HiFi-Kette

Linn Akurate Exakt & Akudorik im Test

7.1.2015 von Bernhard Rietschel

Volldigitaler Player-Preamp, Vierwege-Kompaktlautsprecher, Boxenständer mit Software-Updatefähigkeit und kein einziges HiFi-Kabel in der ganzen Kette - diese Anlage lässt High End extrem alt aussehen.

ca. 5:30 Min
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Testbericht
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Linn Akurate Exakt & Akudorik
Linn Akurate Exakt & Akudorik
© Julian Bauer

Pro

  • geschmeidiger, ultrapräziser Klang
  • erstklassiges Phonoteil

Contra

  • keine Kopfhörer oder KH-Verstärker anschließbar

Fazit

Preis- und größenunabhängig gehört die Akudorik-Kette zu den besten Anlagen, die ich je gehört habe. Die ganzheitliche, in jeder Etappe des Signalwegs auf Verlust- und Fehlerfreiheit optimierte Herangehensweise des Exakt-Systems zeigt hier ihre Stärken in fast schon arroganter Deutlichkeit. Für sehr große Räume noch geeigneter ist das Standboxen-Pendant dieser Kette - das es übrigens als Hauptpreis in unserer Leserwahl zu gewinnen gibt.


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Wie viele tiefgreifende Veränderungen können auch die EXAKT-Komponenten von Linn zunächst Verwirrung und Verunsicherung erzeugen. Der erfahrene Audiophile spürt, wie sich alte, vertraute Begriffe und technische Rollenmodelle um ihn herum aufzulösen beginnen: Ist die Linn Akudorik noch eine Aktivbox oder schon etwas ganz Anderes? Kann man den Akurate Exakt DSM noch als Vorverstärker bezeichnen, wo er doch eigentlich gar nicht mehr verstärkt, außer in seinem integrierten Phonoteil? Oder ist der Akurate eigentlich ein Player, dessen D/A-Wandlung jedoch im Lautsprecher stattfindet?

Mit EXAKT löst Linn die traditionellen Grenzen zwischen den einzelnen Geräten auf. In der getesteten Anlage etwa verschmelzen Player und Vorverstärker zu einem neuen Gerät namens Akurate Exakt DSM, das in Funktion und Qualität dem bisherigen Streamer-Preamp Akurate DSM entspricht, aber keine analogen Pre-Outs mehr hat. Dafür aber ein Quartett sogenannter Exakt-Links: ultrapräzise, von Linn entwickelte Digitalschnittstellen, die nanosekundengenau, zitter- und latenzfrei Musiksignale über ein hundsgewöhnliches CAT5-Netzwerkkabel beliebiger Länge schicken.

Ihr Ziel ist kein normaler D/A-Wandler, sondern ein "Exakt Engine" getaufter Hochleistungs-Signalrechner, der unter anderem als digitale Frequenzweiche, Raumkorrektur, Lautstärkeregler und Mehrwege-DAC dient. Es fehlen danach nur noch Endstufen in ausreichender Zahl, um jedes Chassis eines Mehrwegelautsprechers separat mit einem jeweils maßgeschneiderten Signal anzutreiben. Exakt-Systeme sind also immer vollaktiv, Engine und Amps müsssen aber nicht im Lautsprecher eingebaut sein, sondern können auch separat stehen. Für letzteren Fall bekommt das Exakt Engine ein eigenes Gehäuse mit zehn unabhängigen Ausgängen, ausreichend also zur Aktivierung von bis zu zweimal fünf Wegen.

Linn Akurate Exakt
Das Anschlussfeld des Exakt DSM trägt zwar analoge Eingänge, hinaus geht es aber nur über vier Exakt-Link-Schnittstellen. Für 2000 Euro mehr gibt es das Gerät als Akurate DSM mit zusätzlichen Analogausgängen
© Linn

Nicht nur für Linn-Speaker

Das Exakt Engine lässt sich für jeden beliebigen Lautsprecher programmieren, auch für Linn-fremde Modelle, und sogar für ursprünglich passiv konstruierte Boxen - bei denen die Originalweiche mit einem kleinen, reversiblen Eingriff umgangen wird. AUDIO-Redakteur Alexandros Mitropoulos jettete für eine der ersten Exakt-Vorführungen an Fremdboxen - in dem Fall mehrere B&W-Topmodelle - eigens nach Glasgow und kehrte tief beeindruckt zurück: Der Gewinn an Durchhörbarkeit und Dynamik war drastisch, ohne dass sich der tonale Charakter der hochgeschätzten Bowers-Speaker änderte.

Bleibt zu hoffen, dass möglichst schnell möglichst viele Lautsprecher unterstützt werden - allzu rasant wird es nicht gehen, weil jeder Filter- und Korrekturdatensatz von den Linngenieuren programmiert und getestet werden muss, und weil man sich zunächst natürlich auf die eigenen Modelle der letzten Jahrzehnte konzentriert. So bekommen sogar Besitzer alter Isobarik, Keltik, Kaber oder Trikan noch die Möglichkeit, ihre geliebten Boxen in einer zweiten Blüte neu zu genießen.

Linn Akudorik
Musik, Steuerung, Settings und Updates bekommt der Dorik Stand über Exakt Link.
© Linn

Vier Wege für ein Halleluja

In unserer Kette spielte die brandneue Akudorik, eine Kompaktbox mit sage und schreibe vier Wegen: Mittel-, Hoch- und Superhochtöner, allesamt in Kalottenbauweise, sitzen eng aneinander geschmiegt als "3K-Array" auf einem eleganten, akustisch nahezu unsichtbaren Aluträger, darunter sitzt ein 16er Bass mit Polymermembran.

Für aktiven Betrieb braucht die Akudorik also das Exakt Engine plus jeweils vier Endstufen-Kanäle - zu viel Material, um es in oder an das kleine Gehäuse bauen zu können. Stattdessen haben sich die Entwickler den Dorik Stand ausgedacht, einen bildschönen Boxenfuß aus Aluprofilen und massivem Guss, in dem die gesamte Exakt-Elektronik, also Engine samt Endstufen, an einem weich schwingenden Subchassis hängt.

Akudorik und Dorik werden fest miteinander verschraubt, ein spezieller Achtpol-Stecker am Boxenboden stellt die elektrische Verbindung her. All das macht zuhause natürlich der Linn-Händler, der im nächsten Schritt dann die Boxen und den Akurate Exakt DSM mit Strom versorgt und zwischen deren Exakt-Link-Buchsen CAT5-Kabel passender Länge verlegt. Ob diese Kabel 1.000 oder 1 Euro gekostet haben, ob sie 2 oder 20 Meter lang sind und ob sie dabei um eine oder 100 Ecken verlegt werden müssen, ist dabei vollkommen egal.

Entwickler Philip Budd, der unsere Akudorik aus Glasgow nach Stuttgart brachte und installierte, griff willkürlich zu den nächstbesten Strippen, die im Hörraum herumlagen und würdigte das Thema fürderhin keines einzigen Wortes. Exakt Link funktioniert sicher auch mit High-End-Kabeln, die dann aber hauptsächlich ästhetische Vorteile bringen.

Linn Exakt Konfig
Das Exakt Engine lädt sich alle Daten der zugeordneten Box über Konfig vom Linn-Server herunter.
© Archiv

EXAKT passt sich an

Ist alles verstöpselt und der DSM mit dem Heimnetzwerk verbunden, fragt das Setup-Programm "Konfig" zunächst nach Modell und Seriennummer der verwendeten Boxen und lädt anschließend die Datensätze für exakt dieses Paar herunter. Denn bei der Herstellung wird tatsächlich jeder verbaute Treiber einzeln vermessen und dessen Eigenschaften archiviert.

Sollte einmal ein Ersatztreiber nötig sein, wird auch dieser vermessen und der Datensatz entsprechend aktualisiert. So ist garantiert, dass ungeachtet der unvermeidlichen Chassis-Toleranzen jede Akudorik genau so klingt wie das "goldene" Entwicklungsmuster.

Nun folgt, wenn gewünscht, die Anpassung an den Hörraum. Und zwar auf unkonventionelle Weise: Statt mit Messmikrofonen und Rauschsignalen herumzufuhrwerken, baut der Spezialist die Lautsprecher zunächst so auf, dass sie mit Musik optimal klingen. Dabei nimmt er keine Rücksicht darauf, ob die Speaker an der optimalen Stelle stehenbleiben können oder nicht.

Diese Position wird, zusammen mit den Raumabmessungen, ins Konfig eingegeben. Dann können die Boxen dahin wandern, wo sie der Hausherr gerne stehen hätte. Konfig errechnet automatisch Korrekturwerte, die einerseits raumakustische Grundprobleme berücksichtigen, andererseits die reale, nicht-ideale Aufstellung kompensieren.

Diese Anpassungs-Optionen, die zudem ständig weiterentwickelt werden, sollen auch in weniger idealen Bedingungen möglichst viel von dem unglaublich natürlichen, lebendigen Klang garantieren, den wir im akustisch perfekten AUDIO-Hörraum erlebten.

Linn Akurate Exakt
Zwei hochverdichtete Hauptplatinen tragen die komplexe Schaltung des Akurate Exakt DSM. Am linken Rand das exzellente, MM- und MC-taugliche Phonoboard, ganz rechts das gekapselte Schaltnetzteil.
© Julian Bauer

Hörtest

Es war einer jener Hörtests, die viel länger dauerten als geplant, weil man eine Platte nach der anderen aus dem Server fischte und jede, ausnahmslos jede vom ersten Takt weg klarer, präsenter, anders, aber stets besser klang, als wir sie in Erinnerung hatten.

Tonal absolut neutral, in Dynamik und Bandbreite selbst in unserem extrem energieschluckenden Hörraum durch nichts zu erschüttern, lenkte die Akudorik unsere Aufmerksamkeit schnell weg von banalen HiFi-Sorgen und hin zu den Reizen jeder einzelnen Aufnahme:

Zum knochentrocken und monolithisch schnörkellos von Steve Albini eingefangenen Goth-Rock der neuen Esben And The Witch etwa ("A New Nature", Nostromo Records), zum zärtlich-nah mikrofonierten Gesang von Claudia Göhler (Talking to Turtles - "Split"), den die Linns wie eine große, warme Stimm-Kugel direkt vor den Hörer projizierten, um David Gilmour auf dem letzten Track von Pink Floyds "Division Bell" dann wieder in ein Klangdiorama zu versetzen, das bis weit nach hinten ins benachbarte Boxenlager zu reichen schien.

Und das alles mit einer mühelosen Genauigkeit bis zum letzten Grashalm durchgezeichnet, die passive - und die meisten aktiven - Systeme nicht mal im Ansatz hinbekommen.

 

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