Testbericht

B&M ICE502 + BM Line 15 im Test

7.12.2012 von Malte Ruhnke

Die Vorstufe ICE502 von Backes & Müller kann Digitalsignale unverfälscht in eine Aktivbox übertragen. Wir haben sie zusammen mit der BM Line 15 getestet.

ca. 6:45 Min
Testbericht
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B&M ICE502 + BM Line 15
B&M ICE502 + BM Line 15
© Hersteller/Archiv

Pro

  • genial vielseitiges Digitalvorstufenkonzept
  • USB-Eingang und A/D- wie D/A-Wandler
  • verarbeitet viele Quellen
  • kann verlustfrei zu vielen B&M-Boxen übertragen
  • klingt auch analog überzeugend

Contra


Wenn es einen Preis gäbe für Understatement im High-End-Bereich, die ICE502 von Backes & Müller wäre ein heißer Anwärter auf den Titel. Nicht nur, dass sie ihre Frontplatte und Anzeigen hinter einer matten Acrylglasscheibe verbirgt und auch in Größe und Gewicht für ein High-End-Gerät äußerst unscheinbar daherkommt, ihre Funktionsvielfalt würde man mangels Bedienelementen nicht einmal im kühnsten Traum erraten.

B&M ICE502: Anschlüsse

Der Papierform nach handelt es sich um eine Stereo-Vorstufe. Und in der Tat kann der Besitzer zwischen den acht Eingangsquellen wählen und die Lautstärke mit dem großvolumigen Knopf - dem einzigen Bedienelement auf der Frontseite - anwählen. Die bloße Zahl der potenziellen Quellen mag schon beeindrucken, doch für den Musikhörer-Alltag ist die Vielfältigkeit wichtiger: Neben zwei analogen Inputs und je zwei klassischen S/PDIF-Cinch- und optischen Anschlüssen bietet die 502 auch einen XLR-Eingang mit der Bezeichnung AES/ EBU. Dieser nimmt Signale von Profi-Digitalquellen wie Netzwerk- Playern, CD-Laufwerken, Mischpulten oder DAT-Spielern auf. Selbstredend in allen gebräuchlichen Auflösungen, auch 192/24, für die Freunde von Hi-Res-Downloads ein zwingend notwendiges Feature. 

Backes & Müller ICE502
Die ICE502 macht ihrem Namen optisch alle Ehre: Die Front aus matt geschliffenem Acrylglas lässt nur einen undeutlichen Blick auf das Logo und den gewählten der insgesamt acht Eingänge zu.
© Hersteller / Archiv

Ebenso hochauflösend können die Daten direkt aus dem PC oder Mac an die B&M übertragen werden. Hierzu dient der achte Eingang vom Typ USB, der dann im Rechner als Soundkarte oder Audio Device angemeldet wird, was in der Regel automatisch geschieht. Die ICE ist also nicht nur Vorstufe, sondern zugleich D/A-Wandler. Wobei man sich schwertut, sie als solchen zu bezeichnen, hat sie neben den zwei Paar analogen Ausgängen (Cinch und XLR) doch noch ein Pärchen digitaler Outputs, ebenfalls im symmetrischen XLR.

B&M BM Line 15: Aufbau

Besitzer einer Aktivbox mit Digitaleingang werden die digitale Anschlussvariante wählen, wobei ein Adapter auf Cinch hier unproblematisch ist, sofern kein AES/EBU-Eingang zur Verfügung steht. Das Signal beinhaltet stets beide Kanäle, deshalb muss in der Box auswählbar sein, ob sie den linken oder rechten Kanal überträgt.

Test: Audionet DNP

Das ist etwa in der BM Line 15 voreingestellt. Die Drei-Wege-Aktivbox stellt so etwas wie ein Bindeglied zwischen den beiden Serien bei B&M dar, besitzt sie doch bereits die volldigitale Weichenelektronik und alle Equalizer-Funktionen der teuren BM25 und BM35 , setzt bei der Schallwandlung aber auf konventionelle dynamische Chassis.

B&M BM Line 15
B&M BM Line 15
© Hersteller / Archiv

Der Mittelhochtonbereich wird zwischen drei Tönern aufgeteilt, wobei die Anordnung nach den Vorgaben von D'Appolito - also Mitteltöner, Hochtöner, Mitteltöner - zu einer Ortung aller Klangereignisse auf der Hochtönerachse führen soll. Der B&M-Vordenker Johannes Siegler spricht hier von einer "virtuellen Koax", also der Annäherung an eine Punktschallquelle, die nur durch die Einhaltung der D'Appolito-Regeln mit einer tiefen Trennfrequenz (1500 Hz) erreichbar ist. Damit der Hochtöner weder verzerrt noch Schaden nimmt, wird hier eine besonders effektive und trotzdem phasenlineare digitale FIR-Weiche eingesetzt.

Pro

  • digitale Aktivbox mit überragendem Timing
  • ultrapräziser Bass und holografische Abbildung
  • spielt homogen warm mit selbstverständlicher Auflösung
  • passt sich räumlichen Gegebenheiten flexibel an

Contra

Die beiden 12 Zentimeter messenden Mitteltöner mit Kohlefasermembran sind hinter einem Schlitz verbaut, der sich harmonisch an die Schallführung des Hochtöners anschließt und das horizontale Abstrahlverhalten aller drei Töner verstetigen soll. Die Schallwand aus Kunststein ist dabei nicht plan, sondern wie eine große Schallführung leicht zu den Seiten hin gerundet - das beschränkt den Abstrahlwinkel auf einen sinnvollen Nutzbereich von etwa +-60 Grad und verringert zudem effektiv das Auftreten von Kantenreflexionen. Auf eine Sensorregelung der Mittel- oder gar Hochtöner wird mit Absicht verzichtet; die digitale Weiche kann die Bewegung der Töner auch ohne Messung bestens linearisieren sowie das Zeitverhalten optimieren.

Interview: Johannes Siegler, Geschäftsführer Backes & Müller

Die beiden Bass-Chassis mit 20 Zentimetern Durchmesser spielen bis 400 Hz hinauf und verfügen hinter ihrer Kohlefasermembran über einen induktiven Beschleunigungsaufnehmer. So kann die Elektronik mögliche Abweichungen vom Musiksignal - ob Kompression oder Nachschwingen - aktiv und ohne merkliche Verzögerung über die Endstufe korrigieren. Angetrieben wird jeder der drei Treiberzweige von einer eigenen, im Fall der Bässe 180 Watt Sinus starken MOSFET-Endstufe.

Anordnung von Mittel- und Hochtönern
Die Anordnung von Mittel- und Hochtönern folgt dem D'Appolito- Prinzip - doch alle drei Treiber sitzen hinter einer schlitzförmigen Schallführung
© Hersteller / Archiv

Die Verwendung klassisch-analoger Endstufentechnologie und modernster Digitalfilter ist für Siegler kein Widerspruch. Im Gegenteil: Nur die modernen FIR-Weichen ermöglichen hohe Flankensteilheiten und beste Entzerrungsmöglichkeiten, ohne die Signale im Zeit- und Phasenbereich zu verfälschen. Auf der anderen Seite spricht er den MOSFET-Endstufen eine bestmögliche Kontrolle über die Chassis zu, die nur bei direkter Ankopplung an selbige erreichbar ist. Ganz konventionell sind die Verstärker nicht: Sie beinhalten eine analoge Lautstärkeregelung, die sich von der Vorstufe auch fernsteuern lässt und damit den besten denkbaren Rauschabstand ergibt.

B&M ICE502 & BM Line 15: Hörtest

Im Zeitalter der Surround- und Netzwerktechnik freut sich der geneigte HiFi-Tester schon über eine Komponente, die ohne jeglichen Installations- und Setup- Prozess einfach ab dem Einstecken spielt. Zu dieser angenehmen Gattung gehört die ICE definitiv: Der Netzwerkspieler Linn Akurate DS lieferte die Daten der digitalen "Reference Recordings" in der ungewöhnlichen Auflösung 176/24 - kein Problem für die ICE, die ab der ersten Sekunde den Datenstrom verarbeitete und lautstärkegeregelt an die BM Line 15 weitergab. Richard Strauss' "Tanz der sieben Schleier" tönte mit großer Geschlossenheit und Stimmigkeit, die dynamische Energie baute sich langsam und völlig selbstverständlich auf, das Orchester klang homogen und vollmundig.

Eingangsplatine
Der Knopf der ICE502 steuert ein Poti - die Regelung erfolgt aber digital oder als Steuersignal. Mittig das gekapselte Netzteil, unten die Eingangsplatine.
© Hersteller / Archiv

Wer beim Schlagwort "voll digitale Anlage" Assoziationen an kühlen, technischen Klang hat, darf sich von der B&M-Anlage eines Besseren belehren lassen: Bereits mit der herkömmlichen Anschlussvariante über ein geregeltes AES/EBU-Signal bestach die Kette auch beim analog zugespielten "Calling all Stations" (von Genesis) mit einer wohligen Wärme und ihrem herausragend musikalischen Sinn für Timing. Die mitunter etwas lässigen Bassanteile der Aufnahme gerieten ihr kräftig, aber nie schwammig. Wegen der unglaublichen Homogenität hatte man eher das Gefühl, hier einem Breitbänder oder einer puristischen Zwei-Wege-Box zu lauschen statt einer so komplexen Kette.

Im Schlusschor von Beethovens 9. Sinfonie (Haitink, LSO) durfte die BM15 dann Dynamik auf Auflösung demonstrieren. Und wie sie das tat! Sänger und Instrumentalisten staffelte sie mit traumwandlerischer Genauigkeit und ließ den Hörer so das musikalische Geschehen selbst beim Zurücklehnen mühelos verfolgen. Ihre Kraft behielt sie bis zu den Paukenschlägen und den massierten Tutti zunächst für sich, ohne die leisen Passagen wie den Einsatz des Baritons zu überfrachten. Ihre Raumdarstellung war extremst genau, klangfarblich von einer gewissen Gemütlichkeit geprägt, doch nicht übermässig weit in die Tiefe gestaffelt, sondern stets relativ direkt.

Praxis: Lautsprecher richtig aufstellen und einwinkeln

Auch mit der schönen, neuen Musikwelt aus dem PC harmonierte die ICE502 prächtig: Die Verbindung ihres USB-Eingangs mit dem PC gelang nach kurzer Bestätigung des entsprechenden Treibers problemlos, und Carlos Santanas "You Are My Kind" (featuring Seal) groovte über die BM15 mit perfektem Rhythmusgefühl und einem satt auf den Punkt spielenden Fundament los, dass es eine wahre Freude war. Die voll digitale B&M-Kombi ist offensichtlich zukunftsfest - und zweifellos eines der High-End- Konzepte, dem die Zukunft gehört.

Anschlussfeld der ICE502
Das Anschlussfeld der ICE502 beherbergt zahlreiche Eingänge (rechte Hälfte). Neben dem USB-Eingang sitzt die Steuerbuchse für Digitalboxen der Serie BMLine (ganz links).
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Anschlüsse und Lautstärkeregelung

Digitalsignale im PCM-Format (Puls-Code-Modulation) werden im Allgemeinen nach Samplingrate und Wortbreite spezifiziert. Auf CDs ist das Musiksignal mit 44,1 kHz (also 44 100 Abtastwerten pro Sekunde) und 16 Bit Wortbreite gespeichert, was 65.536 verschiedenen Lautstärke-Abstufungen oder einer Maximaldynamik von 96 dB entspricht.

Digitalsignale in der Lautstärke zu regeln ist technisch machbar; da aber eine Aussteuerung über Digital Null nicht möglich ist, entspricht jede Pegelregelung einer Absenkung und damit einem theoretischen Verlust an Dynamik. Bei 16 Bit Signalverarbeitung ist das nicht zu empfehlen. Die digitale Lautstärkeregelung der ICE 502 regelt deshalb alle Signale, auch die von CD zugespielten mit 24 Bit.

Test: Electrocompaniet ECI 6 DS

Noch konsequenter geht es in Verbindung mit einer Backes&Müller-Aktivbox der BMLine-Serie. Diese Boxen verfügen über die Fähigkeit, an ihren digitalen Eingängen immer ein ungeregeltes Signal höchster Dynamik zu akzeptieren und die Lautstärke erst mithilfe eines Steuersignals direkt in den Endstufen analog anzupassen. Das hat den theoretischen Vorteil, dass auch bei wenig ausgesteuerten Musikstücken und geringer gewählter Lautstärke die volle digitale Dynamik übertragen und von der digitalen FIR-Weiche verarbeitet wird. Der Pegel wird dann erst am unmittelbaren Schluss der gesamten Kette, also in den jeweiligen Endstufen für Tief-, Mittel- und Hochtöner, wirklich abgesenkt.

Benutzeroberfläche der FIRcontrol-Software
Benutzeroberfläche der FIRcontrol-Software. Die Equalizersumme wird graphisch dargestellt, was die Anpassung der parametrischen Filter erleichtert.
© Hersteller / Archiv

FIR-Weiche der BM15: Mit PC steuerbar

Die auf Hochleistungs-DSPs basierende Frequenzweiche der BM Line 15 sorgt nicht nur für eine phasen- und zeitkohärente Aufteilung der Frequenzen in drei Wege. Die Rechenpower lässt sich zudem auch für umfangreiche Equalizer-Funktionen und eine Raumanpassung nutzen. Die optionale Software FIR-Control erlaubt es, neben den zwei breitbandigen Shelve-Filtern zur Anpassung von Höhen und Bässen an Raumakustik und Aufstellungsort auch drei zusätzliche vollparametrische Filter zu setzen. Letztere lassen sich in Einsatzfrequenz und Güte anpassen, etwa wenn eine Resonanz oder Schallreflexion im Raum schmalbandig ausgeblendet werden soll. Ebenso ist eine Delay-Funktion für zentimetergenaue Abstandskorrektur möglich. Die Software läuft auf handelsüblichen PCs, die Box wird mittels Adapter an die serielle Schnittstelle angeschlossen und "fernbedient". Verschiedene EQ-Einstellungen lassen sich dabei speichern und später wieder zur Box zurückspielen.

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