Testbericht

Kompakt-Lautsprecher B&W PM1 im Test

19.9.2011 von Holger Biermann

Bei B&W klaffte bislang zwischen der noblen CM- und der königlichen Nautilus-Serie eine breite Lücke. Der neue Prestige Monitor 1 (PM1) für 2500 Euro füllt sie souverän und erinnert dabei stark an eine wahrhaft royale Boxen-Ikone.

ca. 3:40 Min
Testbericht
VG Wort Pixel
  1. Kompakt-Lautsprecher B&W PM1 im Test
  2. Datenblatt
B&W PM1
B&W PM1
© stereoplay

Miniaturisierungen sind in der Regel eine heikle Angelegenheit. Wie soll das gehen, die Technik und die Akustik großer Schallwandler seriös in Kleinstmonitoren unterzubringen? "Doch, doch", kontert B&W-Produktmanager Mike Gough. "Man muss nur wissen wie."


B&W PM 1
Der Prestige Monitor ist kaum größer als ein DIN-A4-Blatt. Einzige Furnier-Variante ist das hier abgebildete "Mocca".
© Archiv

Nun, zumindest äußerlich ist den Briten dieser Versuch geglückt. Der Entwurf von Native-Design-Chef Morton (der schon bei Nautilus und Zeppelin federführend war) ist an allen Ecken und Kanten als waschechte B&W-Spitzenbox zu erkennen: die gelbliche Kevlar-Membran des Tiefmitteltöners, die exponierte Lage des Hochtöners auf der Box, der Bassreflex-Port mit der eigenwilligen Golfballoberfläche.

B&W PM 1
Die Frontbespannungen werden durch Magnete gehalten. Während des Hörens aber unbedingt abnehmen, dann klingt es noch offener.
© Archiv

Doch letztlich wird über das Design ja nur transportiert, was für die Akustiker nobelste Pflicht war: In diesen Kompaktmonitor sollten alle Erfahrungen einfließen, mit denen die Nautilus-Serie ihre großen Erfolge einfuhr. Der Diamant-Hochtöner war aus Kostengründen natürlich nicht drin. Dafür aber entwickelte man eine Aluminium-Hochtonkalotte, die zumindest die der Nautilus-S-Serie locker in den Schatten stellen soll.

B&W PM 1
Auf dem Ständer ist die PM 1 auch akustisch bestens aufgehoben. Im Regal könnte der Bass etwas aufdicken.
© Archiv

Und das wohl auch tut. Das stereoplay-Messlabor hatte Mühe, die Aufbrech-Resonanz der Kalotte zu ermitteln - sie liegt nämlich bei stolzen 40 Kilohertz, der Grenze des MLS-Messsystems. Und selbstredend ist diese neue Kalotte über die typische Nautilus-Röhre gekonnt bedämpft. Der nach hinten abgestrahlte Schall verliert hier seine Energie und wird nicht reflektiert. Damit die sensiblen Hochtonsignale nicht von Vibrationen des Tiefmitteltongehäuses irritiert und verfälscht werden, ist die gesamte Hochtonröhre in einem dauerelastischen Bett schwimmend gelagert.

Ein weiterer Punkt, an dem sich der noble Prestige Monitor von der "gemeinen" CM-Serie abhebt, ist das äußerst aufwendig konzipierte und traumhaft schöne Gehäuse. Dieses entsteht - wie alle Modelle der Nautilus-Familie - wieder im B&W-Werk in Worthing selbst, was den Briten einen lange gewünschten strikten Zugriff auf die Verarbeitungs-Qualität ermöglicht.

Das Gehäuse besteht aus einer MDF-Grundstruktur, an deren Seiten die furnierten Wangen (ein 7-Lagen-Schichtholz) mit einem dauerelastischen Kleber aufgebracht werden. So entsteht ein äußerst massiver Sandwich, der kaum noch Eigenschwingungen zulässt. Front und Deckel sind aus einem extrem resonanzarmen Spritzgussteil gefertigt, das mit einem angenehmen Soft-Touch-Lack besprüht ist.

Das Furnier der kleinen Nobelbox (es gibt hier nur die Ausführung "Mocca") sieht so wunderbar aus, dass man sich fragt, wo so etwas eigentlich wächst. Antwort: nirgendwo. Es handelt sich um ein künstlich erstelltes Holz, für das verschiedene Arten zusammengeleimt und dann zu Furnieren hauchdünn geschnitten werden. So entstehen atemberaubend schöne Maserungen. Für die PM 1 werden die Furnierstücke der Seitenwangen und die für die passenden Ständer (PM-Stand, 500 Euro) übrigens paarweise selektiert.

Fast wie eine LS 3/5a

Messtechnisch erinnert die PM 1 durchaus an den legendären BBC-Monitor LS 3/5a. Da ist die Extraportion Bass um 70 Hertz, die mehr Fülle vorgaukeln soll, als der kleine 4-Zöller tatsächlich produzieren kann. Dazu kommen die etwas zurückhaltenden Mitten und der präsentere Bereich zwischen 5000 und 12000 Hertz, der für die Ortung so wichtig ist. Und wie bei der LS 3/5a fällt der Hochtonpegel oberhalb von 12 Kilohertz etwas ab. Allerdings schafft die PM-1-Kalotte problemlos die 40 kHz, was für eine LS 3/5a damals völlig undenkbar war.

Und elektrisch hat die neue B&W mit ihrem erfreulich hohen sowie röhrentauglichen Impedanz-Minimum von 4,7 Ohm und dem bescheidenen Wirkungsgrad von etwa 79 Dezibel (2 Volt/Meter) ebenfalls etwas von der BBC-Kultbox aus den 70er Jahren.

Von wegen Kleinbox!

Wer meint, aus einem solchen Mini-Monitor könne doch gar kein Bass kommen, muss spätestens nach einem Hörtermin mit der PM 1 umdenken: Trotz der bescheidenen Abmessungen erzeugte die Box selbst bei gehobenem Pegel ein durchaus glaubwürdiges E-Bass-Gewitter (Marcus Miller: "Panther"), auch wenn ihr - was Wunder bei dem Mini-Bass! - mit höheren Pegeln schnell die Puste ausging und der 4-Zöller anschlug. Doch das blieb die einzige Einschränkung. Sogar tiefe Männerstimmen wie die von Hans Theessink kamen klar, voll und wunderbar warm-natürlich rüber. Genau das war übrigens auch die herausragende Fähigkeit der LS 3/5a.

B&W PM 1
Frequenzgang & Impedanzverlauf: Recht linear mit kräftigen Bässen um 90 Hertz und zurückhaltenden Mitten. Reicht bis über 40 KHz.
© stereoplay

Damit soll es dann genug sein, was den Vergleich zur Boxen-Legende angeht. Denn die Leichtigkeit, mit der die PM 1 durch die komplexen Hochton-Verästelungen von Monti Alexanders "Hurricane Come And Gone" wuselte, ihr genaues Timing, die Fähigkeit, auch den letzten Tönen ausschwingender Gitarrensaiten noch Gestalt und Struktur zu verleihen - das ist weit über dem, was die BBC-Ikone je zu leisten im Stande war.

B&W PM 1
Pegel- & Klirrverlauf: Bis 95 dB SPL (blaue Kurven) halten sich Klirr und Kompression in Grenzen.
© stereoplay

Vor allem die absolute Unbeschwertheit, wie sich die Musik von den kleinen Gehäusen löste, wie glaubhaft die PM 1 große, dreidimensionale Klangbilder auch in der Höhe aufbaute und wie präzise sie die einzelnen Instrumente dort positionierte - das war wirklich aller Ehren wert. Viele, bei stereoplay auch bestens getestete Mitbewerber haben sicherlich mehr Pegelreserven. Aber genauer, offener, letztendlich auch schöner spielt in dieser Klasse keine.

Mission geglückt

Die Miniaturisierung ist gelungen, die Lücke zwischen CM und Nautilus geschlossen: Die B&W PM 1 ist eine aufs Liebevollste und Schönste geschrumpfte Nautilus, die in der Mittenpräzision durchaus mit den großen Nautilus-Schwestern mithalten kann. Und sie hat das Zeug, die Nachfolge der Kultbox LS 3/5a anzutreten. Ganz große Klasse.

Bildergalerie

B&W PM 1

Technik im Detail

Kompakt-Lautsprecher B&W PM1

Bei B&W klaffte bislang zwischen der noblen CM- und der königlichen Nautilus-Serie eine breite Lücke. Der neue Prestige Monitor 1 (PM1) für 2500 Euro…

B&W; Prestige Monitor 1

B&W; Prestige Monitor 1
Hersteller B&W;
Preis 2500.00 €
Wertung 55.0 Punkte
Testverfahren 1.0

Nächste passende Artikel

B&W 805 D4 im Test

Kompakt-Lautsprecher

B&W 805 D4 im Test
B&W PI5 im Test

True-Wireless-In-Ears

B&W PI5 im Test: Schmeichler am Trommelfell
B&W PI7 im Test

True Wireless In-Ears

B&W PI7 im Test: Tradition trifft Moderne
B&W 705 Signature

Kompaktlautsprecher

B&W 705 Signature im Test
B&W Formation Flex im Test

Streaming Lautsprecher

B&W Formation Flex im Test
B&W PX7 im Test

B&W PX7 im Test
B&W Formation Duo im Test

Streaming Lautsprecher

B&W Formation Duo im Test
B&W 603 im Test

Stand

B&W 603 im Test
Überrasch’ mich!
mehrweniger

Mehr zum Thema

Genelec 8260 A

Testbericht

Test: Aktivmonitor Genelec 8260 A

Neat Ultimatum XL6

Testbeicht

Neat Ultimatum XL6 im Test

Phonar Credo Reference

Testbericht

Standlautsprecher Phonar Credo Reference

Phonar Credo Primus

Testbericht

Kompaktbox Phonar Credo Primus

B&W 805 Diamond

Testbericht

B&W 805 Diamond

Weiter zur Startseite