AV-Receiver
Denon AVR X4000 im Test: Tower of Power
Der Über-Denon AVR X4000 gibt bei Bedarf zusätzliche Seiten- und Höhenkanäle aus und erlaubt letztere auch diskret anzusteuern. Das Schönste: Auch in puncto Klang haben die Japaner bei dem AV-Receiver tüchtig ihre Hausaufgaben gemacht.
Viele Marken bauen gute AV-Receiver. Doch nur eine Marke schärfte die letzten Jahre mit zum Teil mutigen Schritten ihr Profil wie Denon. Als alle anderen beschlossen, ihr Heil in immer mehr Features zu suchen, gaben die Japaner die Devise aus "Köpfchen statt Knöpfchen" und strichen unnötige Funktionen und Anschlüsse - im vollen Bewusstsein, zunächst einmal ausstattungsseitig den Kürzeren zu ziehen. Das Konzept ging auf. Seit der Wende offenbart jede Generation mehr Charakter und Benutzerfreundlichkeit. Mit der neuen X-Klasse kommt Denon der Perfektion schon ziemlich nahe. Die Front wirkt nicht nur aufgeräumt, sondern zeitlos edel. Sie besteht wie beiden großen Knöpfe aus Metall. Die Rückseite überzeugt ebenfalls. Alle Beschriftungen lassen sich auch von älteren Semestern im Dämmerlicht eines Heimkinos ohne Brille ablesen. Und ohne Verrenkungen. Denn Denon reihte die soliden Lautsprecherklemmen nebeneinander auf - mit den Bezeichnungen obendrüber und zusätzlicher Farbcodierung. Davon können sich die meisten eine Scheibe abschneiden, die teilweise winzige Bezeichnungen zwischen die in mehreren Lagen angeordneten Klemmen quetschen. Das lässt sich dann oft nur auf den Knien mit Taschenlampe und trübt die Freude vor dem ersten Ton. Gemeinsam mit den ohnehin schon guten GUI und der runderneuerten Remote App wandeln die Japaner vom Bedienkonzept auf den Spuren von Plug-and-Play- Virtuosen Apple und Bose.
Doch diesmal gingen die Entwickler ans Eingemachte und nahmen sich intensiv die Bereiche unter dem heißen Blechdach vor. Ihr Ziel: Die nachhaltige Schärfung des akustischen Profils. Dazu fanden sie eine Reihe von Ansatzpunkten. Einen merklichen, mess- und hörbaren Unterschied zur Vorgängergeneration brachte etwa der Einsatz neuer Kondensatoren, teilweise (etwa im Vorstufenbereich und im DC-Servo der Endstufe) mit höherer Kapazität, teilweise (etwa bei den großen 12000µF-Siebelkos) mit geringerem Innenwiderstand bei gleicher Kapazität. Und als hätten sich die japanischen Entwickler AUDIOs neue Klirrstabilitäts-Messung genau angesehen, liefert der Denon nach umfangreichem Feintuning hier ein blitzsauberes Diagramm, wie es bislang noch kein AV-Receiver zuwege brachte.
Bessere Koppelkondensatoren gab es auch für die DAC-Platine. Auch am Wandler selbst gab es Raum für Verbesserungen. Denon entschied sich für einen PCM 1690 von Burr Brown - ein 24 Bitler, der Eingangssignale bis 32 Bit/192 kHz verarbeiten und acht Kanäle abfertigen kann. Dem nach dem Delta-Sigma- Prinzip ("1-Bit") arbeitenden Konverter stellten die Entwickler neue Ausgangsstufen zur Seite, die mit OP-Amps vom Typ JRC NJM 8080 arbeitet. Diese ICs zählen zur extrem teuren Muses-Serie von Japan Radio und finden sich auch in Studiogeräten. Diese Verbesserungen sollen auch den Fokus schärfen.
Eine weitere klangfördernde Maßnahme kennen wir schon von der Schwestermarke Marantz: Das Bassmanagement erkennt Zeitfehler, die sich auf vielen Surround-Produktionen zwischen dem tieffrequenten LFE-Kanal und den Vollbereichskanälen eingeschlichen haben, um sie zu kompensieren. Diese Phasenkorrektur erhöht die Präzision in den unteren Oktaven bei Systemen ohne Subwoofer, wo keine Möglichkeit zur manuellen Phasenkorrektur besteht. Unterm Strich gute Voraussetzungen für knackige, fokussierte Wiedergabe.
Doch Denon denkt auch an jene, denen an einer besonders weitflächigen Räumlichkeit gelegen ist. Für die 3D-Heimkino- Freaks nahmen sie neben den verbreiteten Verfahren Dolby Pro Logic IIz und Audyssey DSX noch DTS NeoX an Bord. Diese Lösung bietet nämlich die Möglichkeit, Software wie "The Expendables II" mit diskreten, den Front- und Surround-Kanälen beigemischten Heigth- und Wide-Signalen zu decodieren. Das macht einen riesigen Unterschied zu den anderen 3D-Verfahren, welche die zusätzlichen Effekt-Kanäle aus gewöhnlichen Aufnahmen mit maximal 7.1 Kanälen synthetisch erzeugen. Im einen Fall kommt zum Beispiel nur ein Hubschrauber oder Hall in den Effektkanal, im anderen Fall ein wildes Destillat aus dem gesamten Tonsignal. Damit erweist sich der AVR-X4000 als zukunftsichere Investition, die bei voller Ausnutzung der Möglichkeiten weitere Investitionen nach sich zieht. DTS NeoX ermöglicht eine 7.1-Konfiguration plus Höhen- und Seiten-Lautsprecher, der Receiver bedient mit seinen Endstufen allerdings nur sieben Kanäle, für die restlichen muss der Besitzer externe Amps an den 11.2 Ausgang anschließen.
Nachdem bereits die letzte Generation schon von allen Eingängen auf 4K-Auflösung hochskalieren konnte, während sich einige Mitbewerber mit reinem Durchschleifen begnügten, gab es in punkto Video-Verarbeitung wenig Handlungsbedarf. Doch wie würde es mit den Klangbemühungen stehen? Der neue Denon hielt alle Versprechen, die sich aus der gesteigerten Papierform ergaben. Klangfarben waren eh nie ein Problem für die Denon-Receiver. Mit seiner ausgesprochen neutralen, fein auflösenden und fokussierten Stereo- Wiedergabe knüpfte er an die lange Ahnenreihe an. Im Bass erinnerte er eher an die knackig, zackigen Brüder von Marantz. Hier bot der neue Denon Tiefgang, Präzision und Attacke, die sich gewaschen hatten. Keine Spur von der Phlegmatik früherer Generationen.
Doch so richtig fühlen ließ sich der Fortschritt vor allem mit Surround-Filmen wie "Tage des Donners" - und zwar wörtlich. Die lustvoll brummelnden und brazzelnden amerikanischen V-Motoren der Klasse XXL schienen im Raum zu materialisieren und massierten das Zwerchfell mit Hammer-Dynamik und -Intensität. Da stellten sich bei jedem Autofan die Härchen auf, keine Frage: eine mitreißende, realistische Darbietung, unten zupackend, oben offen und überbordend frisch, ohne scharf zu wirken. Eine Klasse für sich bewies der Newcomer auch mit HD-Material wie "Divertimenti" mit den Trondheim Solistene. Hier baute er nicht nur die Streicher plastisch im Raum auf, sondern auch den Raum außenherum - durch feinen Hall und ein Ausklingen der Töne, das nicht mittendrin abbrach. Das X im Namen steht also fraglos für Xcellence.
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