Testbericht

Audi A8 L 4.2 V8 TDI

11.3.2010 von Stefan Schickedanz

Es ist schon eine ganze Weile her, dass Hunter S. Thompson ("Fear and Loathing in Las Vegas") den Gonzo-Journalismus erfand. Das brachte mich auf den Gedanken, es sei an der Zeit, mal etwas Neues zu wagen: den Test des Audi A8 in der Langversion auf dem knapp 350 Kilometer langen Rückweg von Ilmenau in Thüringen nach Ingolstadt zu verfassen.

ca. 14:35 Min
Testbericht
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Audi R8 L
Audi R8 L
© Noble Sounds

Pro

  • Preis 95.800 Euro
  • 4,2-Liter-V8-Diesel-Motor
  • 258 kW / 350 PS Leistung
  • 4.134 ccm Hubraum
  • 800 Nm bei 1.750-2.750 U/min max Drehmoment
  • 0-100 km/h in 5,6 Sek.
  • 250 km/h Höchstgeschwindigkeit
  • Verbrauch 7,8 Liter (kombiniert)
  • 204 g/km (kombiniert) CO2-Ausstoß

Contra


Der Hörtest ist noch in vollem Gange, Simply Red rocken live in Kuba in 16:9 mit Surround-Ton, wie es viele nicht einmal von zu Hause kennen, die Landschaft saust mit über 200 Sachen vorbei. Derweil bekomme ich endlich meine lange vor mir hergeschobene, nach Tausenden von Testkilometern quer durch Europa dringend benötigte Rückenmassage. Und zwar nicht wie üblich von meinem knochenharten Sportfahrwerk, sondern von einem höchst versierten Massagesitz aus feinstem Leder. Hier meldet sich ein HiFi-Tester live vom vermutlich schönsten Arbeitsplatz der Branche.

Ich sitze auf dem rechten, elektrisch einzeln verstellbaren Rücksitz. Das Steuer habe ich heute an Adam Sulowski von der Audi-Soundabteilung abgegeben, damit ich den Komfort und die für den Fond optimierte Klangabstimmung beurteilen kann. Aus reiner Pflichterfüllung. Wenn mein Verleger das liest, kann ich das Honorar vergessen. Mein Job könnte mir glatt als pure Freude am Schreiben ausgelegt werden.

Audi A8 L: Ausstattung

So hatte ich mir das insgeheim auch gedacht - vom Schreibtisch aus zumindest. Da wusste ich allerdings noch nicht, wie viel Fahrspaß eine Langlimousine mit 4,2-Liter-V8-Dieselmotor bereiten kann. Seit gestern bin ich schlauer, da saß ich nämlich selbst am Steuer und ließ es richtig fliegen. Genau das ist das Problem. Sulowski macht nichts anderes als ich tags zuvor: Er fährt die knapp 5,30 Meter lange Staatskarosse wie einen Sportwagen, was er wirklich gut drauf hat.

Aber versuchen Sie mal die Tasten zu treffen, wenn Sie gleichzeitig den Rechner auf den Knien fixieren müssen. Schließlich habe ich für mein MacBook Pro - mit einem ordinären PC-Laptop hätte ich mich niemals in die von B&O ausgestattete, bis in kleinste Details durchgestaltete Business-Lounge auf vier Rädern gewagt - keine Vollkaskoversicherung abgeschlossen. Böser Fehler.

Audi A8 Cockpit
Der Innenraum des A8 ist komfortabel und mit Massagesitzen ausgestattet.
© Noble Sounds

Der Ingenieur versteht es, das Potenzial von Fahrwerk und Bremsen gänzlich unbeeindruckt vom Regen zu nutzen. Klar, ein Audi Quattro mit Sportdifferenzial zur variablen Verteilung der Antriebskraft macht Spaß nicht nur trotz, sondern gerade wegen des Regens. Im Übrigen bereitet es wirklich Vergnügen, eine DVD zu schauen. Die Stimme von Rotschopf Mick Hucknall steht unverrückbar deckungsgleich mit dem Bild auf dem Monitor, das Publikum jubelt von den A-Säulen bis an die Heckscheibe.

Denke, ich klappe den Laptop zu und melde mich morgen wieder vom Schreibtisch, wo ich nicht nur das souveräne Sound-System, sondern auch den nougatbraun bezogenen Chefsessel mit seinen vier individuell regelbaren Massagefunktionen vermissen werde. Die restliche Fahrt vergeht wie im Flug, mein Sitz hat eine Liegefunktion mit Fußstütze aus dem Vordersitz, und ich soll die letzten Kilometer richtig genießen. Wann hat man schon mal einen Chauffeur, noch dazu einen, der auch System-Ingenieur ist.

Dieser Audi hat einfach alles, was man sich von einem Auto wünschen kann...

Ich werde ihn wohl noch etwas über Auto und Anlage ausfragen. Immerhin zeigt sich, dass man die Zeit auf Achse sinnvoller nutzen kann, als auf Bremse und Gaspedal zu steppen - auch wenn das großen Spaß macht. Rundum verwöhnt und ausgeruht sitze ich wieder am Schreibtisch und lasse die zwei Tage mit dem Audi Revue passieren.

Dieser A8 L hat einfach alles, was man sich von einem Auto wünschen kann, außer einem Tisch für den Laptop. Und selbst den hätte es wie eine 230-Volt-Steckdose ebenfalls als Zusatzausstattung gegeben. Was mir neben den Massagesitzen an der Ausstattung des Wagens besonders gut gefällt, sind die beiden iPod-Docks für hinten und vorne.

Damit kann man sein heiß geliebtes digitales Musikarchiv immer dort andocken, wo man sich gerade niedergelassen hat. Oder man streamt gleich via Bluetooth vom iPad, was mir Adam Sulowski mit seinem Apple-Tablet eingehend demonstrierte.

Im A8 L gibt es keine erste oder zweite Reihe im üblichen Sinne. Den typischen Besitzer stelle ich mir so vor: Unter der Woche arbeitet er schwer und lässt sich von seinem Chauffeur fahren, während er im Fond seiner Arbeit nachgeht oder sich bei Surround-DVDs entspannt. Am Wochenende nimmt er selbst das Steuer in die Hand und möchte Fahrspaß: "Im Grunde steht mein Name auf diesem Auto. Aber...".

Audio A8 L: Antrieb

Den Rest kann ich mir wohl sparen, denn der A8 L kostet als 4,2 Liter TDI Quattro in der Basisausstattung schon über 95.000 Euro. Unnötig zu sagen, dass sich dieser Preis durch ausgefallene Wünsche noch deutlich in die Höhe treiben lässt. Mit einem anderen Motor ist er für etwas weniger zu haben - selbst der V8-Benziner kommt noch geringfügig günstiger -, aber wer so viel Geld für ein Auto ausgibt, sollte sich auch noch einen standesgemäßen Premium-Antrieb gönnen.

Audi A8 L Motor
Ideale Besetzung Der bärenstarke 4,2-Liter-V8-TDI mit 350 PS stellt eine effiziente Traumpaarung mit dem A8 L dar. Seine 800 Newtonmeter Drehmoment verleihen der Langlimousine förmlich Flügel. Dabei bleibt der Verbrauch vergleichsweise moderat. Doch nicht nur die Power begeistert, auch die Manieren brauchen sich hinter Benzinern nicht zu verstecken. Der Klang gefällt durch dezentes V8-Gebrabbel.
© Noble Sounds

Ich bin kein ausgesprochener Dieselfan. Deshalb dürfen Sie mir glauben, wenn ich sage: Dieser Motor lässt in diesem Fahrzeug kaum jemals Wunsch nach einem anderem Antrieb aufkommen. Es sind nicht einfach nur die sensationellen 800 Newtonmeter Drehmoment auf dem Papier. Es sind auch nicht die 5,6 Sekunden von null auf 100, die den Commonrail-Turbodiesel nach dem 12-Zylinder-Benziner zum schnellsten Sprinter in diesem Blechkleid machen (Verzeihung, der Audi besteht selbstverständlich aus Aluminium!). Es ist vielmehr die beeindruckende Nonchalance, mit der dieser Dampfhammer zur Sache geht.

Doch er kann noch mehr: Früher war es schon erfreulich, wenn ein Diesel sich nicht durch Nageln als solcher zu erkennen gab. Der 4,2 Liter TDI ist noch einen Schritt weiter: Er verwöhnt wirklich mit feinstem V8-Gebrabbel, das wohldosiert an die Ohren der Insassen dringt. Damit wirkt der Luxusliner dezent sportlich, wenn man selber fährt, und beruhigend souverän, wenn man hinten sitzt und abschalten will.

Audi A8 L: Fahrgefühl

Am positiven Fahrgefühl hat die fein abgestimmten Achtstufen-Wandlerautomatik ihren Anteil. Das sehr gut in der Hand liegende Lederlenkrad tut ein Übriges. Doch wenn neben dem wirklich überragenden Dieselaggregat etwas Eindruck auf den Fahrer macht, dann ist es diese Leichtfüßigkeit und Übersichtlichkeit des gesamten Fahrzeugs.

Immerhin bringt die gestreckte Limousine in der Grundausstattung trotz leichter Aluminium-Spaceframe-Karosserie bereits über 2,1 Tonnen Leergewicht auf die Waage. In Verbindung mit dem Komfort fördernden langen Radstand von 3,12 Metern spricht das in der Papierform eher für ein behäbiges Fahrerlebnis.

Das Gegenteil ist der Fall. Der A8 L beeindruckt mit einer verblüffenden Wendigkeit, und auch seine Übersichtlichkeit könnte nicht besser sein. Selbst wenn man von einem kleineren Fahrzeug kommt, setzt man sich hinein und düst los, als ob man nie etwas anderes gefahren sei. Das erinnert an die die intuitive Vertrautheit, die Apple-Produkte suggerieren.

Vor allem die sportliche Ausprägung begeistert. Wenn man nicht wie ich auf Mitreisende Rücksicht nehmen muss, kann man mit dieser Staatskarosse wieselfink um die Kurven zischen. Auf der Landstraße wie auf der Autobahn, in der Stadt bei 50 in engen Gassen oder bei 250 auf der A9 und A73 nach Ilmenau, wo wir das Fraunhofer Institut für den Report des Audi Sound Concepts mit Wellenfeldsynthese besuchten.

Das Ergebnis beeindruckte mich besonders, weil ich den Vorgänger ausgiebig fahren konnte. Und zwar in der S8-Variante aus der Audi-Sportabteilung mit kurzem Radstand. Damals fühlte ich mich von der Luftfederung trotz straffer Grundtendenz in der Sport-Einstellung des Fahrwerks irgendwie in Watte gepackt.

Daran dürfte auch die weich gepolsterten Sitze einen gewissen Anteil gehabt haben: Sie boten für ein so sportliches Auto vergleichsweise wenig Seitenhalt. Zwar fühlte ich mich im S8 sehr wohl - und gerade auch im Regen sehr sicher. Wenn man ihn puschte, fehlte aber einfach das letzte Quäntchen Rückmeldung und Direktheit - das lag auch an der um die Mittellage etwas gefühllosen Lenkung.

Audi A8 L Soundsystem von B&O
Die akustischen Linsen von B&Ofahren automatisch aus dem Armaturenbrett.
© Noble Sounds

Davon konnte ich selbst in der komfortbetonten Langversion nichts mehr spüren: Man glaubt gerne, dass die Ingolstädter Ingenieure eine Menge Entwicklungsarbeit gerade in diesen Bereich gesteckt haben. Überraschenderweise vermisste ich im neuen A8 L nicht einmal den V-10-Benzinmotor mit 5,2 Liter Hubraum und 450 PS. S8-Fans brauchen allerdings nicht traurig sein. Auf Basis der neuen Baureihe muss das S-Modell schlicht der Hammer werden. Und eins gestehe ich dem alten S8 auch zu: Das Bremsgefühl war noch präziser, mit klarer definiertem Druckpunkt als im A8 L, der sich dann doch eher dem Fahrkomfort verpflichtet fühlt.

Audi A8 L: HiFi-Ausstattung

Einen Schritt nach vorne machte auch klar das für 6.500 Euro Aufpreus erhältliche Sound-System von B&O . Die dänische Edelschmiede ging 2005 mit Audi im A8 auf die Straße, um gemeinsam Vorsprung durch Technik und Design zu demonstrieren.

Was viele vergessen: B&O-Produkte sind nicht nur einfach schön, es stecken auch eine Menge technisches Know-how und zahlreiche Pionierleistungen dahinter. Wer einmal im dänischen Struer gesehen hat, wie lange allein die Bearbeitung einer aus einem Stück Aluminium gefertigten TV-Fernbedienung mit einer CNC-Fräse dauern kann, der sieht selbst den Preis mit anderen Augen.

Im digitalen Zeitalter setzt Bang & Olufsen immer noch Maßstäbe.

Bang und Olufsen beeinflusste einst sogar weltweit Tapedecks aller führenden Hersteller, nachdem die Dolby Laboratories die Lizenz für die Biassteuerung HX Pro vermarkteten. Das von den Dänen entwickelte Verfahren verbesserte die Hochton-Aussteuerbarkeit von Cassetten erheblich.

Doch auch im Digital-Zeitalter setzt B&O noch Maßstäbe. Mit einem ausfahrbaren Mikrofon misst sich der vor einigen Jahren präsentierte Aktiv-Lautsprecher BeoLab 5 selbstsändig auf den Hörraum ein - für dieses einzigartige Feature benötigt der Besitzer keinen Programmierkurs oder Computer.

Am inzwischen rekordträchtige 1.400 Watt starken Sound-System des A8 L lässt sich äußerlich nicht viel vom Fortschritt erkennen. Alle 19 Lautsprecher sitzen wie immer bei B&O unter liebevoll lochgefrästen Aluminium-Blenden - bis auf die beiden akustischen Linsen, die beim Anschlaten des Audio-System respektive bei Betätigung des Startknopfs automatisch aus dem Armaturenbrett ausfahren. Für diese immer wieder schön anzuschauende Inszenierung bedient sich B&O der Unterstützung eines Uhrenherstellers, der die nötige Feinmechanik mit ihren winzigen Zahnrädern liefert.

Die neue Abstimmung der sehr dynamisch und souverän wirkenden A8-Anlage ist etwas frischer und druckvoller im Bass. Das Vorgängersystem wirkte während der Fahrt für Rock- und Pop-Fans, aber auch für Klassik-Liebhaber, die es "al dente" mögen, vielleicht etwas soft.

Man kann Audi attestieren, dass die Ingenieure das Profil des A8 in allen Bereichen deutlich nachgeschärft haben. Geblieben ist das geborgenen Gefühl im Regen, das außer dem großen Audi mit seinem sicherheitsbetont abgestimmten Allradantrieb auf diesem hohen Niveau nur ganz wenige Fahrzeuge bieten.

Im S8 erreichte ich für starken Regen ein extrem hohes Tempo. Dass ich es auf dem Weg nach Ilmenau einen Tick langsamer angehen ließ, lag eher an der Rücksicht auf die Mitfahrer - immerhin war neben Adam Sulowsko noch Dennis Crede, der Leiter der Sound-Abteilung, an Bord.

Audi A8 L Boxenverteilung
Aufwendiger Audi Audi vertraut auf Bässe in allen vier Türen und einen Subwoofer in der Hutablage. Zum Schutz der Privatsphäre beim Telefonieren über die Freisprechanlage sind die Lautsprecher gekapselt.
© Noble Sounds

Außerdem war ich nach wochenlangen Testfahrten nicht darauf aus, den A8 L mit besonderem Nachdruck in enge Autobahnkurven zu zwingen. Das ist wirklich, das Einzige, was der lange Lulatsch nicht sonderlich mag: schnell genommene enge Biegungen, die sich zuziehen oder gar nach außen abfallen. Dann verhärtet sich seine Lenkung übermäßig, und der im Grenzbereich untersteuernde Audi deutet seinem Piloten dezent an, dass er ab diesem Punkt eigentlich lieber geradeaus weiterfahren würde.

Ansonsten gibt es nichts, aber absolut nichts zu mäkeln - und die typische Klientel dürfte damit sowieso kein Problem haben. Immerhin lässt der Audi sich trotz komfortabler Abstimmung auch durch Bodenwellen in der Kurve nicht vom Kurs abbringen. Abrollkomfort wie auch die Geräuschkulisse sind trotz sportlicher Akzente, die selbst in der Langversion zum Vorschein kommen, perfekt auf unbeschwerte lange Reisen getrimmt.

So gesehen, bilder der A8 L, die perfekte Basis für ungetrübtes On-Board-Entertainment. Mit sinfonischer Musik begeistert die breite, tiefe Hörbühne - ein Produkt aus den gerichtet abstrahlenden akustischen Linsen, dem Markenzeichen der Advanced-Audio-System von Audi, und dem zentral im Armaturenbrett untergebrachten Center-Speaker.

Ebenfalls überzeugend: die hohe Transparenz, die im aktuellen A8 auch bei hohem Tempo nicht durch Fahrgeräusche getrübt wird. Wie im Vorgänger kompensiert B&O die Geräusche im DSP anhand von Mikrofonmessungen. Damit das Umfeld nichts von Telefongesprächen oder den Musikvorlieben des Audi-Fahrers mibekommt, sitzen die Lautsprecher in gekapselten Gehäusen. Vorne wirkt der Bass besonders trocken und konstruiert, ganz gleich ob Alicia Keys, Elvis Costello oder das London Symphony Orchestra für Unterhaltung sorgen.

Audi A8 L Entertainment-System
Das Entertainment-System ist mit einem 10,2-Zoll-Display ausgestattet.
© Noble Sounds

Die Hörbühne lässt sich stabil vor dem geistigen Auge sehen - man realisiert nicht, dass der Subwoofer unter der Hutablage steckt. Auf den Rücksitzen kann es mit basslastigem Material wie dem Live-Konzert von Simply Red schon mal etwas zu viel des Guten sein - zumindest in der Stellung "Movie". Die bringt zwar für jdem der beiden Fondinsassen eine überragende Fixierung von Stimmen auf seinem 10,2-Zoll-LCD-Monitor, doch in puncto Bassqualität ist zumindest bei Musik-DVDs die Einstellung "hinten" die neutrale Variante.

Die Surround-Effekte sind in beiden Fällen sehr gut und lassen sich über das B&O-Menü dosieren. In diesem Transporter - schade, dass ich die gleichnamige DVD mit Audio-A8-Fahrer Jason Statham nicht mitgenommen hatte - lässt sich auf den Rücksitzen die Welt vergessen. Das erhabene Gefühl im staatsmännisch auftretenden Audi weckt bisweilen glatt den Schröder in dir. Als vor uns ein Chopperfahrer im Regen auftaucht, der seiner Maschine die Sporen gibt, entgleitet mir prompt der etwas freche Kommentar: "Ein echter Fall von Masochismus."

Ähnliches könnte man auch an der Tankstelle über viele andere Fahrer großer Schlitten sagen. Allerdings waren wir auf der insgesamt fast 700 Kilometer langen Reise nicht einmal an der Zapfsäule. Bei einem Tankvolumen von 90 Liter hatte ich mir deshalb eine Verbrauchsmessung via Bordcomputer gespart: absolut angemessen.

Schließlich düsten wir so schnell nach Ilmenau, dass wir per Telefon unseren Zeitplan um über eine halbe Stunde vorverlegen mussten. Das war eine gute Gelegenheit, das tolle Touchpad auszuprobieren. Im Audi A8 kann man Ziffern mit den Fingern schreiben, was auf Anhieb gelingt. Der ganze Wagen ist so voll mit derartigen Gadgets, dass man einen Roman darüber schreiben könnte: Nachtsichtgerät mit Fußgängererkennung, Spurwechsel- und Spurhalte-Assisstent sowie navigationsdatengestützte Anpassung von Kurvenlicht oder Getriebesteuerung. Willkommen in der Zukunft.

Was mich mehr überzeugte, war allerdings die gute Einbindung meines iPhones, das sich mit den hinten und vorne angebrachten Benutzer-Interfaces perfekt bedienen ließ. Der Chef kann die Kontrolle des On-Board-Entertainments von hinten an sich reißen. Zur besonderen Unterhaltung des Fahrers steht eine pfiffig gemachte Navigation mit Google-Maps zur Verfügung. Man durchpflügt plastische Landschaften mit Satellitenbildern. Allerdings sind diese Daten größenteils reichlich veraltet.

O-Ton Dennis Crede: "Darauf findet man nicht einmal unser vor einigen Jahren gebautes Forschungszentrum in Ingolstadt." Deshalb überlagert Audi sie in Echtzeit mit den aktuellen Karten des Navi-Systems und macht damit die Zielführung zu einer filmreifen Inszenierung mit mehreren Perspektiven.

Was die Beurteilung des A8 L betrifft, gibt es zwar auch eine Fahrer- und eine Fond-Perspektive , doch beide kommen zum gleichen Schluss: Im A8 L wird man hinten und vorne verwöhnt. Natürlich durfte Audi nicht einmal selbst erwarten, mit der Chauffeur-Limousine einem Bugatti oder Mercedes SLS AMG emotional den Rang abzulaufen. Rein vom Gebrauchswert und der Funktionalität her allerdings ist der Audi kaum zu toppen.

Und selbst sein Fahrspaß liegt dank B&O-ICEpower und TDI-Drehmoment weit höher, als man es von einer äußerlich sehr zurückhaltenden Lang-Limousine erwarten würde. Verwunderlich: Als ich im Audi nach dem Schreiben den Rechner ausmachte, war mein Rücken nicht so verspannt wie jetzt im Büro. Schreiben unterwegs steigert also nicht nur die Produktivität, sondern auch das Wohlbefinden. Ob es den A8 L mit Massagesitzen auf Rezept gibt? Schließlich bin ich privat versichert.    

Fazit

Ein exzellenter Wagen, der keine Wünsche offen lässt: schnell, wendig, sparsam, bequem, dazu schick - und dabei so dezent, dass er für Außenstehende glatt als normaler Mittelklassewagen durchgeht. Der Komfort erfüllt höchste Erwartungen, die Sportlichkeit und der Fahrspaß am Volant übertreffen sie klar. Das gesamte On-Board-Entertainment überzeugt, das B&O-System ersetzt gerade im Surround-Betrieb für die Fondpassagiere würdig die Fernsehcouch.

Der Diesel-Motor lässt alle Benzin-Verfechter vom Glauben abfallen und ergibt eine Traumpaarung mit dieser souveränen Chauffeur-Limousine, die sonntags echte Do-it-yourself-Gelüste aufkommen lässt. Punktabzug gibt es lediglich für die drei Kamikaze-Piloten, die mir mit vier Ringen im Kühlergrill und dem LED-Tagfahrlicht auf der Heimfahrt von Ingolstadt schneller in den Kofferraum drängten, als ich Platz machen konnte. Doch sogar solche Momente unterstreichen: Mit Audi ist jederzeit zu rechnen.

Wertung

Der Audi A8 L mit 4,2 Liter TDI verkörpert in jeder Hinsicht den Wolf im Schafspelz für alle, die den Nerz gerne nach innen tragen. Sein überbordender Luxus dient allein der Steigerung des Wohlbefindens aller Insassen und nicht dem Manifestieren von Status oder gar dem schnöden Protz. Seine sportlichen Qualitäten trägt er ebenfalls nicht zur Schau, auch wenn die meisten Fahrer anderer Autos spätestens im Regen voller Neid seinen Rücklichtern nachschauen dürften.

Trotz elektronischem Overkill bleibt er weitgehend intuitiv beherrschbar. Selbst sein auch optisch perfekt integriertes B&O Advanced System folgt dem Stealth-Trend: Da die 19 Lautsprecher in eigenen Gehäusen untergebracht sind, bleibt der Umwelt auch akustisch verborgen, welchen Freuden der Audi-Besitzer gerade frönt. Einziges Luxus-Problem: Auch unser Test kann die schwierige Entscheidung nicht abnehmen, ob man in seinem A8 L lieber rechts hinten oder links vorne einsteigen soll. Schließlich gibt es in diesem rollenden Konzertsaal keine billigen Plätze.

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