Praxistest

Kopfhörer-Prozessor Smyth Realiser A 8

11.2.2011 von Raphael Vogt

Was der Smyth Realiser A 8 (2900 Euro) macht, klingt wie Zauberei: Er simuliert einen Hörraum komplett mit allen seinen Eigenschaften per Kopfhörer.

ca. 4:20 Min
Testbericht
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  1. Kopfhörer-Prozessor Smyth Realiser A 8
  2. Kunstkopfstereophonie
Kopfhörer-Prozessor Smyth Realiser A 8
Kopfhörer-Prozessor Smyth Realiser A 8
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Mehr Klang: Die "Tactile"-Buchsen liefern Signale für Körperschallerzeuger. Externe Verstärkung für den Kopfhörer findet analog oder digital Anschluss.
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Stellen Sie sich vor, Sie hören Musik, und Sie können praktisch nicht unterscheiden, ob Sie gerade den Kopfhörer oder Ihren Lautsprecher im Hörraum hören. Das ist - kurz gesagt - die Wirkung des Smyth Realiser A 8. Die Idee dahinter stammt aus der Tonstudiotechnik. Die Technik soll dem Tonmeister zum einen ermöglichen, seinen Mix in unterschiedlichen Umgebungen zu testen, ohne den Regieraum verlassen zu müssen - etwa um zu prüfen, wie der Mix für einen Werbespot in einem großen Kino klingt. Zum anderen soll sie den eigenen Hörraum transportabel machen, um etwa vor Ort einen Lifemix für den Heimgebrauch vorzubereiten.

Aber wer braucht so etwas zu Hause? Es gibt zwei prinzipielle Anwendungen: Ich kann mir eine andere akustische Umgebung simulieren als die eigene, etwa ein perfekt gemachtes Heimkino in den Kopfhörer holen, wo ich etwa durch bauliche Beschränkungen nur suboptimale Bedingungen habe. Oder - und das dürfte das am weitesten verbreitete Problem sein - wenn ich nicht laut hören darf, also Kopfhörer nutzen muss, dabei aber den Klang meiner Anlage genießen will, nicht den typischen Höreindruck eines Kopfhörers. Die Realiser-Entwicklung bei Smyth Research besteht im Kern aus drei Leuten. Gründer und technischer Kopf ist

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Sie zeigt viele Tasten, die aber klar strukturiert sind. Clever ist, dass sich Daten nur durch Bestätigung per "!"-Taste löschen lassen.
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Dr. Stephen Smyth, der unter anderem die beiden Algorithmen "apt-X100" (DTS-Kinoton) und "Coherent Acoustics" (DTS-Heimkinoton) entwickelte. Nach vielen Jahren technischer Leitung von DTS gründete er nun mit seinem Bruder Dr. Mike Smyth und Steve Cheung eine eigene Firma. Das neue Verfahren trägt den etwas schmucklosen Namen "SVS", der für "Smyth Virtual Surround" steht. Der Hinweis auf Surround trifft dabei den Kern eigentlich nicht, denn die Zahl der Kanäle kann von 1 bis 8 betragen, und deren Anordnung ist frei definierbar. Deshalb sind auch Lautsprecher-Konstellationen für echten 3D-Sound wie in der Aurophonie bereits vorgesehen. Das Besondere am Realiser A 8 - und damit des Pudels Kern - ist die exakte Kalibrierung auf den Raum, die Lautsprecheranordnung - und nicht zuletzt des Kopfhörers auf das Gehör des Anwenders.

Verfahren, die eine Außer-Kopf-Lokalisation versprechen (so etwa das recht verbreitete Dolby Headphone), bringen zwar die Abbildung aus der Kopfmitte heraus, aber wie ein echtes Paar Lautsprecher klingt das trotzdem nicht. Zudem hängt die Abbildung extrem stark davon ab, wie sehr man mit der Physiognomie seines Kopfs dem zugrunde liegenden Ideal des Durchschnittsmenschen entspricht. Die Lösung ist eine Kalibrierung.

Der Realiser A 8 kommt in robustem Gehäuse von halber Studio-Rack-Breite daher und bietet ein ganzes Bündel an Zubehör wie diverse Kabel, Adapter, Fernbedienung, Messmikrofon sowie Head-Tracking-Sender- und -Empfänger im Beipack. Auf der Front prangen ein englischsprachiges, vierzeiliges Display für alle Menüs, Status-LEDs, ein SD-Kartenleser, Miniklinkenbuchsen für Messmikro sowie Kopfhörer und eine USB-Schnittstelle für den Head-Tracker-Sender.

Hinten tummeln sich Cinch-Ein- und Ausgänge für acht Kanäle, ein analoger und ein optisch-digitaler Anschluss für externe Kophörerverstärker sowie die Buchse für den Head-Tracker-Empfänger, schließlich - gut mitgedacht - ein Input für einen taktilen Transducer, also einen Körperschallübertrager wie den "Buttkicker"; denn den Körperschall einer realen Anlage erzeugt kein Kopfhörer, den kann man sich auf diese Weise aber gern zusätzlich generieren.

Bildergalerie

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3D-Sound mit Kopfhörer

Kopfhörer-Prozessor von Smyth

Verblüfend: Man hört den Raum satt den Kopfhörer.

stereoplay versuchte sich im Test an einem Stereo- und an einem 5.1-Setup und begab sich mit dem Equipment in den zu messenden Raum. Der Nutzer, auf den das Setup kalibriert wird, sitzt auf dem Hörplatz. Dort muss sein Gehör vermessen werden. Hierzu steckt man die Messmikrofone in die Gehörgänge, wo sie korrekt positioniert exakt mit dem Gehörgang abschließen sollten. Dann startet man per Fernbedienung die PRIR-Messung (Personalised Room Impulse Response).  Die Messprozedur läuft automatisch, eine Stimme gibt zwischendurch Anweisungen zur Änderung der Blickrichtung des Probanden.

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Nur die winzige runde Öffnung ist das Mikrofon. Die Schaumteile dienen allein zur Positionierung am Eintritt des Gehörgangs.
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Danach folgt die Kalibrierung auf den verwendeten Kopfhörer mit der HPEQ- (Head Phone Equalizing-)Messung - immer noch mit den Mikros im Ohr, weshalb das Prozessing nicht mit In-Ohr-Hörern funktioniert. Anschließend dürfen die Mikros aus den Ohren. Nach dem Speichern der Messung und am besten der Zuordnung auf eine der Preset-Tasten kann gelauscht werden. Für jede Messungsgruppe - Raum und Kopfhörer - stehen 64 Speicher zur Verfügung. Wenn das nicht reicht, kann man mit SD-Karten arbeiten und so auch Messungen mitnehmen und archivieren. Auf diese Weise lassen sich viele Räume, Lautsprecheranordnungen sowie Kopfhörer für viele Hörer verwalten.

Und der Erfolg der Mühe? Es funktioniert. Man hört tatsächlich den Raum mit den Lautsprechern, perfekt abgebildet. Dass der User über Kopfhörer hört, glaubt er nur, wenn er eben diesen absetzt und plötzlich Stille herrscht. Setzt er den Hörer wieder auf und schaut geradeaus, gaukelt der Prozessor ihm wirklich vor, er säße vor den Boxen. Die stehen da und spielen, genau umrissen, präzise in Distanz und Richtung. Im 5.1-Versuch kam dann der Eindruck auf, die hinteren Lautsprecher stünden einen Tick näher als in der Realität. Kein Problem, die Entfernung lässt sich im Menü feinfühlig nachjustieren.

Verblüffend: Man hört den Raum statt den Kopfhörer

Der Realismus der Abbildung steigert sich nochmals mit einem Head-Tracker. Dessen Sender wird per Gummi auf den Kopfhörerbügel geschnallt, der Empfänger vorne mittig positioniert, etwa auf dem Fernseher. Nun korrigiert der Realiser seitliche Kopfbewegungen bis zu +/-30 Grad, sodass die virtuellen Schallquellen im realen Raum fixiert scheinen - eben wie Lautsprecher, die dort stehen. Die Richtung korrigiert der Rechenchip 200-mal pro Sekunde und hält die Abbildung damit verzögerungsfrei stabil. Das Headtrackung funktioniert ebenfalls prächtig, auch wenn es zu kleineren Verfärbungen kommt, falls man die Mittelposition verlässt.

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Die Front des robusten Realiser A 8 zieren das Display, Status-LEDs, ein SD-Kartenleser, ein Kopfhörer-Aus- und der Mikrofon-Eingang.
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Damit hält der Smyth Realiser A 8 exakt, was er verspricht: die perfekt getreue Abbildung einer echten Lautsprecheranordnung im Raum. Diese Performance ist bruchfrei und verblüffend lebensnah mit jedem guten (On-Ear-)Kopfhörer nachzubilden. Der Realiser ermöglicht es zudem ohne Umgewöhnung, die eigene Anlage zu jeder Tages- und Nachtzeit beliebig laut über Kopfhörer zu genießen - und das so realistisch, wie das bislang nie möglich war.

Der Smyth-Prozessor lädt auch zum Experimentieren ein - und er macht einfach Spaß.

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