Testbericht

JBL Everest DD 66000

21.4.2010 von Redaktion connect und Malte Ruhnke

Dass die neue JBL ungeahnte Dynamikhöhen erklimmt, sieht man ihr an. Könnte sie dann noch ebenso neutral und fein wie laut spielen, wäre sie eine glatte Sensation...

ca. 4:45 Min
Testbericht
VG Wort Pixel
  1. JBL Everest DD 66000
  2. Datenblatt
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© Archiv

Pro

  • perfekt verarbeitet
  • geeignet für Bi-Amping
  • kombiniert Lautstärke und Feindynamik

Contra

Fazit

Audio-Urteil: 108 von 150 Punkten, überragend


Ein Gespenst geht um in der HiFi-Branche. Das Gespenst von einem Lautsprecher, der dynamischer und lauter spielen soll als alle anderen. Sein Name ist wie ein Berg: Everest. Für Fans der US-Marke JBL ein alter Bekannter - vor über 20 Jahren gab es schon einmal eine Everest, mit ganz ähnlicher Bestimmung.

Die Symbiose von High End, Studio und Beschallung war schon immer ein erklärtes Ziel von James B. Lansing, dem Firmengründer. Allein auf weiter Flur ist die Everest ohnehin nicht: Zuletzt machten die Kalifornier mit den Baureihen K2 und Array die Horntechnik im High-End-Bereich salonfähig.

Professional Audio

Zum Anfang eine simple Zahl: 16 Kilogramm. So viel mag bei anderen Herstellern eine mittlere Standbox wiegen - bei der Everest bringt dieses Gewicht ein einziger Tieftöner auf die Waage. Dessen Daten lassen High Ender und PA-Techniker gleichermaßen mit der Zunge schnalzen: 10 Zentimeter misst seine Schwingspule, deren Flachdraht hochkant auf den Glasfaser-Träger gewickelt ist. Die Überdimensionierung hat Methode: Nicht eine Polkernbohrung, sondern derer drei hinterlüften das Schwingsystem, zwei versetzte, spiegelbildlich angeordnete Zentrierspinnen verhindern jegliches Taumeln und sorgen für einen perfekt kolbenförmigen Hub in beide Richtungen. Das Membranmaterial ist eher konventionell: handgefertigte Zellulose, mit Carbonfasern gezielt verstärkt. Im zweiteiligen Druckguss-Korb sorgen besonders langzeitstabile Alnico-Magneten für die notwendige Kraft. Chefentwickler Greg Timbers wählte dieses eher ungewöhnliche Material, weil es seiner Ansicht nach am stabilsten dem Magnetfeld der Spule widersteht. 

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Eine Frequenzweiche vor den Endstufen ermöglicht auch den Vollaktivbetrieb.
© Archiv

Die eigentlichen Superlative stecken aber hinter dem riesigen Horn. Ein normaler Hochtöner aus purem Beryllium reichte den JBL-Entwicklern offenbar nicht: Sie ersannen eine 10 Zentimeter große Kuppel mit 0,05 Millimeter dicker Membran. Mit 2,1 Gramm ist sie samt Schwingspule nur halb so schwer wie ein Blatt Papier - das dürfte Weltrekord sein bei dieser Größe.

Um den Kennschalldruck bei einem Watt auf unglaubliche 114 Dezibel zu treiben, arbeitet die Kalotte in einer Druckkammer mit vier ringförmigen Auslassöffnungen. Das ganze System koppelt wiederum an ein Horn an, das den Abstrahlwinkel horizontal breit und vertikal eng begrenzt. Von 700 bis 20000 Hertz arbeitet dieser ultimative Töner. Ein Super-Tweeter wäre damit eigentlich nicht notwendig - die Everest hat trotzdem einen, der die verengte Abstrahlung in den obersten Regionen wieder leicht aufweitet.

Der Berg ruft

Konzeptionell lehnt sie sich damit an 2-Wege-Lautsprecher an. Um die Bündelung nicht zu stark ansteigen zu lassen, wird aber einer der Tieftöner oberhalb von 150 Hertz sanft ausgeblendet. Welcher, kann der Hörer per Steckbrücke festlegen. JBL empfiehlt, jeweils den inneren Töner in den Mitten spielen zu lassen. Das Gehäuse besteht aus mehreren Lagen gebogener Faserplatte und kommt fast ohne parallele Wände aus. Die geschwungenen Formen geben der Everest trotz der ungewöhnlichen Dimensionen einen Hauch von Eleganz. Dazu tragen auch das perfekt verarbeitete Holzfurnier, die lederne Schallwand und die integrierten Hornführungen bei. Letztere bestehen aus Sonoglas, einem extrem harten Materialmix aus Acryl und Steinmehl.

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10 Zentimeter misst die Kalottenmembran, fast so viel wie eine CD.
© Archiv

So massig die DD 66000 in die Breite baut, so knauserig gibt sie sich in der Tiefe. Das könnte den stolzen Besitzer zu einer wandnahen Aufstellung animieren. Und in der Tat, der Basspegel lässt sich für diese Variante sogar reduzieren. Näher als 50 Zentimeter sollte es dann aber doch nicht werden. Bei der Gehäuseabstimmung setzt man auf Bewährtes: Die beiden 38er-Boliden arbeiten rückseitig auf zwei Bassreflexrohre. Aber was für welche! Selbst eine stattliche Fernbedienung könnte darin schon einmal versehentlich verschwinden; Everest-Eigentümer mit Kindern sollten entsprechende Vorkehrungen treffen.

Praxis: Bi- und Tri-Amping

Das Terminal zwischen den Rohren erlaubt den Anschluss von getrennten Verstärkern für Tief- und Hochton. Neben dem normalen Bi-Amping-Betrieb kann der Besitzer die Frequenzweiche deaktivieren und einer Weiche vor den Endstufen den Vorzug geben. Die passive Pegelanpassung und Entzerrung bleibt bei diesem Vollaktivbetrieb allerdings immer im Signalweg.

Judgement Day

Wer die Everest gehört hat, muss einige alte Glaubenssätze über Bord werfen. Zum Beispiel den, dass sich pure Lautstärke und Feindynamik ausschließen: Die JBL kann beides in absoluter Perfektion. Donnernden Heavy Metal wie Dream Theaters "Awake" meistert sie in Konzertpegeln, ebenso folgt sie den nuancierten Lautstärkedifferenzen des Klaviertrios in Schönbergs "Verklärter Nacht" (Antes Edition) wie ein highendiger Kleinmonitor. Zugegeben, die wenigsten Hörer brauchen ein Metal-Konzert in Originallautstärke, doch diese ungeheure Reserve spürt man auch bei noch bürgerlichen Hörpegeln.

Praxis: Lautsprecher richtig aufstellen

Ein weiteres Dogma, das nach einer Hörsession mit der JBL zu Staub zerfällt, ist die Mär über Hornverfärbungen. Es gibt einfach keine mehr, der Bolide hielt selbst die dramatisch forcierten Stimmen in Wagners "Ring des Nibelungen" (EMI, Haitink) noch so klangfarbenrein wie anerkannt neutrale High-End-Speaker a la Backes & Müller BM 35 . Diese volldigitale Aktivbox konterte dafür mit einer schärferen Stimmabbildung und einer noch besseren Feinauflösung in den Höhen, musste sich in puncto Kraft aber der JBL beugen, besonders in tiefsten Lagen.

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Die Batterien spannen die Kondensatoren vor. Neben Bass- und Höhenpegel kann man auch die Optimierung auf links oder rechts anwählen.
© Archiv

Dass die JBL dennoch kein einseitiger Lautsprecher ist, durfte zum Abschluss Bachs "Matthäus-Passion" (Guttenberg, Farao) beweisen: Räumlich und präsent zugleich stellte die JBL die Musiker dar, entführte die Zuhörer in die Kirchenakustik.

Praxis extrem

"Über die Everest höre ich wirklich die feinsten Unterschiede zwischen Marantz SC-7 und Accuphase A 60", lobte Verstärker-Tester Bernhard Rietschel. Fortan wird die JBL also als passive Referenz im AUDIO-Hörraum stehen. Lautsprecher in dieser Topliga müssen sich zusätzlich an der aktiven BM 35 messen lassen.

Fazit

"Never judge a book by its cover": Dass die JBL Everest derart neutral, räumlich und genau spielen kann, glaubt man angesichts ihrer Optik kaum. Sie signalisiert eher Dynamik ohne Limit, vom Flötentrio bis Heavy Metal beherrscht sie aber auch die wichtigen Zwischentöne. Welcher Mann hat in seiner Jugend nicht von einer solchen Box geträumt? Zugegeben, ich schon - und nun ist der Traum wahr geworden.

JBL Project Everest DD66000

JBL Project Everest DD66000
Hersteller JBL
Preis 50000.00 €
Wertung 108.0 Punkte
Testverfahren 1.0

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