High-End-Vorverstärker
Dan D'Agostino Momentum Preamplifier im Test
Bei der einzustellenden Lautstärke reicht das Zeigerinstrument der Momentum-Vorstufe nur bis 100. Was den Klang betrifft, ist diese Marke für Dan D'Agostinos jüngste Züchtung allerdings ein Klacks ...
Fraglos eine große Ehre! Krells ehemaliger Chefentwickler, der jetzt in Connecticut seine eigene Firma betreibt, ließ es sich nicht nehmen. Nach dem erfolgreichen Test seiner Stereoendstufe Momentum stieg er nun ins Flugzeug, um seine jüngste Schöpfung höchstpersönlich in der Stuttgarter Redaktion vorzustellen.
Nun saß also einer der berühmtesten Verstärkerpäpste dieser Galaxis da, um es mit einem gütig-väterlichen Lächeln abzulehnen, allzu konkret auf die Technik seiner Vorstufe einzugehen. Die Idee, die etwas gröblicheren und eventuell mit Streufelder sauigelnden Netzteil-Bauteile in einen Vollaluminium-Schuhabstreifer (beziehungsweise ein Gerätepodest) auszulagern, stamme ohnehin von seiner Frau. Und - kompliziert, kompliziert: Bei der Lautstärkeregelung, die nicht etwa mit Potentiometer-Spielkram, sondern mit einer Relaisbank und mit Präzisionswiderständen arbeitet, habe er sich ohnehin von einem jungen Programmierer helfen lassen. Wirklich gar nicht so einfach, komplexe Widerstandswerte so zu berechnen, dass sich mit A+B oder B+C+F oder ... und so weiter summa summarum eine hörgerechte logarithmische Dämpfungs-Kennlinie gibt. Und zudem eine, die im lauteren Bereich mit kleinen und im leiseren - wo es nicht mehr auffällt - mit zunehmend größeren Schrittchen regelt. Und schließlich hieße Dan nicht d'Agostino, würden diese komplexen Steuerungsmachenschaften nicht tutti completti via Optokoppler elektrisch-galvanisch vom Signalweg getrennt ab laufen.
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Na und? Im Vergleich zu dem Aufwand, den Agostino im Folgenden treibt, erscheint diese Elektronik wie ein Bastel-Bausatz von Conrad.
Aufbau
"Touch it", vergisst der Meister plötzlich seinen jet-lag, und zeigt auf den Lautstärkeregler, einen mehrfach kugelgelagerten Edelstahl-Kubus, der sich um ein nobles Drehspulinstrument dreht. Wirklich wunderbar, wie der fein geriffelte Rändelkranz den Fingern schmeichelt - eine so imposante Steuer-Armatur hat allenfalls mal ein Torpedomixer eines Panzerkreuzers zu bedienen gehabt. Doch dann bricht es aus d'Agostino heraus: Er habe von Pontius bis Pilatus, von Alabama bis Wyoming fast alle US-Staaten abfahren müssen, um einen Feinwerk-Betrieb zu finden, der solche Teile mit der nötigen Präzision drehen, biegen, ziehen und polieren kann. Genau das gleiche gilt für das Gehäuse, genauer gesagt für die passgenau aufeinander zugeschnittenen Blöcke aus Aluminium und Kupfer, die kaum mehr jemand exakt genug aus dem Vollen fräsen kann.
Diesen Aufwand treibt d'Agostino aus zweierlei Gründen: erstens, damit die Vorstufe optisch zu seinem Stereo-Endverstärker und zu den Monoblöcken passt. Und zweitens, damit sich die Bauteile im Innern noch sicherer fühlen als in einem Schweizer Tresor - wohl behütet vor magnetischen Streufeldern, gefährlichen Höhen-Gammastrahlen und vor sozialem Neid gleich welcher Art.
Anschlüsse
Logischer Weise versammelt sich hier nur das Feinste vom Feinsten, und das nicht nur zwei mal für Rechts und für Links, sondern abermals doppelt für die symmetrischen Plus- und Minuspole. Pro Quelle gehen die Wahlrelais also gleich vierfach zu Werke, weil die Momentum selbstredend nur symmetrische Eingänge hat - ausgeführt mit vornehmen XLR-Kontaktern im Metallgehäuse. Und so komplex die Pegelstellung ohnehin schon erscheint, sie arbeitet in der Momentum gleich vierfach. Schließlich brach sich d'Agostino förmlich einen ab, um die Gegentakt-Verstärkerstufen von Natur aus so verzerrungsfrei zu designen, dass sie auch ohne die fragwürdige Korrektur einer Gegenkopplung auskommen (die selbst zu zwar kleinen, aber unharmonischen Artefakten führt). Voila, in der Momentum nennt sich wiederum eine gesamte derartige Viererbande mit Fug und Recht von und zu.
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So sehr sich d'Agostino bemüht, der Musik ihre Natürlichkeit zu belassen, so traut er dieser oder jener Aufnahme eben nicht. Es gibt welche, da fehlt es offenkundig an Bass, bei anderen hatte der Tonmeister wohl seinen schwarzen Höhentag.
Also bringt die Momentum - in vierfacher Ausfertigung - wieder die guten alten Klangregler mit. Dies sollte den Puristen aber nicht wurmen. Erstens wurden die Frequenzgänge der mit Einzel-Bauelementen komponierten Filter genauer denn je auf die häufigsten Konzertsaal-Unfälle abgeglichen. Zweites warnt die Beleuchtung einer kleiner dBSkala bei den putzigen Knöpfen vor versehentlicher Aktivierung. Drittens lassen sich die Filter wieder komplett aus dem Signalweg schalten.
Auf jeden Fall bildet die Momentum eine Art Autobahn, die sich nahtlos in symmetrische Verbindungswege einfügt und sie nie unterbricht. Die Vorstellung, dass sie Gleichtaktstörungen ungerührt weiterleitet, löst zunächst Stirnrunzeln aus. Und nach genauerer Überlegung eine Glättung. In einer vollsymmetrischen (!) High-End-Kette, in der eine Momentum bitteschön wirken will, findet die finale Gleichtaktunterdrückung sowieso erst ganz zum Schluss statt. In diesem luxuriösen Fall löschen sich die bis dato eingefangenen Einstreuungen erst an den Boxenklemmen (indem in die gleiche Polaritätsrichtung zuckende Spannungen die Differenz Null ergeben) in einem vorteilhaften Gesamt-Aufwasch aus.
Hörtest
Im Hörraum brauchte es noch nicht einmal die ganz großen symmetrischen Momentum-Endverstärker, um die Vorteile dieses Prinzips zu erkennen. Es reichten schon die Sugden-Monoblöcke MPA 4 für 9.400 Euro, um zu erkennen, dass d'Agostinos Preamplifier in einer geradezu überirdischen Liga spielt. Üblicherweise lassen selbst die besten der besten Vorstufen noch irgendwelche charakteristischen Eigenheiten erkennen. So übt sich eine immer noch fantastische, aber inzwischen in die Tage gekommene Cello Encore durchaus in Perfektion, in den Wiedergabe- Proportionen, in Höhe und Weite. Nur dass sie halt ganz oben raus einen winziges Tick krätzelt. Andere vorzeigbare Vorstufen lösen das keineswegs triviale und auch nicht durch ein passives Zwischenstück umgehbares Problem durch eine sanfte Verrundung sowie eventuell durch eine dezente Überbetonung der Bässe und der Dynamik.
Nicht so die Momentum. Sie lässt die Dinge in einer stupend-erhabenen Weise einfach so fließen und wiegen und wachsen, wie sie der Musiker erschaffen hat. Nein, keine Angst, sagt sie zu den Geigen, ich denke gar nicht daran, an eurem Lack zu kratzen, ich trage bei dem luftig-mähnigen Roßhaar der Bögen weder zu wenig noch zu viel Kollophonium auf.
Schlugen die Klavierläufe eines Brad Mehldau ihre Kapriolen in einer bis dato ungehörten Freiheit, erwies sich die Momentum- Vorstufe vor allem auch für die Stimmenwiedergabe als Glücksfall. Donnerwetter, eine Vienna Teng kann ohne den geringsten falschen Zungenschlag ja noch vergeistigter singen. Und sieh' einer an, via Momentum Pre tritt eine Ulita Knaus ja noch vitaler, resoluter auf. Also: Wer sich bereits am High-End-Zenith wähnt, sollte sich von Dans neuer Vorstufe zeigen lassen: Das Leben kann noch viel schöner sein!
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