Testbericht
Arcam AVR-600
Während andere Highend-Marken der Tradition treu bleiben, Feature-Fans möglichst tüchtig vor den Kopf zu stoßen, scheint Arcam entschlossen, vom Ausstattungs-Aschenputtel zum gehobenen Komfort-Adel aufzusteigen:
- Arcam AVR-600
- Datenblatt
Der AVR-600 skaliert Analog-Video in beliebige HDMI-Formate, bedient dank "Auto Priority" gleich zwei Displays mit jeweils optimaler Auflösung und erlaubt nach Eingängen getrennte Feineinstellung etwa für Helligkeit, Schärfe und diverse Filter. Ehrensache, dass der Videoprozessor bei Bedarf, etwa für eine skaliertechnisch untalentierte Set-Top-Box, auch auf die fünf HDMI-Inputs wirkt.
Audioseitig bietet der 600er neben einer Zahl konventioneller Ein- und Ausgänge, die Rolls-Royce mit "ausreichend" beziffern würde, Leckeres in Form einer USB- und einer Netzwerk-Schnittstelle. Letztere dient zum Datensaugen etwa von einer NAS-Festplatte oder einem PC - der 600er enthält einen vollwertigen, via OSD komfortabel steuerbaren Netzwerkplayer, der sogar das verlustfreie FLAC-Format versteht und einen herkömmlichen Player ersetzen kann.
Für das erhebliche Mehrgewicht des Arcam gegenüber dem Primare ist aber nicht die Ausstattung verantwortlich, sondern die Entscheidung der britischen Entwickler für eine konventionelle Endstufe samt klassischem Netzteil.
So findet sich im AVR-600 ein kapitaler Ringkerntrafo, der seinen kompakten Durchmesser durch enorme Bauhöhe ausgleicht und für rund ein Kilovoltampere Dauerlast gut sein soll. Um den Wirkungsgrad der Siebenkanal-Endstufe zu erhöhen, beliefert er deren Transistoren mit zwei unterschiedlichen, je nach Leistungsbedarf blitzartig (und messtechnisch wie klanglich unbemerkt) wechselnden Versorgungsspannungen. Arcam kombiniert dieses "Class G" genannte Konzept mit verzerrungsarmem Class-A-Betrieb bei vollem Ruhestrom bis etwa 20 Watt; weitere Klangsteigerung winkt bei Verzicht auf Surround-Back-Boxen - durch Bi-Amping der Frontkanäle.
Der Arcam entpuppte sich im Stereo-Durchgang aber schon ohne Bi-Amp-Doping als einer der bestklingenden Surround-Verstärker, die der Autor je gehört hat. Eigentlich als reine Funktionsprüfung für den integrierten Netzwerkplayer gedacht, entwickelte sich die Hörsession an der AUDIO-Hörraum-NAS (einer Netgear ReadyNAS Duo) zu einer Klangreise durch verschiedenste Stilrichtungen, die auch edle CD-Amp-Kombis kaum vielseitiger und mitreißender gestalten können.
Als Stereoverstärker von einem Top-CD-Player gefüttert, spielte der Arcam auffallend transparent, ohne je auch nur ansatzweise analytisch oder gar dünn zu wirken. Das ist kein Widerspruch, weil der AVR-600 den notwendigen Raum zwischen einzelnen Klangelementen nicht durch deren Verkleinerung erzeugte, sondern indem er das gesamte Bild vergrößerte. So konnte beispielsweise Alela Diane ihr "Pirate's Gospel" von der gleichnamigen CD exakt fokussiert vor dem - in diesem Hördurchgang natürlich inaktiven - Center-Lautsprecher singen, während sich um sie herum ein weiter, authentischer Raum für die rhythmisch klatschenden Mitmusiker öffnete.
Der Surround-Hörtest begann mit Dolby Digital und DTS, also datenreduzierten Mehrkanalformaten. Hier gab es keinen Platz für geschmäcklerische Abwägungen: Der Yamaha distanzierte den Arcam relativ eindeutig, indem er die bessere Mischung aus natürlicher Wärme und Detailreichtum bot. Der Neuling bot dagegen bei überschaubaren Pegeln eine erstaunliche Feinzeichnung, behielt diese aber nicht so konstant über den gesamten Dynamikbereich bei wie der Yamaha.
Ähnliche Eigenschaften zeigten die Receiver mit den neuen HD-Formaten, der eigentlichen Königsdisziplin: Auf gleichem Niveau wie der Yamaha lieferte der Arcam auch hier eine Art Gegenentwurf mit stärkerem Fokus auf der musikalischen Feinstruktur. Mitseinem tonal etwas trockenen, aber eben auch sehr informativen, musikalisch ausdrucksstarken Charakter erinnert der AVR-600 an die größeren Vollverstärker der Marke - was sicher kein Zufall ist.
Arcam AVR-600
Arcam AVR-600 | |
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Hersteller | Arcam |
Preis | 4400.00 € |
Wertung | 110.0 Punkte |
Testverfahren | 1.0 |
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