Testbericht
Lautsprecher Audio Physic Avanti 5
In der Avanti 5 für 10000 Euro das Paar reaktiviert Audio Physic einen Treibertyp aus der HiFi-Gründerzeit, einen Konushochtöner. Doch gerade der sorgt für einen zukunftsweisend entspannten Klang.
- Lautsprecher Audio Physic Avanti 5
- Interview mit Audio-Physic-Entwickler Manfred Diestertich
- Datenblatt
Bei HiFi-Journalisten ist Manfred Diestertich ein gern gesehener Gast. Gleich, ob in den vielen Jahren bei IQ oder nun bei Audio Physic, ist der passionierte Highender und Querdenker stets ein Quell neuer Ideen und Ansätze für den noch besseren Klang. Mal erfindet er die SSC-Entkopplung (String Suspension Concept), ein anderes Mal den wohl weltbesten Mittelhochton-Koax - zu finden im Audio-Physic-Flaggschiff Kronos. Kurz: Diestertich'sche Lautsprecher sind immer etwas Besonderes.
Die neue Avanti 5 macht da keine Ausnahme und bietet jede Menge highendige Leckerbissen. Zum Beispiel das anspruchsvolle Gehäuse, das der dänische Spezialist Hornslet in höchst raffinierter Hornflex-Technik aufbaut.
Dabei werden MDF-Feinspanplatten mit Längsfräsungen versehen, sodass man sie problemlos biegen kann - siehe unten. Die finale Gehäusekonstruktion ist ein an vielen Stellen versteiftes Gebilde, das viel mehr ist als nur der notwendige Kasten um die Chassis. Diestertich: "Das Gehäuse trägt wesentlich zum Klang des Lautsprechers bei und wird zukünftig noch viel mehr in die Entwicklung mit einfließen." Die moderne Simulations-Software macht's möglich. Trotzdem ging der Entstehung des Gehäuses ein mühseliger Hör- und Entwicklungsprozess voraus, weshalb die Avanti 5 länger auf sich warten ließ als gedacht und der frühere Testtermin bis zu diesem Heft verschoben werden musste.
Hier zeigen sich die Schattenseiten des Besonderen: Sogar die Gehäuseprofis von Hornslet können - trotz CNC- und CAD-Bestausstattung - ein solch komplexes Werk nicht über Nacht in Perfektion entwickeln. Auch der Hochtöner brauchte lange von der Diestertich'schen Idee bis zur perfekten Umsetzung vom norwegischen Edelzulieferer Seas. Und damit sind wir schon bei der Bestückung der neuen Avanti: Jede Box besitzt vier Bässe (zwei rechts, zwei links), zwei Mittel- und einen Hochtöner. Alle sieben sind Konus-Treiber mit Aluminium-Membranen. Es geht dabei um Homogenität. Unter Profis hat sich längst die Erkenntnis breit gemacht, dass Chassis mit gleichen Membranmaterialien besonders gut zusammenspielen: stereoplays neue Lautsprecher-Referenz Lumen White Silver Flame (12/06) arbeitet ja mit Tief-, Mittel- und Hochtönern, die alle drei mit Keramikmembranen bestückt sind. Diestertich verwendet in der Avanti 5 nicht nur durchweg Aluminium, sondern auch die gleiche Bauform (Konus).
Das Messlabor weist die Avanti 5 als klassische 4-Ohm-Box mittleren Wirkungsgrads aus. Aber die Messungen zeigen auch, dass der Frequenzgang noch linearer sein könnte: Der starke Anstieg oberhalb von 20 Kilohertz wird in der Regel als angenehm empfunden, aber die Anhebung von 4 Dezibel bei 500 Hertz trübt das Bild.
Und trotzdem verzauberte uns die Avanti aus dem Stand heraus. Sie schuf ein völlig von den Gehäusen gelöstes, unerschütterlich ruhiges Klangbild mit prallen Farben und mit großer Raumtiefe. Unsere vorzüglichen Arbeits-Referenzen Thiel CS 2.4 (9/03) und Audiodata Avance (11/04) waren in vielen Teilbereichen - vor allem bei der plastischen Darstellung - wenigstens ebenbürtig, aber unterm Strich chancenlos. Die Avanti 5 hatte kaum mehr Bass, klang aber voller, sie zeigte kaum mehr Details und klang doch feiner. Sie hatte diesen Grundtonbuckel und zeichnete doch Stimmen von packender Authenzität.
Auch im Vergleich zur objektiv eindeutig überlegenen B&W 802 D (6/05) zeigte sich, dass Tiefbässe durchaus noch satter, dynamischer und strukturierter, dass der Grundton weniger wolkig und dass Vibraphon-Anschläge (Stück 6 der stereoplay-Titel-CD 6/06) noch "reiner" klingen können. Aber auch schöner?
Nach langem Hören gaben wir den Versuch auf, die klanglichen Vorzüge der Avanti 5 an Einzelpunkten festmachen zu wollen. Wo andere Lautsprecher zwar dynamischer, aber auch nervöser spielen, erzeugt sie - ähnlich der Linn Komri aus Heft 2/07 - eine entspannte Stimmung, ein Wohlgefühl, bei dem man Musik hören und nicht Erbsen zählen möchte. Oder wie es stereoplays Digitalexperte Uli Fessler formulierte: "Die will ich."
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