Standboxen

Infinity Classia C336 im Test

10.8.2008 von Redaktion connect und Malte Ruhnke

Ihre Urahnin konnte Gewitter entfesseln und Verstärker zerstören. Die Infinity des Jahres 2008 ist kultiviert und röhrentauglich.

ca. 3:40 Min
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Testbericht
VG Wort Pixel
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© Archiv

Pro

  • Direktes, schnörkelloses und dynamisches Klangbild

Contra

  • Driftet teilweise ins Forcierte ab

Fazit

Die Classia stellt eine moderne Box dar, ihre verborgenen Werte erlebt man etwa mit Röhren-Amps. HiFi macht eben erst mit Querdenken und Ausprobieren so richtig Spaß.


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Für einen High-End-Verstärker der 1980er Jahre lautete die Gretchenfrage: "Treibt er eine Infinity (Kappa 9A), oder treibt er sie nicht?" Gleich reihenweise Endstufen - so die Legende - fielen der Minimalimpedanz der Kappa von 0,7 Ohm zum Opfer; die Box zog gnadenlos Strom aus den überforderten Endtransistoren. Auf den Vorschlag, eine solche "Killer-Infinity" mit einem feinen Röhrenverstärker zu kombinieren, hätten HiFi-Fans damals wohl mit einer Mischung aus Hohngelächter und Mitleid reagiert.

Doch das Kappa-Zeitalter ist vorbei, wir schreiben das Jahr 2008, und Infinity bringt mit der Classia C336 eine Box auf den Markt, die so gar nicht in dieses Klischee passen will: Mit geradezu milden 3,7 Ohm Impedanzminimum und hohem Wirkungsgrad lässt sie selbst zarten Röhren-Pflänzchen noch genug Kraft zum Atmen, auch Experimente mit exotischen Chassistypen sind für den US-Hersteller passe. Hat die 1200 Euro teure Classia überhaupt noch etwas mit ihren Urahnen gemein?

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Der große Ferritmagnet macht der kleinen Schwingspule mächtig Dampf
© J.Winkler

Gegen-Bewegung

Ihre Formgebung nicht: "So breit wie möglich" hieß der HiFi-Modetrend der späten 1980er, und ein wahres Chassis-Sammelsurium - vom Zwölfzoller über die Riesenkalotte bis hin zum magnetostatischen Superhochtöner - tummelte sich auf der Schallwand der Kappa 9A. Die Classia dagegen baut sehr schmal und versteckt ihre Treiber am liebsten hinter einer flachen Abdeckung, die sich homogen in die Boxenfront einpasst.

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Die Weiche arbeitet konsequent mit aufwendigen Filtern vierter Ordnung
© J.Winkler

Dahinter verbirgt sich ein Fünfergespann aus drei Basschassis im 17-Zentimeter-Format plus Mittel- und Hochtöner im lupenreinen 3-Wege-Konzept. Das ist lehrbuchgemäß, weil dank der Trennfrequenz von 500 Hertz und der Wahl von 10 Zentimetern Konusgröße ein echter Mitteltöner spielt, kein verkappter Tiefmitteltöner. Damit es den Winzling bei einer ausgedehnten Wohnzimmer-Party nicht grillt, arbeitet die Frequenzweiche mit enorm steilen Filtern vierter Ordnung.

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Der Waveguide verringert den Abstrahlwinkel und bringt Wirkungsgrad. Sein langer Ansatz birgt aber die Gefahr von Interferenzen.
© J.Winkler

Das gilt auch für die Hochtonkalotte, die ab 2800 Hertz vollen Einsatz zeigen muss. Ihre Membran besteht aus derselben Metall-Keramik-Konstruktion wie die Konen, wovon sich die Infinity-Entwickler klangliche Homogenität versprechen - die wohl in der Praxis eher von einer akustisch günstigen Form der Schallführung abhängt, die Wirkungsgrad und Abstrahlwinkel der Kalotte positiv beeinflusst.

Auf Holz und Filz setzte Infinity früher; die C336 dagegen vertraut auf ein unauffälliges Plastik-Kleid und die betörende Wirkung ihrer hochglanzverzierten Kopfform, die an das edle Surround-Set Cascade (AUDIO 6/06) erinnert. Im Innern indessen verbirgt sich eine massive MDF-Konstruktion mit zahlreichen Verstrebungen.

Jetzt oder Nie

Ein ähnlich trickreiches Gehäuse bot im Test in AUDIO 7/07 die Heco Celan 500, die allerdings mit Echtholzfurnier und ihren schimmernden Aluringen optisch eher der alten Schule verpflichtet ist. Bei der Orgelsinfonie des kaum bekannten Komponisten Johann von Herbeck (Martin Haselböck, Membran Music) hielt sich die Heco dezent zurück, schmeichelte den Ohren des Klassikhörers mit wohlig-warmen Klangfarben. Dabei malte sie einen geradezu impressionistischen, groß dimensionierten Konzertsaal und bat den Gast höflich, in der zwölften Reihe Platz zu nehmen.

Die Infinity dagegen katapultierte den Hörer an den Spieltisch der Orgel oder ans Dirigentenpult: Direkt, schnörkellos und dynamisch geriet ihr Klangbild, allerdings agierte die Classia nicht immer mit der gebotenen Zurückhaltung. Ihre Direktheit konnte bei dramatischen Stimmen, etwa der von Montserrat Caballe (AUDIO Great Music 1, Bose), ins Forcierte driften, womöglich eine Folge des etwas engen Hochtöner-Einbaus. Hier eroberte die deutlich sanftere und auch stimmigere Heco die Herzen der Hörer schneller.

Praxis: Lautsprecher richtig aufstellen

Im Vorteil war die Classia, wenn Hubraum gefragt war: Eher schlank aufgenommene Grooves wie die von Stretchs "Why Did You Do It" (AUDIO Great Music 2, Bose) tönten satter als gewohnt, allerdings im Bass auch einen Tick langsamer als über die ehrlichere Heco Celan 500.

1000 mal probiert

Schließlich wagte die AUDIO-Redaktion, was wohl kein Besitzer einer Ur-Infinity je gewagt hätte: An dem kleinen Quad II Classic, mit AK 27 einer der schwächsten je getesteten Röhrenverstärker, durfte die Classia zum Endspurt ansetzen. Dass aus diesen 16 edlen Watt überhaupt Musik in genussfähiger Lautstärke herauskam, hätte niemand erwartet. Wie deutlich, schlank und punktgenau die Infinity den Kraan-Song "Colourcave" ("Psychedelic Man") interpretierte, grenzt an eine Sensation.

Bei Klassik zollte die Kombi allerdings auch einer zu hellen Tonalität Tribut. Noch harmonischer tönte es mit dem nur 500 Euro preiswerten Dynavox VR-70 E: Er traf genau die richtige Bassdosis in dem Lied "Jetzt geht's ab" von den Fantastischen Vier ("Unplugged"). Angesichts der Spielfreude der völlig ungewöhnlichen Kombination ist der Songtitel geradezu programmatisch: Bei diesem Groove mussten sich die Redakteure zwingen, sitzen zu bleiben.

Die Generation Kappa ist passe - vielleicht für immer. Doch die Classia stellt ohnehin die modernere Box dar, ihre verborgenen Werte erlebt man etwa mit Röhren-Amps. HiFi macht eben erst mit Querdenken und Ausprobieren so richtig Spaß. Haben Sie auch schon solche Zufallstreffer gelandet? Dann schreiben Sie darüber, hier im Forum!

Infinity Classia C 336

Infinity Classia C 336
Hersteller Infinity
Preis 1200.00 €

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