Testbericht

Monoblock-Endverstärker Thorens TEM 3200

15.12.2005 von Redaktion connect und Johannes Maier

Eine gigantische Medienkampagne soll unsere Innovationsfreude stärken. Sachsen und Schwaben haben sowas nicht  nötig - sie bauen von sich aus den mit dem Thorens TEM 3200 für 19000 Euro das Paar die besten Verstärker der Welt.

ca. 4:05 Min
Testbericht
  1. Monoblock-Endverstärker Thorens TEM 3200
  2. Know-how: Im Auge des Circlotrons
  3. Datenblatt
Thorens TEM 3200
Thorens TEM 3200
© Archiv

Ein aus Sachsen stammender, täglich bis in die Nachtstunden rackernder Diplomingenieur, verheiratet, zwei Söhne: Bei Frank Blöhbaum handelt es sich unzweifelhaft um das Muster eines braven Deutschen. Und viel mehr als das, stellen HiFi-Fans fest, die sich mit dem Verstärkerentwickler von Thorens über seine neuen Monoblöcke TEM 3200 unterhalten, die wie auch die Plattenspieler selbigen Hauses im braven schwäbischen Malmsheim gefertigt werden.


mittelboard endstufe
Preußische Ordnung: Die feisten Versorgungs-Bauteile hat Thorens in den Keller der Monoblöcke gesteckt, der Röhren/Transistor- Musikverein residiert ganz oben in der Belle Etage.
© Julian Bauer

Im ersten Moment versteht der geneigte Zuhörer allerdings nur Bahnhof, weil nichts, aber auch gar nichts bekannten Konzepten gleicht. Das beginnt mit einem bei Endstufen ungewöhnlichen, eigens für Thorens optimierten, gekapselten Eingangsübertrager, der für die folgenden, zweigleisig ausgelegten Stufen  in jedem Ansteuerungsfall zwingend symmetrische Verhältnisse herstellt - und dies klangschonender als übliche elektronische Regelungen.

Blöhbaums Ansicht, dass für die Spannungsverstärkung wegen ihrer langhubigen Arbeitskennlinien nur Röhren in Frage kommen, ruft dann wieder ein zustimmendes Aufatmen hervor. Ebenso wie die Information, dass er in der Ausgangsstufe dann doch lieber Transistoren nimmt, weil sie habhaftere Ströme liefern können.

Doch dann geht der Sachse sofort wieder in die Vollen. Von wegen ECC 82 von irgendwoher, Folien-Koppelkondensatoren und derlei Spielkram.

E 6s3p-ev
Selten steile Typen: Die russische 6S3P-EV (Mitte) kam nur beim Radar zum Einsatz, die CV 6189 (links) diente beim englischen Militär. Einzig die EC 86 gab's zum (UHF-TV-)Hausgebrauch.
© Julian Bauer

Nein, die Eingangsröhren der beiden symmetrischen Verstärkerzüge mussten gut gelagerte EC 86 deutscher Fertigung sein, bei der sich dank Spanngittertechnik und engsten Abständen zwischen den Elektroden äußerste Rauscharmut und Impulsflinkheit paaren.

Diese Forderungen plus ein Quantum Leistung sollten auch die Röhren im Vorstufen-Ausgang erfüllen. Hier befand der Entwickler einzig russische, bis dato nur im Senderteil von Radargeräten eingesetzte Genossinnen mit dicken Glühkathoden und extra kernigem Anoden-Kühlblech für geeignet. Zwischen den Deutschen und den Russinnen fehlten jetzt noch willige Vermittlerinnen, wobei Thorens in königlich-englischen Breitbandpentoden namens CV 6189 (mit vergoldeten Pins und entsprechendem Sockel!) die ideale Kennlinien-Ergänzung fand.

Mit einer 08/15-Versorgung läuft dieses Extrem-Trio, von dem Thorens zwecks Produktion und Service gleich tausende  besorgte und auf Lager legte, allerdings längst nicht zu seiner Höchstform auf. Deswegen sorgt eine umfängliche, in insgesamt drei Modulen vergossene Servo-Elektronik für mikrogenaue Gittervorspannungen. Eine Schar Halbleiter erleichtert die Aussteuerung und den Energiefluss. Schließlich erlaubte die Festlegung bestimmter Grundpotentiale die direkte Verbindung der Röhren und den völligen Verzicht auf die sonst nötigen klangkritischen Koppelkondensatoren.

Abschirm Module
Gegen Spionage: Entscheidende Bauteile vergoss Entwickler Blöhbaum in "Abschirm"-Modulen.
© Julian Bauer

Darüber hinaus schaffte es Blöhbaum,  alle aktiven Verstärkungsbauteile so geschickt zu vernetzen, dass sich die Arbeitspunkte gegenseitig ausgleichen und dass es zur finalen Arbeits-Einstellung der Monoblöcke nichts weiter als den Dreh an einem einzigen Potentiometer  braucht.

Leider gibt es nun auch bei der Beschreibung  der Thorens-Ausgangsstufe keine rechte Erholung, wo die Versorgungsströme zweier ungewöhnlich dicker, von jeweils eigenen Riesen-Netzteilen gespeisten Industrietransistoren in einer exotischen Circlotron-Anordnung zirkulieren (Seite 13). Ein Vorteil leuchtet immerhin Technikern ein: Übliche Gegentaktverstärker brauchen elektronen- sowie komplementäre lochleitende Transistoren (sogenannte N- und P-Typen für die Plus- und Minus-Seite), wobei es beim Signal-übergang zwischen den nie ganz gleichen Brüdern zu Verzerrungen kommt. Im Circlotron dürfen dagegen gerne eineiige Zwillinge zum Einsatz kommen, mit entsprechend saubererem Hin und Her.

Bevor nun beispielsweise noch die zahlreichen Schutzschaltungen in den Fokus rücken, darf der HiFi-Fan aber endgültig meutern: "Himmel hilf, ich will jetzt wissen, ob das Ganze auch klingt!" Wobei stereoplay nun gerne die weitere Berichterstattung übernimmt. Vielleicht erst einmal mit dem im Hintergrund von Jack Johnsons "Banana Pancakes" vernehmbaren leicht dünnen Geriesel. Wer bis dato an irgendein Studio-Kunstgeräusch glaubte, hört nun via Thorens während eines intensiver vorgetragenen "Can't you see it's just raining?" - wahrlich ein natürliches Klatschen, Gluckern und Rinnen, Tropfen für Tropfen. Donnerwetter, da hat also doch jemand Mikrofone in den Regen gehalten.

Monobköcke
Alles im Fluss: Die Endstufen-Transistoren dürfen sich auf 135000 Mikrofarad Elko-Kapazität stützen. Das Mittel-Board dient der Röhrenversorgung.
© Julian Bauer

Diese Tatsache hält allerdings nicht groß auf, weil der von den Thorens eindringlicher denn je beschriebene, wonniglich-wiegende Gitarrenrhythmus sofort in wahre Musikparadiese führt: in gemütliche Ecken, in sonnige oder in völlig ungebrochene, galaktisch weite Räume, wo trotzdem nicht das geringste Wispern, nicht das feinste Klangsternchen, nicht der zarteste Farbtupfer untergeht.Obwohl von dem Thorens-Vortrag hin  und her gerissen, verging den Testern trotzdem ihre professionelle Bosheit nicht. Birelli Lagrene sollte es mit "Gipsy Project & Friends" (Dreyfus-Jazz-CD) richten und die Thorense wieder auf den Boden zu vergleichbaren Edelverstärkern herunterholen. Denkste! Während sich das Zingern zahlreicher Zigeunergitarren bei fast allen vermeintlich wahrheitsverpflichteten Amps mit Ausgangstransistoren auf eine Abbildungsfläche und dann zur Ohrenplage verdichtete, trat bei den TEM 3200 eine unerwartete Wendung ein. Sapperlott, das gibt's doch nicht!

Da lief doch eigentlich wieder "When Day Is Done". Statt zu zwicken, zielte der Titel aber im besten Sinne aufs Herz. Die Geigen-Melodiebögen nahmen nun plötzlich bewegte Lebendigkeit und süße Wehmut an. Das Begleitgeschrammel entschlüsselten die neuen Monoblöcke zu einer plastisch-luftigen Vielgestaltigkeit, zu einem Herrn und Gitarrenkorpus hier und zu einem anderen beschwingten Herrn dort. So erlaubten die TEM 3200 schließlich, sowohl in dem perfekten Zusammenspiel zu schwelgen als auch genüsslich zu verfolgen, wie jeder Musikant dabei seine eigenen pikanten Akzente setzt.Keine Frage, alle Tester befanden bald unisono, dass die Thorens-Amps völlig neue Maßstäbe in puncto Feindynamik und Räumlichkeit setzen. De facto wagten es auch nur noch die ebenfalls fantastischen McIntosh-Monoblöcke MC 501 AC (Test 11/05) gegen die neue, 2000 Euro teurere Konkurrenz aufzubegehren. Mit etwas lieblicheren Stimmen und etwas eleganteren Klavierläufen hielten die Amerikaner zunächst gut dagegen. Nachdem die TEM 3200 sowohl stereoplays Arbeits-Schallwandler (unter anderem von Sonics und Thiel) als etwa auch die neuen Isophon Cassiano (Seite 26) deutlich entschiedener dazu zwangen, ihre materielle Existenz und Gravität zu verleugnen, profilierten sich die Thorens-Blöcke dann doch als die noch erwachseneren Verstärker und als Sieger. Es geht doch! Deutschland ist Weltmeister.

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