Röhren-Vollverstärker
Audiomat Aria im Test
Nach anstrengendem Tagwerk freut sich der Kenner auf natürliche, sinnliche Klänge - und auf einen liebevoll handgefertigten Röhrenverstärker, wie den Audiomat Aria, der aus dem sonnigen Süden Frankreichs kommt.
Der Röhren-Vollverstärker Audiomat Aria gibt die Sicht durch seine Glasfront erst nach dem Aufheizen frei. Dann erschließt sich dem Träumer erst einmal ein Märchenland: Mit eisernen Trutzburgen, rötlich schimmernden Laternen und bizarren Türmen. Darin und drumrum huschen Zwerge und Elfen - denn nur sie kennen sich mit der Unterwelt, mit dem geheimnisvollen Leiterbahn-Labyrinth ganz genau aus.
Das gilt ansonsten nur für Götter in Frankreich: Für Denis und Norbert Clarisse, die in ihrem Häuschen am Chemin de Regage des Kleinstädtchens Detrousse in Seelenruhe ihrem Handwerk nachgehen. Und nur milde lächeln, wenn ein Dummkopf ihren Aria wegen seiner Bestückung mit den gängigen Doppeltrioden ECC 83 und ECC 82 sowie mit zwei Ausgangs-Pärchen EL 34 einen Allerwelts-Röhrenverstärker nennt.
Audiomat Aria: Class-A-Betrieb
Das Autre-Chose geht schon damit los, dass die Gebrüder nicht irgendwelche und auch keine Winged C's von Svetlana benutzen. Sie ordern stattdessen die E34L, dem nachgestellten L zufolge eine Langlebeausführung des slowakischen Hersteller JJ. Nach Erhalt werden die Kolben zunächst 150 Stunden eingebrannt, denn erst dann klingen sie für den Geschmack der Herrschaften comme il faut.
Den gravierendsten Unterschied zu volkstümlichen Verstärkern macht aber der Ruhestrom aus, der laut Audiomat erst kurz vor Vollaussteuerung von Musikschwingungen überrundet wird. Zu Deutsch und während sich andere das eher nur wünschen: Der Aria läuft weitestgehend im Class-A-Betrieb. Er steht stets unter Volldampf, bleibt aber dafür bei geraden Abschnitten der Kennlinienfelder, so dass er auch schon ohne Über-alles-Gegenkopplung fehlerfrei arbeiten kann.
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Der gute Wille hat nun aber eine ganze Reihe von Konsequenzen. So ginge der Kern eines Allerwelts-Ausgangsübertrager bei dem hohen Dauerstrom unter erbärmlichem Kreischen in die Sättigung. Den Magnetfluss im Eisen mit einem Spalt zu unterbrechen, erschien den Detroussern wegen drohender Basschwäche auch keine Lösung.
Ergo suchten sie mit Geduld und mit Hilfe der Trafo-Spezialisten der Toulouser Firma ACEA (Ateliers Constructions Electriques Aeronautiques) eine Kern- und Bewicklungsdimensionierung heraus, die den Ruhestrom gerade noch abkann und trotzdem nicht - wegen unvermeidlicher Streukapazitäten - zu Höhenverlusten führt.
Audiomat Aria: Eingangsröhren
So geht es Punkt für Punkt mit erhabener Kultur weiter. Etwa damit, dass auch die Kathoden, also die Fußpunktelektroden der E34L ihre eigenen Wickel auf den ACEAs besitzen - weil sich über die resultierende Mitkopplung eine weitere Linearisierung einstellt (wie weiland beim englischen Quad II). Auch prima: Dass sich eine Aria-Endstufe über den Spannungsabfall am fein ausbaldowerten Kathodenwiderstand auch auf andere EL 34 einregeln kann.
Die kleineren Eingangsröhren arbeiten in Spannungsverstärker- und Phasensplitterstufen. In letzteren zwingt die eine Triode die andere über eine Verbindung der Kathoden mit umgekehrtem Auslenkungsvorzeichen zu folgen - genau so wie es in 1000 anderen Verstärkern geschieht. Im Gegensatz zu den allermeisten arbeitet der Aria aber ohne Gegenkopplungsschleife, die in der Regel nur die Bass-Teufel mit Höhen-Beelzebuben austreibt.
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Um auch ohne die zweifelhafte Korrektur auszukommen, braucht der Aria Präzisionsbauteile und eingemessene Eingangsröhren (die also nicht hopplahopp ausgewechselt werden können!). Außerdem findet der Service Trimmpotentiometer vor, mit denen (und entsprechenden Labormitteln) die Splitter-Symmetrie und der Klirrverlauf feinjustiert werden können.
Nicht zuletzt braucht es ein urstabiles Netzteil - am besten eines mit martialischen Schraubanschluss-Elkos von Sic Safco aus Saint Nazaire. Und dazu parallelgeschaltet riesige, nahezu unbezahlbare Folienkondensatoren von SCR aus Montierchaume. Einfach deswegen, weil ein Netzteil nur mit einer solchen Kombination eine vollendet ausbalancierte Stromversorgung bieten kann.
Hörtest
Trotz aller einleuchtenden Technik: Beim Hörtest neigte sich der Audiomat Aria wieder weniger den Realos als den Träumern zu. Zu denen, die wissen, wie sich ein tiefblaues Lavendelfeld in einer sanften Mittelmeer-Brise wiegt. Denn genau so fasst der Aria die Töne an. Weniger mit Highspeed-Stress und weniger mit nackter Gewalt als mit Sensibilität und Naturgefühl.
Was nicht heißen soll, dass Klavierläufe nicht leuchteten. Ganz im Gegenteil: Während andere Verstärker glaubten, bissige Akzente setzen zu müssen, flossen die Fingersätze via Audiomat auch ohne Übertreibungen kristallklar wie ein durchaus reißender, glitzernder Gebirgsbach dahin.
Auch Bässe bereiteten nichts als Feude. Statt tumbem, PS-starkem Jetzt-komme-ich putzte der Aria viel lieber höchst symphatische, individuelle Tieftonfiguren heraus. Solche, die galant um die rhythmischen Ecken flutschen. Oder lebhaft pulsierende und dann plötzlich nach Frauenart singende. Oder angenehm-tiefbraunzottelige Bären, die - neben der Arbeit in tragender Rolle - ihre eigenen Geschichten erzählen können.
Ein "alle Achtung" verdiente sich nun aber nicht nur der Franszose, sondern auch der zum Vergleich angetretende 3.000-Euro-Verstärker Lua 4545 L . Nach einer Reihe von CDs stand aber fest, dass der um 1800 Euro teurere Franzose beispielweise dem korpushaft-süßlichen Naturklang einer Geige noch näher kam. Insofern lassen sich mit dem Aria doch noch sinnenfrohere Musikabende verbringen.
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