Doch nicht nur das macht den Preis von 3200 Euro aus. Denn zusätzlich zu resonanzmindernden Wabenfräsungen verordneten die Schotten, ebenfalls um unerwünschte Resonanzen zu unterdrücken, auch noch seitliche Einkerbungen. Dies alles führt zu langen Maschinenlaufzeiten und mehrfachem Ummontieren des Werkstücks bei Castle Precision, die das Keel exklusiv für Linn fertigt, und so zu dem hohen Preis.

Besitzer eines älteren LP 12 freut es aber bestimmt, dass die Federn, das Lager und der Motor bei der SE- Variante identisch bleiben und so einem Upgrade nichts im Wege steht. Bei der externen Motorelektronik Lingo jedoch lohnt sich ein genauer Blick. Zwar arbeiten hier nach wie vor zwei hochgenaue Quarzgeneratoren für 33 1/3 und 45 Umdrehungen, deren hohe Schwingung die Schaltung herunterteilt, wonach strompotente Verstärker den Synchronmotor mit zwei sehr sauberen Sinusschwingungen zum Drehen animieren.

Geblieben ist auch die Besonderheit, dass beim Einschalten ein höherer Strom in den Motor fließt, um die Hochlaufzeit zu verkürzen. Doch die bis 2002 verwendeten konventionellen Bauteile mit Anschlussbeinen sind mehrheitlich oberflächenmontierten Minibauteilen (SMD) gewichen. Dadurch ließ sich das Layout optimieren und der Signalweg verkürzen, was zu weniger Störungen führt und somit zu dezent besserem Klang, wie stereoplay sich in einem Vergleich zu dem älteren Lingo überzeugen konnte.

Größer waren die Änderungen, die der Tonarm Ekos in der Super-Evolution-Stufe erfuhr (siehe Kasten "Alles besser"). Aber dieser Aufwand war nötig, da schon der nun nicht mehr gebaute Ekos mit seinen laufruhigen und engtolerierten Lagern eine Macht war. Die deutlich kompliziertere Verarbeitung schlägt sich allerdings auch in einem deftigen Aufschlag von 2800 auf 4950 Euro nieder.

Last but not least gibt es eine neue Bodenplatte Trampolin/1 für 230 Euro, die ebenfalls das bisherige Trampolin ablöst. Es besitzt wie das alte höhenverstellbare Füße, die in Sorbothan-Gummi entkoppelnd gelagert sind, doch besteht die Platte nun aus Aluminium und nicht mehr aus Hartpapier. Feinarbeit haben die Schotten auch hier geleistet: Ein Viereck aus einem anderen Material in der Mitte sorgt für mehr Ruhe, was man per Klopftest leicht nachvollziehen kann.

Um die jeweiligen Aufrüstschritte einzeln bewerten zu können, nahmen die Tester einen aktuellen Sondek LP 12 mit Ekos und bauten ihn schrittweise auf die SE-Varianten um. Die gefürchtete Justage des Subchassis stellte dabei kein Problem dar, da ein Tester jahrzehntelange Erfahrung mit dem Sondek LP 12 hat und ihn deshalb aus dem Effeff kennt. Den Start im Hörrraum machte das neue Trampolin/1. Es "klang" nachvollziehbar anders als sein Vorgänger. Zwar bewirkte es nicht ganz die direkten Mitten der Laminatvariante, aber dafür gab es einen tieferen und genaueren Bass und mehr Details im Hochton zu vernehmen. So konnten die Tester etwa bei Madonnas "American Pie" ("Music", Warner) etwas klarer den Nachhall heraushören, was aber ein wenig von der Stimme ablenkte, weshalb es auch Freunde der alten Variante geben wird.

Keel
Das Keel wird aus einem Alublock gefräst und vereint Subchassis, Tonarmboard und Tonarmbasis. Das alte Subchassis bestand aus Stahl mit angeschraubtem MDF-Tonarmboard.
© Julian Bauer

Sensationell hingegen wirkte sich der Wechsel auf das Keel-Subchassis aus. Denn selbst die abgebrühten Tester konnten es fast nicht glauben, wie groß die klangliche Verbesserung war. Wäre nicht derselbe LP 12 mit demselben Lager und Motor, sondern ein anderer zum Vergleich gestanden, hätten die argwöhnischen Techniker die Ursache der dramatischen Unterschiede eher in einem besser laufenden Lager oder ruhigeren Motor vermutet.

So aber war klar, dass die gewonnene Kraft im Mittelton, ohne dabei aber zu verwischen oder aufzudicken, der extrem tief reichende und gleichmäßige Bass sowie die feineren, detailreicheren Höhen sowie die gesteigerte Dynamik allein auf das Keel zurückzuführen waren. Ein gutes Beispiel hierfür bot Quincy Jones' "Moanin" ("Birth Of A Band", Mercury / Speakers Corner): Die Aufrüstung mit dem Keel führte nicht nur zu natürlicheren Klangfarben der Bläser, sondern auch dazu, dass laute Passagen, die zuvor minimal gepresst klangen, sich nun unverkrampfer darboten. Dabei fiel auch die Ortung der einzelnen Instrumente samt ihrem Nachhall im merklich angewachsenen Aufnahmeraum leichter.

Als dann der Ekos dem Ekos SE Platz machte, waren die Tester restlos überzeugt. Zwar steigerte er die Dynamik des Ekos nicht ganz in dem Maße wie etwa das Keel zuvor - kein Wunder, da der Ekos ja in diesem Punkt ein Meister seiner Klasse ist -, doch holte er dafür noch feinere Höhen und abermals einen strafferen und tieferen Bass heraus. Zudem gewann das Klangbild nochmals an Ordnung; Details - etwa kleinste Lippenbewegungen (Jeff Buckley in "Hallelujah" auf "Grace", Columbia) - ließen sich wie selbstverständlich wahrnehmen.

Mithalten konnte nur noch die stereoplay Referenz Transrotor Orion mit SME 3500 (9/05) mit ein wenig mehr Hochtonglanz und minimal mehr Tiefenstaffelung. Doch da die Kombination von Linn Sondek LP 12 SE und Ekos SE das große Kunststück vollführte, völlig unangestrengt und natürlich zu klingen und dennoch eine schier unglaubliche Detailflut zu liefern, ist der Linn nun nicht nur neue Co-Referenz, sondern der musikalischste Plattenspieler, den stereoplay kennt.

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