Testbericht
M2Tech Joplin im Test
Über den nagelneuen M2Tech Joplin landen alte Analog-Schätze mit bis zu 384 kHz Abtastrate auf der Festplatte. Ein absoluter Overkill - oder bringt das tatsächlich etwas?
Man darf davon ausgehen, dass Janis Joplin die Namenspatin des nagelneuen Kistchens aus dem Hause M2Tech ist. Da die begnadete Musikerin von ihren engsten Freunden "Pearl" genannt wurde, liegt es auch nahe, den reinrassigen A/DWandler Joplin in seinem Alu-Kleid als Silber-Perle zu bezeichnen.
Der M2Tech Joplin ist vor allem für Musikfans interessant, die ihre geliebte Sammlung analoger Schätzchen für die digitale Welt fit machen (Stichwort: Streaming) - oder sie eben abspeichern wollen, falls mal etwas mit den Originalen passieren sollte.
Dabei ist klar: Auf den fetten, warmen, dynamischen, irgendwie süchtig machenden Klang will man bei aller digitalen Bequemlichkeit auf keinen Fall verzichten. Genau hier klinkt sich der Konverter von M2Tech ein. Mit vielen technischen Finessen im Gepäck will er - um es mit Janis zu sagen - der "Mercedes Benz" unter den A/D-Konvertern sein.
Die klanglichen Vorteile von Analog-Medien verspricht er in digitaler Form zu konservieren. Dabei ist der Joplin nicht auf eine Quelle beschränkt: Ob ultra-audiophile Magnetbänder, einfache Analog-Kassetten, unsichtbarer FM-Äther oder die geliebten Schallplatten - der M2Tech versteht sich auch dank integrierter Phonovorstufe (für MM und MC) mit allen prächtig.
Digital-Ausgänge besitzt das Gerät an seinem gebürsteten Alu-Gehäuse en masse: von S/P-DIF (optisch und koaxial) bis hin zu USB. Ja, sogar einen eher in der Studiowelt beheimateten AES/EBU-Out hat der Joplin an Bord. Im Vergleich mit der Anschlussvielfalt bei den Ausgängen geht es auf der analogen Eingangsseite mit nur einem Paar Cinch-Buchsen übersichtlicher zu. Doch "nur" ist hier relativ, denn gerade für den filigranen Job der Konvertierung ist ein extrem guter Input sinnvoller als viele mittelprächtige: Qualität statt Quantität. Interessanterweise findet sich auch ein S/P-DIF-Eingang auf dem Anschlussfeld; so dürfen sich digitale Zuspieler mit passendem Ausgang ebenfalls auf der Festplatte verewigen.
Das Herz am rechten Fleck
Die Konzentration auf Qualität erkennt man auch am Innenleben des Joplin: Seine absolut logisch aufgebaute Platine ist nur mit bester Technikkost gespickt. So sitzen direkt hinter dem Eingang vier riesige 10µF-Folienkondensatoren (zwei für jeden Kanal) des Typs MKP4 von WIMA. Der größte Vorteil des MKP4 ist seine geringe dielektrische Absorption - das bedeutet übersetzt, dass keine Spannungsbeziehungsweise Klangverluste entstehen. Konsequent nutzt M2Tech übrigens auch für alle anderen Kondensatoren Modelle von WIMA.
Ratgeber: Welcher Lautsprecher passt wann?
Direkt hinter den MKPs sitzen zwei Burr-Brown PGA 2500i - sehr rauscharme, digital steuerbare Mikrofon- Vorverstärkerchips, die auch mit den Ausgangssignalen eines MC-Systems keine Probleme haben und die zur präzisen Aussteuerung des A/D-Wandlers eine Gain- Anpassung in 0,5-dB-Schritten erlauben.
Dann folgt das eigentliche Herzstück des Joplin, ein moderner Wandlerchip aus der Sabre-Serie von ESS (ES9102CS). Das Besondere an diesem Wandler ist seine Fähigkeit, nicht nur intern mit einer Wortlänge von 32 Bit zu arbeiten, sondern diese tatsächlich auszugeben.
So kommt über USB ein Signal mit einer Abtastrate von maximal 384 kHz bei 32 Bit heraus. Eine 60-Minuten-CD in dieser Auflösung würde rund 10 GB beanspruchen. Die anderen digitalen Ausgänge wie S/P-DIF oder AES lassen sich technisch nicht ganz so weit ausreizen und gestatten "nur" eine Signalgüte von 192 kHz bei 24 Bit.
Ausgefiltert
Gleichzeitig beherrscht der Sabre-Chip im Joplin mehrere Filter-Einstellungen, um den Frequenzgang zu verändern - angefangen mit einem Hoch- und einem Tiefpass-Filter, die auf den ersten Blick völlig banal wirken, aber in Wirklichkeit notwendige Tools sind. Denn mit jeweils zwei Frequenz-Stellungen (16 Hz/50 Hz und 5 kHz/10 kHz) kann man nicht nur DC-Brummen oder Plattenresonanzen den Garaus machen, sondern auch Rauschen entfernen, das gerne bei älteren Scheiben mit 78 Umdrehungen auftritt.
Richtig interessant wird's aber bei den 23 (!) EQ-Einstellungen für die Frequenz-Entzerrung von Vinyl. Bis vor 50 Jahren gab es neben dem heute als Standard geltenden RIAA noch von jeder größeren Plattenfirma eine eigene Filterkurve für die Vinyl-Entzerrung. Um nun mit dem M2Tech Joplin ein perfektes Abbild der Schallplatte aufnehmen zu können, muss sich der Konverter logischerweise diesem Chaos anpassen können. Und so finden sich eben unter seinen 23 Entzerrungs-Filtern neben bekannteren Namen wie RIAA, Decca, Philips, Victor oder Columbia auch weniger populäre wie L'Oiseau-Lyre oder Brunswick.
Ratgeber: Bi- und Tri-Amping in der Praxis
Als ob das nicht schon großartig genug wäre, sind auch noch vier Filter für Bandmaschinen abrufbar - zwei für NAB und zwei für CCIR/IEC (jeweils für 3,75 ips und 7,5 ips). Denn ähnlich wie bei Vinyl hatten einige Labels auch ihre Bänder mit einer Kennlinie versehen. Die Bandmaschinen von früher korrigierten diese mit einer entsprechenden Filtereinstellung. Und genau diese Entzerrung übernehmen die Filter des Joplin.
Das Sahnehäubchen auf dieser jetzt schon beeindruckenden Torte ist ein MPX-Filter für Radioanwendungen. Bei der Signalübertragung von FM-Wellen wird ein 19-kHz-Pilot-Ton dem Monosignal aufgesetzt, woraus der Tuner mittles seines eigenen MPX-Filters das tatsächliche Stereo-Signal errechnet. Und genau hier liegt der Knackpunkt: Denn falls noch Pilotton-Reste im Signal vorhanden sind, entstehen hörbare Intermodulations- Verzerrungen, die anders als beim 16 kHz-begrenzten FM-Tuner über den Joplin auch auf der Festplatte landen würden. Damit also das Aufnahme- Signal auch wirklich sauber ist, besitzt der M2Tech einen eigenen MPX-Filter.
Volle Dynamik, viel Klang
Bei so vielen Funktionen juckte es die Tester natürlich schnell in den Fingern. Der Anschluss am Mac klappte spielend - einstöpseln, auswählen, fertig (ein PC benötigt Treiber, die M2Tech bereitstellt). Schade nur, das der italienische Hersteller keine 384-kHz-fähige Aufnahme- Software mitliefert. Fündig wird man nach langer Suche bei Programmen, die aus der Studiowelt stammen - und selbst dort nur bei den allerneuesten.
Wer jedoch ohnehin nicht mit einer so hohen Auflösung aufnehmen will (vielleicht, weil der eigene DAC diese gar nicht unterstützt), kann genauso gut zu Audacity greifen. Das gestattet in der aktuellsten Version immerhin Aufnahmen von 192 kHz und ist umsonst.
Hörtest
Um mit all den Filtern herumzuspielen, kam eine alte Klassik-Aufnahme vom Decca-Label gerade recht. Mit dem Filter-Setting des Joplin hörte sich diese Scheibe als Digitalversion genauso gut an wie das Original. Selbst eine Bandaufnahme von den Doors, die mit 7,5 ips auf einer alten Fostex lief, landete problemlos auf der Harddisk und klang wie erwartet.
Nach etlichen Stunden ging es dann ans Eingemachte: Der Redaktionsliebling "Moanin" von Art Blakey and the Jazzmessengers landete in den verschiedenen Sampling-Frequenzen auf dem Computer. Tatsächlich hörten die Tester ab 192 kHz/24 Bit keine Unterschiede mehr. Doch um das volle Potenzial dieser unfassbar dynamischen Aufnahme zu konservieren, konnten 384 kHz natürlich nicht schaden. Denn allerspätestens dann verzauberte diese über 60 Jahre alte Aufnahme von der Fest- wie auch von der Vinyl-Platte.
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