Over-Ear-Kopfhörer

Pioneer SE-Master 1 im Test

5.6.2015 von Stefan Schickedanz

Mit dem SE-Master 1 soll es für Pioneer wieder vorwärts gehen. Wir konnten schon ausprobieren, was der brandneue offene High-End-Hörer kann, der in Londons Air Studios den akustischen Feinschliff bekam.

ca. 3:40 Min
Testbericht
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On-Ear-Kopfhörer Pioneer
On-Ear-Kopfhörer Pioneer
© Pioneer

Mit dem SE-Master 1 möchte Pioneer in einer Klasse wildern, die von alternativen Antrieben dominiert wird. Der ungemein edel wirkende offene Kopfhörer arbeitet dagegen mit konventionellen Membranen, die wie ein gewöhnlicher Lautsprecher von einer Spule im Kraftfeld eines Permanentmagneten angetrieben werden.

Doch abgesehen vom Festhalten an einem millionenfach bewährten Prinzip betrieben die Konstrukteure einen immensen Aufwand. Und der beschränkt sich keinesfalls auf die im Verborgenen wirkenden Treiber, sondern auf praktisch jedes noch so kleine Detail, vom ultrasoliden Metall-Bügels bis hin zu den satt die Ohren umschließenden Kunstlederpolstern. Selten hatte ein Kopfhörer einen derart opulenten Auftritt. Um die Exklusivität des kostspieligen, von Meisterhand in Kleinserie zusammengebauten SE-Masters zu unterstreichen, packte ihn Pioneer in eine ausladende, mit Samt ausgekleidete Schachtel. Um den Besitzerstolz weiter anzustacheln, werden sämtliche Hörer durch eine deutlich sichtbare Gravur am Bügel durchnummeriert.

Handarbeit aus Japan

Tatsächlich entsteht der neue Stolz des Hauses nicht am Fließband, sondern wird in der Pioneer-Lautsprecher-Fabrik im japanischen Tohoku von Anfang bis Ende von einem erfahrenen Handwerksmeister an der Werkbank zusammengebaut. Einen solchen Luxus leisten sich ansonsten allenfalls Kleinserienhersteller etwa Naim Audio aus dem englischen Salisbury. Für einen Elektronik-Riesen wie Pioneer eine durchaus ungewöhnliche Vorgehensweise.

Aluminium-Membran mit Keramikbeschichtung

Typischer erscheint dagegen das Streben nach besonderen Hightech-Lösungen. Die finden sich im Bereich der Treiber. Denn hier kommt man allein mit massivem Materialeinsatz und traditioneller Handwerkskunst doch nicht sehr weit. Schließlich erfordert der Breitbänder eines Kopfhörers einen Spagat zwischen minimaler Masse für den Hochfrequenzbereich und Steifigkeit im Bass. Dafür schufen die Entwickler eigenen Angaben zufolge die erste Aluminium-Membran mit Keramikbeschichtung. Letztere soll die Steifigkeit der lediglich 25 μm dünnen Membran erhöhen.


Pioneer Karemikbeschichtung
Pioneer verwendet eine Alumembran mit Keramikbeschichtung in Verbindung mit einer Kunststoffsicke.
© Pioneer

Die Sicke der mehrteiligen Schwingsysteme besteht aus einem anderen Material: PEEK (Poly-Ether-Ether-Ketone), einem leichten, steifen Kunststoff mit turbinenförmiger Prägung. Die Formgebung und die Materialwahl gehen auf umfangreiche Computer-Simulationen zurück und wurden auf eine Bandbreite ausgelegt, die sich bis 85 kHz erstreckt, um das Thema Hi-Res-Music souverän abzuhaken. Schließlich handelt es sich bei diesem Wert um das Doppelte von dem, was so genannte High-Res-Kopfhörer gemeinhin auffahren können.

Kabel

Die 460 g schweren Pretiose bringt auch gleich standesgemäße Kabel mit, die jedem High-Ender feuchte Hände machen durften. Vom Full-Size-Klinkenstecker bis zur Verzweigung für den rechten und linken Kanal hüllt sich die drei Meter lange Strippe aus sauerstofffreiem OFC-Kupfer in einen Stoffmantel. Auf der "letzten Meile" zu den beiden größtenteils aus Metall gefertigten Ohrmuscheln wurde das verdrehsichere Kabel von bleifreiem PVC umwandelt, um Körperschalleinflüsse zu reduzieren. Weitere Isolationsmaßnahmen betreffen die in Gummi gelagerten Aufhängungen der beiden Kapseln.

Tragekomfort

Um den Tragekomfort zu erhöhen, ermöglichen die Konstrukteure (über austauschbare Bügel) die Anpassung des Federdrucks, der von einem in Wildlederoptik gefertigten Kopfband ausgeübt wird. Doch schon ohne Federungswechsel geriet dieses Spiel leider zur Geduldsübung, die vor allem unseren Chefredakteur Bernhard Rietschel auf die Palme trieb. Ob er damit zum Ausdruck bringen wollte, dass offenbar besonders viel im Kopf hat oder ob er noch ein größerer Grobmotoriker als der Autor ist, sei dahin gestellt.

Klinken-Kabel
Das Klinken-Kabel lässt sich durch eine optional erhältliche symmetrische Strippe mit XLR-Steckern tauschen.
© Pioneer

Zubehör

Um den SE-Master 1 herum hat Pioneer ein hochwertiges Zubehörpaket geschnürt. Wer einen symmetrischen Kopfhörer-Verstärker besitzt, kann das serienmäßige Klinken-Kabel gegen das optionale XLR-Kabel mit zwei dreipoligen Neutrik-Steckern tauschen. Und wer keinen symmetrischen Kopfhörerverstärker hat, kann den optimal abgestimmten Pioneer U-05 erwerben. Das im typischen Verstärker-Design der Japaner gehaltene Mini-Gerät bringt gleich noch einen hochwertigen D/A-Wandler mit.

Klang

Wir hörten den Pioneer mit unterschiedlichen Kopfhörer-Amps und mussten ihm stets höchste Neutralität, Reinheit und Präzision bescheinigen, ganz gleich, ob wir ihn mit dem Burson-Freund für 650 Euro oder der 1000-Euro-Röhre von Opera betrieben. Der niederohmige Hörer ließ jederzeit erkennen, dass er dem Profi-Business entstammt. Er lenkte die Aufmerksamkeit zielstrebig auf alles, was selbst um elektronische Instrumente herum passierte.

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Er enthüllte Studio-Effekte ebenso wie winzige Brummanteile einzelner Spuren, die sich selbst mit einem Audez'e LCD-XC erst entdecken ließen, nachdem man durch den Pioneer sensibilisiert darauf achtete. Trotz seiner gnadenlosen Auflösung kam man nie in Versuchung, den Klang mit "analytisch" zu charakterisieren. Dazu war er einfach zu musikalisch und zu mitreißend abgestimmt. Dynamik, Timing und Tonalität gehören zum Besten, das wir kennen.

Vergleich zum Audez'e LCD-XC

Im direkten Vergleich zum Audez'e LCD-XC erschienen vor allem Männerstimmen über den SE-Master 1 etwas nüchterner und schlanker. Und im Bass besaß er um Haaresbreite weniger Punch und Fundament. Allerdings handelte es sich bei diesen Eindrücken wirklich nur um winzige Nuancen. Seine Klangfarbenpracht entfaltete der von der räumlichen Abbildung enorm weiträumige und ortungsgenaue Pioneer am besten mit dem Röhren-Amp von Opera Audio.

Pro

  • Extrem unaufdringlich und dennoch direkte, homogene Abstimmung, Top-Ortung, großer Raum, hohe Tranparenz.

Contra

  • Knifflige Kopfanpassung

Doch mit dem Musical Fidelity brachte der mit Pop, Rock und Klassik gleichermaßen mitreißende Japaner noch mehr Dynamik ins Spiel. Mit ihm könnte man den SE-Master 1 sogar symmetrisch betreiben. So oder so schuf Pioneer einen absoluten State-of-the Art-Hörer.

Fazit

Schon der große Klinkenstecker weist darauf hin, dass Pioneer mit dem SE-Master 1 nicht einfach auf der MP3-Welle mitsurfen möchte. Der von den AIR Studios abgestimmte Hörer ist wie eine Monitor-Box, die gleich noch das akustisch perfekt optimierte, schallisolierte Studio mitbringt.

Mehr Infos zu dem Thema finden Sie hier!

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