Testbericht
Audio Research Reference DAC im Test
Im Reference DAC kombiniert Audio Research jahrzehntelange Vorstufen-Erfahrung mit neuesten Trends digitaler Musikreproduktion. Das mächtige Gerät ist vielleicht schon zu modern für die alten Fans - wird dafür aber viele neue hinzugewinnen.
Als im Januar 2008 die italienische Investmentgruppe Quadrivio den amerikanischen Kult-Hersteller Audio Research übernahm, sahen viele US-Audiophile darin den Anfang vom Ende. Zumal sich gleichzeitig der Firmengründer William Z. Johnson von seinen operativen Ämtern zurückzog und der Firma fortan nur noch als "Ehrenvorsitzender" dienen sollte.
Die Markteinführung des Reference DAC hat Johnson nicht mehr mitbekommen - er verstarb Ende 2011 im Alter von 85 Jahren. Davon abgesehen ist in der Firma aber erstaunlich vieles beim Alten geblieben: Nach wie vor wird jedes Gerät per Hand weder in China noch in Italien, sondern in Minnesota gebaut. Nach wie vor bilden Röhrengeräte die überwältigende Mehrheit im Produkt-Lineup, darunter herrlich unzeitgemäße Ungeheuer wie die neuen Monoblöcke Reference 750, die schon im Leerlauf jeweils 800 Watt aus dem Netz ziehen und pro Kanal fast 80 Kilo auf die Waage bringen.
Reference DAC: Vielseitiger D/A-Wandler
Den Reference DAC kann man direkt mit diesen Endstufen oder beliebigen anderen guten Leistungsverstärkern verbinden - in jedem Fall erhält man eine hochmoderne und vielseitige Anlage, der nur noch Boxen fehlen. Denn der DAC ist mehr als sein Name verrät.
Der Zusatztitel "Digital Media Bridge" links unten auf der zentimeterstarken Alufront trifft es gut: Der neue Audio Research soll der gesamten Vielfalt digitaler Musik als Brücke in die Anlage dienen, unabhängig von der Darreichungsform - vom Webradiostream über das S/PDIF-Signal eines CD-Spielers bis hin zur hochauflösenden Studiomaster-Datei.
Ein DAC mit sämtlichen aktuellen Schikanen, mit integriertem Netzwerkplayer, gekoppelt an eine Ausgangsstufe, die direkt aus den ganz großen Vorstufen des Herstellers transplantiert scheint - ein solches Gerät bestellt man sich nicht irgendwann mal ganz entspannt zum Testen.
Praxis: Musikarchiv anlegen und ordnen
Ein solches Gerät will man sofort haben, schleppt es eigenhändig vom Messegelände der Münchner HIGH END, weil dort das erste, eigens eingeflogene Exemplar spielte. Man chauffiert es dann im Privatwagen zum Redaktions-Hörraum, um zu verhindern, dass Murphys Logistik-Gesetz zuschlägt, nach dem wichtige, zeitkritische Transportgüter besonders häufig spontan dematerialisieren. Und man überredet Fotografen zu Nacht- und Wochenendarbeit, um möglichst viel Zeit ohne lästige Unterbrechungen mit dem Gerät verbringen zu können.
Reference DAC: Digitale Eingänge
Ähnlich wie die DSM-Modelle des Netzwerkpioniers Linn vereint auch der Reference DAC alles Digitale in einem Gerät, verzichtet aber im Gegensatz zu den Linns auf analoge Eingänge. Die digitale Eingangsseite ist dagegen extrem vielseitig: Neben klassischen Schnittstellen von AES/EBU über BNC bis hin zu optischem TOSLink finden sich über Front und Heck verteilt auch gleich drei USB-Eingänge.
Der USB-B-Input an der Vorderseite liest und spielt Speichersticks und portable Festplatten, ein weiterer B-Port hinten ist auf iPods spezialisiert. Daneben sitzt, nun normgerecht mit A-Buchse, der klanglich wie messtechnisch beste Digitaleingang, den der ARC zu bieten hat: asynchrones Highspeed-USB für eine praktisch jitterfreie Übertragung bis 192 Kilohertz Abtastrate.
Im Streamingbereich haben sich die Amerikaner österreichische Hilfe geholt: Die Stream700-Plattform der Wiener Spezialisten Stream Unlimited gehört zu den zuverlässigsten, stabilsten und höchstwertigen Zukauf-Lösungen am Markt. Mittlerweile gibt es dafür auch eine gut funktionierende, kostenlose Steuer-App unter dem Namen Songbook Stream 700.
Auch Computer-Audiophile, die den ARC als USB-DAC nutzen, können bequem im Sofa sitzen bleiben, da Fernbedienungs-Befehle zumindest der Laufwerks-Grundfunktionen vom DAC an die angeschlossenen Spielerprogramme weitergeleitet werden.
Reference DAC: Klang
Das ist gerade im Zusammenhang mit dem Audio Research wichtig, weil dem Hörer schon nach den ersten Takten drei Gedanken durch den Kopf schießen: 1) Das kann doch nicht wahr sein. 2) Das wird ein langer Abend. 3) Das Ding darf nie wieder meinen Hörraum verlassen. Der Reference DAC macht aus den Digitaldaten wohlbekannter Stücke etwas völlig Neues, Lebendiges, mit jedem Album aufs Neue Überraschendes und erinnert dabei weniger an irgendeinen bisher bekannten D/A-Wandler, als vielmehr an die großen Audio-Research-Phonostufen, die mit MC-Signalen eine vergleichbare Transformation vollziehen.
Praxis: Alles über D/A Wandler
Wie um zu beweisen, dass gute Chips allein nicht ausreichen, entlässt die riesige Röhren-Ausgangsstufe des ARC (bestehend aus vier 6H30-Doppeltrioden, zuzüglich einer 6550 und einer weiteren 6H30 im Netzteil) Musik in reicherer, reiferer und schönerer Form - schöner sogar als der vom Konzept her ähnliche Ayon S3, schöner ohnehin als alle bislang getesteten Transistor-DACs.
Die alten Zielkonflikte zwischen weicher, sinnlicher Körperhaftigkeit und akurater Kontur, zwischen dynamischer Attacke und Klangfarbenreichtum - hier sind sie gelöst. Typisch für die Geräte des amerikanischen Herstellers ist, dass jedes für sich, unabhängig von seiner absoluten Qualitätsstufe, in sich vollendet, rund und abgeschlossen wirkt - dem Hörer also das Gefühl gibt, am Ziel zu sein.
Oder, in diesem Fall: fast am Ziel. Denn während die DAC-Seite des ARC schon perfekt funktionierte, musste die Einstufung als Netzwerkplayer noch eine Runde warten - in letzter Minute war ein kleiner Programmierfehler aufgetaucht, ein loses Digital-Schräubchen, das das Zusammenspiel zwischen Stream700 und den Burr-Brown-DACs störte. Bis zum Update wären wir aber gerne bereit, auf das Gerät aufzupassen ...
Fazit
Der Reference DAC ist definitiv der beste D/A-Wandler, den wir bislang im Hörraum hatten - und es ist anzunehmen, dass er es als Netzwerkplayer ähnlich weit bringen wird.
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