Standboxen

Gauder Akustik Arcona 100 im Test

26.11.2013 von Stefan Schickedanz

Die Gauder Arcona 100 kommt aus Renningen. Mit ihrem Schick passt die schlanke Klangsäule aus der Provinz aber perfekt in jede Metropole. Wie schlägt sich die Standbox im Test?

ca. 4:35 Min
Testbericht
VG Wort Pixel
Gauder Akustik Arcona 100
Gauder Akustik Arcona 100
© Gauder Akustik

Pro

  • sehr homogen
  • spielt über den ganzen, breitbandigen Bereich zeitlich perfekt zusammen
  • sehr große Abbildung
  • hohe Detailfülle

Contra

Fazit

AMT fand ich schon immer gut. Nur die Einbindung des schwer erziehbaren Treibers in konventionelle Boxenkonzepte haute mich bisher meist nicht so vom Hocker wie bei der Arcona. Aber gerade auch das perfekte Design und Finish trägt sehr zum Reiz bei.


Die Marke Isophon ist Geschichte, der Geist lebt weiter. Und wie! Unter eigenem Namen konstruiert und vermarktet Dr. Roland Gauder Lautsprecher, die von zwei Dingen zeugen, die auch schon die Konstruktionen des Schwäbischen Physikers unter dem alten Label auszeichneten: Sachkenntnis und Detailverliebtheit.

Weil diese Verbindung nicht nur in maximaler Gaudi, sondern regelmäßig in einer Potenzierung des Preises gipfelte, gibt es seit knapp einem Jahr die Arcona-Serie für "Einsteiger". Das ist allerdings relativ zu sehen, denn bei Gauder Akustik bedeutet das deutlich vierstellige Summen.

Vielleicht will der Altmeister damit auch subtil vor Augen führen, dass sein Terrain da beginnt, wo andere mit ihrem Latein am Ende sind. Egal, die Arcona 60 und Arcona 80 bewiesen bereits im Test, dass sie der markeninternen Positionierung zum Trotz für gehobene Ansprüche taugen. Insofern empfingen wir das Top-Modell der Baureihe, die Arcona 100, nicht als unbeschriebenes Blatt.

Gauder Akustik Arcona 100 Tief- und Mitteltöner
Damit der von Oscar Heils erdachte, von Gauder Akustik optimierte AMT-Hochtöner die anderen Treiber nicht verbläst, stellt ihm Gauder seine speziellen XPuls-Tief- und -Mitteltöner mit leichter, steifer Aluminium-Polymer-Membran zur Seite. Die Folge ist ein tolles Timing.
© Gauder Akustik

Gauder Akustik Arcona 100: Gehäuse

Erstmalig verwendet der Entwickler aus Renningen in seinen Boxen Air-Motion-Transformer, die er je nach Model in Verbindung mit bis zu drei im Durchmesser identischen Arcona-XPuls-Membranen kombiniert. Die sich nach hinten verjüngenden Gehäuse weisen einheitlich gewölbe Seitenwände auf. 

Gauder Akustik Arcona 100 Audiographik
Die hohe AK von 77 und der niedrige Wirkungsgrad von 80,2 dB sprechen unmissverständlich für potente Verstärker-Partner. Im Frequenzgang offenbart sich eine leichte Betonung des gesamten Bassbereichs, dessen untere Grenzfrequenz bei eindrucksvollen 39 Hz (-3 dB) liegt.
© Hersteller/Archiv

Diese Bauweise birgt akustische wie optische Vorteile. Die rundum in perfekt verarbeiteten weißen Schleiflack gehüllte Arcona 100 ist von jeder Seite ein Hingucker. Und wie alle technisch ambitionierten Leser wissen, führt die Vermeidung paralleler Wände zu einer höheren Immunität gegen stehende Wellen im Inneren der Box.

Aufwendige Versteifungen sollen die aus 22 mm dicken MDF-Platten gefügten Gehäuse noch steifer machen. Die nach hinten geschwungene Tropfenform der Arcona vermindert mit ihren abgerundeten Ecken zugleich klangverfälschende Reflexionen und Beugungseffekte. Damit keine fauchenden Geräusche den Klang trüben, wurde die nach unten abstrahlende Bassreflex-Öffnung extra strömungsgünstig gestaltet. 

Diese Prachtgehäuse schmücken sich mit prächtigen Treibern. Der nach dem Prinzip von Oscar Heil entwickelte Air Motion Transformer besitzt eine hauchdünne Folienmembran, die durch eine über die gesamte Oberfläche verteilte Spule praktisch trägheitslos angetrieben wird. Solch ein AMT spricht so schnell auf Impulse an, dass er als technisch arbeitender Schallwandler nicht mehr hörbar ist.

Gauder Akustik Arcona 100 XPuls Konus-Chassis
Roland Research: Dr. Gauders XPuls getaufte Konus-Chassis vertrauen auf eine Verbundmembran aus Aluminium mit rückseitiger Polymerschicht für schnelle Impulsverarbeitung. Extrem steilflankige 50-dB-Weichen vermeiden die Anregung von Resonanzen außerhalb des Arbeitsbereichs.
© Gauder Akustik

Gauder Akustik Arcona 100: Chassis

Damit tauchten aber für Gauder automatisch andere Probleme auf. Schließlich muss der Selbstverleugner mit Mittelton- und Bassspezialisten möglichst nahtlos zusammenarbeiten. Deren kiloschwere Antriebe scheuchen aber deutlich gewichtigere Flächen und Massen herum, die sich akustisch nicht mehr so leicht verstecken lassen. 

Gauder Akustik Arcona 100 Audiographik (2)
Das Zerfallspektrum belegt ein schnelles Abklingen von Resonanzen, besonders im Mittel-/Hochtonbereich. Hier überzeugt die Arcona auch durch extrem niedrigen Klirr, sofern sie nicht an ihre Belastungsgrenze bei 98 dB kommt.
© Hersteller/Archiv

Highendige Keramik-Membranen ermöglichen viel Tarnung - allerdings zum gesalzenen Preis. Nun verwendet Gauder in der Arcona ohnehin ein 17-Zentimeter-Chassis für die Mitten und zwei weitere für tiefere Töne. Also relativ viel Antrieb pro Membranfläche.

Unter diesen Umständen gelang es, ausgekochte Alu-Kunststoff-Verbundkonstruktionen (die maximale Steifigkeit mit hoher innerer Dämpfung verbinden) zu fast noch unauffälligerer Tätigkeit zu erziehen. Im Gegensatz zu den als 2,5-Wege-Systeme ausgeführten kleineren Standboxen bildet die Arcona also eine echte Drei-Wege-Konstruktion, deren beide unteren Treiber sich die Bass-Kärrnerarbeit teilen.

Kaufberatung: Die besten Standboxen bis 1.500 Euro

Und ob so oder so, der tüchtige Schwabe bemühte sich bei den Arcona-Mitstreitern nach aller Regeln der Kunst um harmonisch-geschliffene Zusammenarbeit. Wenn's denn sein muss, greift er auch zu drastischen Maßnahmen. Stichwort Flankensteilheit. Durch brillante Frequenzweichen-Mathematik erreicht der Physiker - in Verbindung mit mechanischen Maßnahmen an Chassis und Gehäuse - eine Trennung von über 50 Dezibel.  

In einer Welt, in der Filter vierter Ordnung mit "nur" 24 dB Flankensteilheit schon als Keule gelten, nimmt der Renninger Rebell eine Extremposition ein. Die er einnehmen darf, weil er als einer der ganz wenigen Entwickler dieser Welt die bei Steilheit drohenden Phasenverschiebungen im voraus berechnen und probate Filter-Korrekturmaßnahmen ergreifen kann.

Mit den Kegelspike-Boxenfüßen (selbstverständlich mit kratzfreien Untersetzern) überlässt Gauder seinen Kunden die Feinausrichtung der Arconas und damit den allerletzten Schliff (gegen Aufpreis gibt es sogar einen standverbessernden Vollmetall-Spike-Ausleger).

Gauder Akustik Arcona 100 Innenleben
Mit modischen, weich einsetzenden und scheinbar harmlosen 6-dB-Filtern hat Gauder Akustik nichts am Hut. Statt dessen setzt man auf scharfe Trennung der einzelnen Bereiche mit über 50 Dezibel, größtenteils erreicht durch opulente, präzise berechnete Weichen.
© Gauder Akustik

Hörtest

Doch es gibt weit triftigere Gründe, die Arcona 100 unbedingt haben zu wollen. Selbst von den sich nur am Rande für HiFi interessierende Kollegen der F.A.Z. als "Live-Erlebnis" gepriesen, legten die Schwäbischen Säulen los wie die Feuerwehr.

Praxis: Lautsprecher richtig aufstellen und einwinkeln

Dabei verhielten sich die Air Motion Transformer aber wirklich nur wie Luft und Liebe - und wie das Gegenteil eines altbackenen Hochtöners, der mit schrillem Tatü die Zuhörer zum Anhalten der CD ermahnt.

Die selten erlebte Verbindung von natur-echter, spontaner Impulsreaktion und die völlige Verschmelzung der Tonbereiche - von den filigranen, spritzigen bis in den tiefsten Basskeller - animierte stattdessen zum Aufdrehen. Allzu zarte Amps sollte man auf die Arcona aber nicht loslassen. 

Während der superbe T-A PA 3000 HV an seiner deutschen Gespielin zu höchster Homogenität und Impulsivität auflief und auch kräftige Röhren wie die Monaco von Westend Audio überragend musizierten, griff beim für 550? ansonsten exzellenten Marantz PMA-6005 recht früh die Schutzschaltung ein.

Diese eine Blöße darf sich die schwäbische Schönheit leisten: So störrisch sich die Arcona gegenüber dem Verstärker gab, so verführerisch zart ging sie mit den ihr anvertrauten Stimmen und Instrumenten um.

Sie lieferte ein Höchstmaß an Transparenz, Attacke und Obertonauflösung - und alles ohne jegliche Härte. Um das perfekte Glück abzurunden, trumpfte sie auch noch mit einer tollen plastischen Abbildung und absolut stimmigen, nahezu unendlich tief gestaffelten Bühnenperspektiven auf.

 

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