D/A-Wandler

TotalDAC D1-Tube im Test

2.1.2014 von Stefan Schickedanz

Der TotalDAC D1-Tube stammt aus einer kleinen französischen HiFi-Schmiede, die vor Know-how und Kreativität strotz. Der D/A-Wandler überrascht im Test mit einem sensationell natürlichen Klang.

ca. 4:15 Min
Testbericht
VG Wort Pixel
TotalDAC D1-Tube
TotalDAC D1-Tube im Test: Vincent Brient überrascht mit einem sensationellen DAC.
© Julian Bauer, Archiv, MPS

Pro

  • sehr großer Spielfluss
  • extrem homogen
  • natürliche Klangfarben
  • klingt überhaupt nicht "digital"

Contra

  • umständliche Bedienung

Als die CD Anfang der 80er Jahre auf den Markt kam, haderten die Entwickler noch mit der korrekten Rückwandlung jener 16 Bit, die damit möglich waren. Meist reichte die Auflösung der Spieler nur für 14 Bit, weshalb Philips mit dem raffinierten Dynamic Element Matching (DEM) seine legendären TDA1541- DACs auf die nötige Genauigkeit trimmte.

Die 1541er genießen bei Puristen bis heute höchste Wertschätzung, einige der teuersten DACs dieses Universums nutzen sie immer noch, ansonsten starben echte Multibit- DACs in den folgenden Jahren weitestgehend aus - und machten Platz für die einfacher zu produzierenden Chips in Einbit- oder Niedrigbit-Technik.

TotalDAX D1-Tube Ausgänge
Zahlreiche Digital-Eingänge (erweiterbar durch optionalen Reclocker d1 Digital), optionale Digital-Aktivweichen mit 2. (hier eingebaut) und 3-Wegen sowie 69-Bit-Lautstärkerregelung machen den d1-tube zur radikalen Röhren-DAC-Vorstufe.
© Julian Bauer, Archiv, MPS

TotalDAC D1-Tube: Funktionsweise

Vincent Brient dreht mit seinem TotalDAC die Zeitachse herum - und baut nicht nur einen hundertprozentig reinen Multibitler, sondern reist sogar zurück in die Digital- Gründerzeit, als man Wandler noch aus diskreten Einzelbauteilen komponierte. Jedem der 24 Bit ist also ein Widerstand zugeordnet, dessen Wert sich vom Most Significant Bit (MSB) bis zum Least Significant Bit (LSB) jeweils halbiert.

Aus den daran abfallenden Spannungen lässt sich in 16.777.216 (224) Stufen das ursprüngliche Musiksignal rekonstruieren - wenn alles gut geht. Das war früher schon bei vergleichsweise einfachen 16 Bit oft nicht der Fall, denn anders als bei den heute verbreiteten Sigma-Delta-Konvertern fiel beim Multibit-Prinzip der Nulldurchgang des Wandlers mit dem des Signals zusammen. Bei der positiven Halbwelle war das MSB (allein genau so groß wie alle restlichen Bits zusammen) an, im negativen Teil aus.

Praxis: HiRes-Musik-Downloads - besser als Audio-CDs

Es braucht nicht viel Elektronik-Know-how, um sich vorzustellen, welchen Einfluss unter diesen Umständen bereits winzige Widerstandstoleranzen auf das Klirrverhalten des Wandlers haben (der absolute Klirrpegel bleibt immer gleich, steigt aber im Verhältnis drastisch an, wenn das Signal leiser wird). Um sich allein an einen diskreten 24-Bit-Konverter heranzutrauen, sollte man nicht nur - wie Brient - erfahrener Ingenieur sein, sondern auch starke Nerven haben. Schließlich waren schon an diskreten 16-Bitlern früher ganze japanische Entwicklerteams um ein Haar verzweifelt.

TotalDAX D1-Tube Innenleben
Hinter dem diskreten 24-Bit-D/A-Wandler folgen nur zwei Doppeltrioden ECC82/12AU7 zur Impedenzanpassung. Alternativ gibt es den D1 auch ohne Röhren - der DAC treibt dann den Ausgang tatsächlich direkt.
© Julian Bauer, Archiv, MPS

TotalDAC D1-Tube: Aufbau

Auch der kühne Gallier musste Lehrgeld bezahlen, bis er schließlich dank sündteurer Folienwiderstände von Vishay mit Toleranzen von 0,01% den Durchbruch schaffte. Zur Ehrenrettung sei gesagt, dass die Digital-Pioniere ihre 16-Bit-Aggregate noch ohne die enorme Logik-Power betreiben mussten, die Vincent Brient heute zur Verfügung steht: Die diskreten Widerstands-Spaliere im TotalDAC werden von einem extrem leistungsfähigen DSP angesteuert, der nebenbei eine ultrapräzise Lautstärkeregelung ermöglicht - nicht durch grobes Bit-Abhacken, sondern mit raffinierten Dither-Algorithmen, die dem Signal auch bei geringer Lautstärke kein Härchen krümmen.

Gegen relativ moderaten Aufpreis gibt es den TotalDAC auch mit vier oder sechs Kanälen; der DSP dient dann zusätzlich als digitale, frei konfigurierbare Frequenzweiche, um beliebige Mehrwege- Systeme aktiv zu betreiben - für experimentierfreudige High-Ender eine Traumkombination aus nahezu unbegrenzten Möglichkeiten und kompromissloser Qualität in der Ausführung.

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In jedem Fall kommen aus dem Widerstandsnetz habhafte Spannungen statt der bei Chip-DACs üblichen Popelströmchen heraus. Heikle Strom-Spannungswandlerstufen und weitere Verstärkungsschritte können entfallen. Es reicht, puristischer geht's kaum, ein Doppeltrioden-Duo in reiner Puffer- Funktion, bevor es zu den Cinchbuchsen und weiter gen Endstufe geht.

Messwerte auf allerhöchstem Niveau bestätigen Brients Tour de Force, deren Ziel aber zunächst unklar bleibt: Ist sie womöglich ein rond-point, ein Kreisverkehr, eine wunderschöne Lösung, die noch auf der Suche nach einem Problem ist? Schließlich kann man doch auch mit aktuellen Edelchips überragend klingende Wandler bauen...

TotalDAX D1-Tube Wandler-Linearität
Wir packten die alte Wandler-Linearitätsmessung aus - und staunten: Während diskrete HiFi-DACs in der Vergangenheit mit den 16 Bit der CD haderten und bei kleinen Signalen unter -80 dB ins Schlingern kamen, verläuft die Rampe des TotalDAC vorbildlich gerade bis zum Ende des Messbereichs bei - 120 dB hinunter. Auch die Rechteckwiedergabe gelingt perfekt, denn das FIR-Digitial-Filter lässt sich mit der zweckentfremdeten Phillips-Fernbedienung abschalten, was rund 3 dB in den Höhen kostet, aber zu perfekter Impulswiedergabe führt.
© AUDIO

TotalDAC D1-Tube: Hörtest

Das glaubt man, bis man den TotalDAC gehört hat. Direkt an die Endstufe angeschlossen erfüllte der Bretone den Traum von wohltemperiertem Digital-Klang für alle denkbaren Quellen inclusive PCs mit Auflösungen bis 24Bit/192kHz. Die Performance wirkte völlig stimmig, ohne Ecken und Kanten und so vollendet natürlich, wie wir das bislang nur vom MSB Analog DAC kannten - interessanterweise auch ein DAC mit diskreter Architektur.

Die Klangfarben waren so gehaltvoll und naturbelassen wie ein Grand Cru. Für alle, denen Digital eigentlich ein bißchen zu fad erscheint, zauberte der Franzose ein akustisches Fünf-Sterne-Menü mit satten Bässen und mildem, keinesfalls stumpfem Hochtonaroma. Selten passte das für Produkte aus unserem Nachbarland gerne bemühte Klischee "geht runter wie guter Wein" so treffend wie bei dieser entspannend flüssigen, stimmigen Darbietung.

Der formidable Resolution Audio Cantata MC wirkte dagegen bisweilen mit seiner Attacke und Detailverliebtheit ungeachtet seiner amerikanischen Abstammung wie ein zackiger Preuße, der jede Note auf die Goldwaage legt. Er erwies sich aber nach objektiven Kriterien wie Auflösung, Fokus und Präzision als Benchmark, die den flexiblen Franzosen bei 130 Punkten festnagelte. Trotzdem hat der d1-tube das Zeug zum Kult, zum Geheimtipp für alle, die ungebremste Musikalität vor das letzte Quäntchen Auflösung stellen.

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Der Frequenzgang zeigt auch mit FIR-Filter einen leichten Höhenabfall von -1 dB bei 20 Kilohertz. Der Rauschabstand von 114 dB ist tadellos. Die hohe Standby-Stromaufnahme von 18,7 Watt ist ein als Zugeständnis an die Kleinserie hinzunehmen. Bei der mustergültig gleichmäßig zur höheren Ordnung abfallenden Klirrverteilung wird es Röhrenfans warm ums Herz, gutmütiger K2 dominiert. Übersteuert bei digitaler Vollaussteuerung, Zurücknahme der Lautstärke bzw. die naheliegende Verwendung als Vorstufe lösen das Problem.
© Archiv

Fazit

Chapeau, Monsieur Brient! Vor gut 25 Jahren habe ich einen durch Technologie-Preis in Japan geehrten, diskret aufgebauten Super-DAC mit spleenigem Spline-Function- Digitalfilter nassforsch in die Unterklasse eingestuft. Heute ziehe ich den Hut vor einer kleinen gallischen HiFi-Schmiede. Solche "Guerilla-Aktionen" bereichern unser Hobby und adeln Europa als Hort besonderer Kreativität.

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