Testbericht

Lautsprecher Tannoy Westminster SE

15.6.2007 von Redaktion connect und Holger Biermann

Sie ist eine der größten, eigenwilligsten und beeindruckendsten Lautsprecherboxen der stereoplay-Testgeschichte. Dabei ist sie schon 25 Jahre alt. Eine Hommage an die einzigartige Tannoy Westminster, hier in der neuesten SE-Version für 28000 Euro das Paar.

ca. 2:55 Min
Testbericht
  1. Lautsprecher Tannoy Westminster SE
  2. Datenblatt
Tannoy Westminster SE
Tannoy Westminster SE
© Archiv
Tannoys Prestige-Serie ist eh eine Marke für sich: Mit diesen Formen (mehr breit als tief), dem Nussbaum-geschwängerten Kolonial-Design und ihren robusten Koaxialtreibern, die ganz offensichtlich aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts stammen, sind sie ein markanter Gegenentwurf zu modern-eleganten Designboxen a la Piega, B&O & Co. Die Tannoy Westminster allerdings setzt dem allem noch die Krone auf.

der 15-Zoll Koax der Westminster
15-Zoll-Koax nach alter Väter Sitte: leichte Papiermembran mit royalem Siegel (!), harter Membranaufhängung und Alnico-Magnet. Neu sind die Membran-Versteifungen (Pfeile), die Partialschwingungen dämpfen.
© Julian Bauer

Hier überwältigt allein schon die Größe: Mit ihren Abmessungen von fast 140 Zentimeter Höhe, 57 cm Tiefe und 98 cm Breite (und 138 Kilogramm Gewicht pro Stück!) lässt sie das mächtige 15-Zoll-Koax-Chassis auf ihrer Front schon fast lächerlich klein erscheinen. Die Frage nach dem Warum dieser Größe ist schnell beantwortet: Die Westminster ist ein Vollbereichshorn - zu erkennen auch an dem Trichter vor dem Koax - , und vor allem Basshörner sind nun einmal sehr sehr groß.

Die Westminster kam 1982 auf den Markt und durchlebte seitdem drei Verbesserungsstufen. Die vierte, die hier getestete SE-Version, zeichnet sich vor allem durch eine komplett neue Frequenzweiche mit höchst anspruchsvollen Kondensatoren von Hovland und ICW sowie einer Reinkupferverkabelung aus. Aber auch das Basshorn wurde feinfühlig optimiert. Die Wirkung dieses gefalteten Trichters (Aufbau siehe übernächste Seite) lässt sich am Frequenzgang gut ablesen: Zwischen 70 und 300 Hertz sorgt er für viel Energie. Die kleine Senke um 150 Hertz und der frühe Bassabfall werden durch die Aufstellung in Nähe einer (bitteschön festen!) Rückwand aufgefüttert.

Das Basshorn-Schema der Westminster
Kunstwerk Basshorn: Über ein System komplexer Faltungen bekommt das "backloaded" Horn der Westminster eine Länge, die die Bässe im Bereich von etwa 70 bis 300 Hertz verstärkt. Die Austrittsöffnungen sind die Schlitze links und rechts des Treibers.
© Julian Bauer

Frequenzen oberhalb 300 Hertz haben im Basshorn nichts verloren und würden zu nasalen Mitten führen. Sie werden über die optimierte Form der SE-Druckkammer noch besser eliminiert. Für eine Schalldruck-Anpassung des Grundtonbereichs und der unteren Mitten an den Bass sorgt das Kurzhorn vor dem Koax. Ab etwa 1500 Hertz übernimmt dann das Hochtonhorn, das in die Mitte des Tieftöners implantiert wurde.

Über das Konzept der Tannoy-Koaxe wurde auch schon in stereoplay oft geschrieben. Zur Erinnerung: Das breitbandige Hochtonhorn hat eine spezielle Führung, die den Schall an der Mundöffnung bündelt, damit das Hochtonsignal von der schwingenden Bassmembran möglichst wenig moduliert wird. Denn diese Modulation ist eines der größten Probleme bei der Konstruktion von Koax-Systemen.

Leichte Bassmembran plus Horn lassen einen hohen Wirkungsgrad der Gesamtkonstruktion vermuten. Tatsächlich: Fast 92 Dezibel laut tönte der Gong der Westminster SE. Und da sie auch noch mit einer weitgehend stabilen Impedanz aufwartete, schrie das geradezu nach einer Kombination mit feinster Röhrenelektronik. Ergo starteten wir den Hörtest mit Trioden, und zwar den neuesten Varianten der KR Double Kronzilla, Röhren-Referenz seit stereoplay 10/02. So viel Zuwendung quittierte die Westminster SE mit schönen Mitten und einer tollen, ausdrucksstarken Stimmenwiedergabe. Klasse, aber ganz zufrieden waren wir noch nicht. Mit diesem Lautsprecher will man LAUT hören, und dafür braucht selbst dieser Wirkungsgrad-Gigant Leistung weit jenseits der 100-Watt-Grenze. Also doch wieder die Transistor-Referenz Thorens TEM 3200. Ja, das war's! Bässe wie aus dem Lehrbuch und eine Dynamik, die schwindelig macht. Noch nie erlebten wir den schraddeligen Sound von Neil Young ("Are You Passionate?") so glaubhaft rau: Die Snare-Drum kam mit einer Energie, als explodiere sie förmlich. Es ist erstaunlich, wie "echt" wirklich dynamische Lautsprecher klingen können.

Front der Westminster
Über die beiden Schraubkontakte lassen sich Präsenzbereich und Hochton feinfühlig auf die Raumakustik (oder den persönlichen Geschmack) einstellen. Obligatorisch & skurril: Die Schallwandabdeckung wird per Schlüssel und Schloss (Pfeil) arretiert.
© Julian Bauer

Anfänglich glaubt man manchmal die Papiermembran zu hören (was sich aber nach kurzer Zeit gibt), ab und zu wünscht man sich ein bisschen mehr Feinauflösung in den Mitten oder im Höchsttonbereich. Ansonsten bietet die Westminster SE fast alles. Mit ihrer Impulsivität und der punktförmigen Abstrahlung beherrscht sie auch Zwischentöne genau: Selbst zarte Phasenverschiebungen demaskierte sie spielerisch. Und waren einzelne Instrumente von den Tonmeistern zu zaghaft aufgenommen, klangen sie hier gleich doppelt kraftlos. Und die Abbildung des Monstrums? Die ist nüchtern und nicht sehr tief, aber verblüffend genau. Damit ist die Westminster SE eben nicht nur ein Spaßmacher erster Güte, sondern auch noch ein äußerst präziser Monitor. Der Kommentar von Johannes Maier, als Entdecker der psychoakustisch besten Verteilung von Oberwellen quasi Kontrollohr der Redaktion: "Gegen diese Westminster sind alle anderen Boxen Spielzeug."

Tannoy Westminster SE

Tannoy Westminster SE
Hersteller Tannoy
Preis 28000.00 €
Wertung 63.0 Punkte
Testverfahren 1.0

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