Testbericht

Lautsprecher Focal Grande Utopia EM

22.7.2009 von Redaktion connect und Wolfram Eifert

Die Grande Utopia (130000 Euro das Paar) ist einer der aufwendigsten und klangbesten Schallstrahler aller Zeiten. Und einer der flexibelsten obendrein.

ca. 4:10 Min
Testbericht
  1. Lautsprecher Focal Grande Utopia EM
  2. stereoplay Interview mit Dominic Baker
  3. stereoplay - Technik im Detail: Flexibilität ist bei der Grande Utopia EM Trumpf
  4. Datenblatt
Lautsprecher Focal Grande Utopia EM
Lautsprecher Focal Grande Utopia EM
© Archiv

Eine Begegnung mit Focals neuem Flaggschiff Grande Utopia EM ist ein wahrhaft prägendes Erlebnis. Klanglich sowieso (davon später mehr), aber auch haptisch und visuell. Der über eine viertel Tonne schwere und gut 2 Meter hohe Millionärstraum aus Holz, Klavierlack und kompromissloser Technik dürfte selbst ausgebuffte Wertigkeitsfanatiker zufriedenstellen.


Lautsprecher Focal Grande Utopia EM
Mit gut zwei Meter Höhe ist die Grande auch in großen Räumen nicht zu übersehen.
© Julian Bauer

Was der französische Hersteller an fühl- und sichtbarer Perfektion auf die mit Schwerlastrollen bestückte Bodenplatte stellt, grenzt schon an Zauberei. Allein der Aufbau und die neuen Möglichkeiten der Raumanpassung (siehe Beitrag "stereoplay - Technik im Detail: Flexibilität ist Trumpf") sind für Liebhaber ein Hochgenuss, den man nur ungern Fremden überlässt.

Doch nicht nur die Verarbeitung ist perfekter denn je, auch technisch-akustisch hat Focal sich für die dritte Generation eine Menge einfallen lassen. Waren die Vorgänger der Jahre 1995 und 2003 noch vergleichsweise schlichte Plug-and-play-Boxen, an denen es abgesehen von Bi-Wiring und Bi-Amping klanglich nichts zu justieren gab, so zeigt sich die neue Grande EM von geradezu verschwenderischer Flexibilität.

Sogar die Krümmung der Boxenfront ist neuerdings einstellbar. Mit Hilfe einer Kurbel und eines mechanischen Zählwerks lassen sich die oberen Gehäuseteile gradgenau neigen. Bei einem Schallwandler mit einem akustischen Zentrum deutlich oberhalb der Ohrhöhe und bauartbedingt (zwei symmetrisch angeordnete Mitteltöner) ausgeprägter Bündelung in der Vertikalen ist dies eine absolut sinnvolle Einrichtung. So lässt sich das Abstrahlverhalten unterschiedlichen Hörentfernungen anpassen, die bei einer Box dieses Kalibers je nach Raumgröße und Deckenhöhe zwischen mindestens drei und maximal zehn Meter liegen.

Lautsprecher Focal Grande Utopia EM
Unter der roten Abdeckung des Tieftöners sitzt eine riesige Kupferspule.
© Julian Bauer

Hinter einer sich gedämpft öffnenden Klappe an der Rückseite ist in bequemer Höhe eine kleine Schatzkammer versteckt, die jeden versierten Klangtüftler in helle Begeisterung versetzen dürfte. Darin finden sich fünf Steckbrücken mit jeweils drei Positionen, die vielfältigste Eingriffe in die tonale Balance gestatten und der Grande damit eine Anpassungsfähigkeit verleihen, wie sie sonst nur ausgefeilten Aktivboxen gelingt.

Die neuen Tieftöner sind mit einem irrsinnig starken Elektromagneten ausgestattet, der den Luftspalt mit nahezu der doppelten magnetischen Feldstärke flutet, die der konventionell angetriebene Vorgänger zu Wege brachte. Die gewaltigen Kräfte und eine darauf abgestimmte Mechanik befähigen die Grande EM zu traumhaften Eckdaten.

Das Messlabor ermittelte eine Grenzfrequenz von 14 (!) Hertz bei einer Empfindlichkeit nahe 90 Dezibel bei 2 Volt, in der Kombination absolute Rekordwerte. Trotz ihrer immensen Übertragungsbandbreite ist die Grande ungewöhnlich wattgenügsam und daher prinzipiell auch für Röhrenverstärker der 30-Watt-Liga geeignet.

Lautsprecher Focal Grande Utopia EM
Die Kupferspule erzeugt über ein externes Netzteil ein gigantisches Magnetfeld. Dessen Kraft ist sechsstufig regelbar, so auch der Basspegel.
© Julian Bauer

Das Magnetfeld ist in sechs Stufen veränderbar, der Bassbereich somit in seiner Lautstärke relativ zum Rest variabel. Zusammen mit den Steckbrücken ergeben sich rein rechnerisch sagenhafte 1458 Kombinationsmöglichkeiten. Da sage noch einer, Passivboxen wären unflexibel. Die neue Grande ist das glatte Gegenteil.

Die dreiteilige Frequenzweiche ist mit erlesenen Bauteilen bestückt, alle Treiber wie gehabt "Made in France". Die anerkannt erstklassigen Sandwich-Membranen der Konustreiber mit härtenden Glaskügelchen und dämpfenden Schaumanteilen sind nunmehr lasergeschnitten und daher noch toleranzärmer, die Gehäuse dank ausgefeilter Simulationen bei einem externen Spezialisten nochmals steifer und klangneutraler.

Dem legendären, für seine überragende Klangdefinition gerühmten Beryllium-Hochtöner konnten die Entwickler weitere Feinheiten abringen. So sank die Eigenresonanz auf weniger als die Hälfte, ganz im Sinne einer nochmals homogeneren Anbindung an die beiden parallelgeschalteten Mitteltöner.

Die Messlatte lag extrem hoch, als die Testmuster in der Redaktion eintrafen, auch weil es sich um jene Exemplare handelt, die kurz nach Erscheinen des Heftes den Weg zur High End nach München antreten sollen, um dort die diesjährige Vorführung der Redakteure mit Leben zu erfüllen. Die Anspannung wich allerdings schon nach kurzer Zeit, denn es wurde schnell klar, dass die große Focal diese Aufgabe sozusagen mit links erfüllen würde.

Lautsprecher Focal Grande Utopia EM
Dank zahlreicher Modifikationen tönt der edle Beryllium-Hochtöner nun noch feiner und natürlicher.
© Julian Bauer

Die anfänglich fabrikfrischen Boliden durften sich einige Tage und Nächte einspielen und wurden von Stunde zu Stunde besser. Die einzigartigen Basstreiber schufen die Basis für ein Feuerwerk aus größtmöglicher Leidenschaft. So gelang es der großen Focal, Klangbilder aller Art mit jener unnachahmlichen Autorität auszustatten, die sonst nur Ketten mit Subwoofern der Referenzklasse gelingt.

Diese geradezu überirdische Souveränität besaß einen ganz speziellen Reiz, wie ihn auf visuelle Zurückhaltung gezüchtete Normalo-Boxen vermutlich nie zu Wege bringen.

Während Bass und Grundton bei der nicht justierbaren Vorgänger-Grande bisweilen fast schon zu dominant daherkamen, glänzte die Neue trotz ihrer nochmals größeren Bandbreite mit einer bei Boxen dieses Kalibers bis dato nicht für möglich gehaltenen Homogenität.

So gab es bei der neuen Grande keine Spur von tieffrequentem Hinterherhinken, keine Rauschebärte bei Jungtenören und keine zu Kontrabässen aufgedickten Bratschen, nur weil das Impulsverhalten bei Vierwegeboxen traditionell extrem schwer zu beherrschen ist.

Im akustisch vorteilhaften Hörraum der Tester waren es wie so oft die linearen Einstellungen, die den stimmigsten und rundesten Eindruck ergaben. Dennoch war es faszinierend zu hören, wie sich das Klanggefüge veränderte, wenn die Tester an der Versorgungseinheit der Basseinheit drehten oder über eine der Steckbrücken versuchten, das eine oder andere zusätzliche Klangdetail zu heben.

Lautsprecher Focal Grande Utopia EM
Eine Handkurbel dient der Ausrichtung des Kopfteils im Hinblick auf Sitzposition und Hörentfernung.
© Julian Bauer

Die räumliche Darstellung war deutlich weniger ausufernd als bei Boliden dieses Kalibers zu befürchten, wenn auch nicht ganz so plastisch und millimetergenau wie bei hochentwickelten Punktstrahlern. Bei ausreichend großer Hörentferung (4 Meter sollten Grande-Eigner als Mindestabstand vorsehen) war die Abbildung in keinster Weise diffus oder gar übertrieben großflächig.

Mangels preislich vergleichbarer Sparringspartner im Passivboxenlager musste die amtierende Referenz gegen die Grande antreten, die V 3 von Magico (stereoplay 6/2008), für vergleichsweise schnäppchenhafte 28_900 Euro.

Die um ein Vielfaches kleinere Magico mochte bei moderaten Pegeln natürlicher und raumgenauer tönen, hatte aber letztlich der epochalen Klangfülle und feurigen Souveränität der Grande wenig entgegen zu setzen. Bleiben für die Geschichtsbücher zwei Dinge: Die Grande Utopia EM ist der vermutlich feinfühligste und flexibelste Boxenelefant aller Zeiten. Und stereoplay hat eine neue Passivreferenz. Grand(e)ios!

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