Testbericht
Apogee Scintilla Mark IV
1985 erblickte die Scintilla Mk1 - als kleine Schwester des Superlativ-Lautsprechers "Full Range" - das Licht der Welt. Jetzt nach über 25 Jahren fand die Apogee Scintilla Mk IV (20000 Euro) als vierte Version, des als "Endstufen-Killer" befürchteten, und beinahe ins Vergessenheit geratenen Lautsprechers den Weg in AUDIO-Hörraum.
- Apogee Scintilla Mark IV
- Datenblatt
Die Mehrwege-Magnetostaten von Apogee gehören seit fast 30 Jahren zu den Flächenstrahler-Legenden. Schon 1998 schloss Apogee Acoustics aber die Pforten - zum Bedauern vieler. Dabei war es auch der Ruf als "Endstufen-Killer", der zur Legendenbildung des Modells Scintilla beitrug. Ihre Impedanz wies einen kurzschlussverdächtigen Wert von weniger als ein Ohm auf. Nur eine Handvoll Endstufen fühlte sich seinerzeit im Stande, die Exoten zu treiben, aber kaum eine entfaltete ihr ganzes Klangpotenzial.
Armin Weidner - Apogee-Fan und pas-sionierter Verstärkerentwickler - nahm die Herausforderung an und verband das Schöne mit dem Nützlichen. Er konstruierte die Endstufe "root160c", die vor allem eins ist: kurzschlussfest, also absolut stromstabil. Und er machte sich bei der Reparatur alter Apogees einen Namen; inklusive Fertigung der Ersatzteile. Was lag da näher, als die Scintilla wieder aufleben zu lassen?
Als Namensrechteinhaber von Apogee Acoustics im deutschsprachigen Raum ohnehin kein Problem. Und so fand die erste Scintilla Mk 4 "Handmade in Germany" den Weg in die AUDIO-Redaktion. Neu sind die stärkeren Magnete und die deutlich erhöhte Präzision der in Eigenregie gefertigten Folien. Das Material und die Stärke hat Weidner bewusst nicht angetastet - frei nach dem Motto "Never Change A Running System" beließ er die Ingredienzien unverändert; lediglich einige Rahmenteile wurden stabiler gebaut.
1985 erblickte die Scintilla Mk1 - als kleine Schwester des Superlativ-Lautsprechers "Full Range" - das Licht der Hörräume. Der 81 Kilo schwere Paravent ähnelte im technischen Design dem damaligen Flaggschiff und ist doch bis heute einzigartig: Neben der trapezförmigen Bassfläche ist eine Line-Source als klassisches Bändchen verwirklicht worden. Ein fast fünf Zentimeter breiter, geriffelter Aluminiumstreifen sorgt ab etwa 330 Hertz für die Mittenübertragung, während die Höhen - und jetzt kommt's - von vier 12,5 Millimeter schmalen Alustreifen reproduziert werden: zwei vor dem Mitteltonbändchen und zwei dahinter, aber alle im gleichen Magnetfeld. Dazu kommt, dass die beiden vorderen Streifen gleichphasig zum Mitteltöner, aber gegenphasig zu den hinteren Alus schwingen.
Die technisch gesehen sicher nicht ganz fehlerfreie Schallverteilung war schnell für ihren unvergleichlich betörenden Mittel-Hochtonbereich bekannt. Es sind vor allem zwei Punkte, die für diesen Klang verantwortlich zeichnen. Der 4,5 Zentimeter breite und 1,35 Meter lange Mitteltöner ist ganzflächig ohne Übertrager angetrieben, kann breitbandig spielen und benötigt nur minimalen Hub, um die Luftmoleküle unverzüglich in Bewegung zu setzen. Die mit der Längenausdehnung verbundene vertikale Bündelung, ähnlich einer Zylinderwelle, hilft Boden und Deckenreflexionen zu minimieren und mithin die Abbildungspräzision zu maximieren.
Im AUDIO-Hörraum machte sich mit der 4er Scintilla dennoch zunächst Ernüchterung breit - der Folienzauber wollte sich nicht einstellen. Der Tiefbass war deutlich zu fett und die Abbildung eher diffus. Erst nach einigen Anläufen, mit einer engeren Plazierung zueinander, einer leichten Einwinkelung auf den Hörplatz und einer kürzeren Hördistanz, kam er wieder - der Zauber. Auch der Sub-Bass profitierte von einer wandnäheren Position, blieb allerdings wegen einer ähnlich gelagerten Resonanz im Hörraum immer etwas vorlaut. Der Entwickler ist sich dieser Problematik bewusst, neben einer betont sorgfältigen Aufstellung ist auch ein neue Version mit geänderter Folieneinspannung denkbar.
Zum Glück wurde nur bei wenigen Aufnahmen mit echtem Sub-Bass der Gesamteindruck getrübt, zumal die Tiefen rhythmisch perfekt eingebunden ist. Der Rest des Übertragungsbereichs entschädigte die Zuhörer dafür durch sensationell glaubhafte Musikwiedergabe. Die Scintilla malte Klangbilder vor die Hörjury, die farbiger, plastischer und homogener kaum sein können. Ob akustische Gitarre oder Klavier, immer bestach das richtige Verhältnis von Grund- zu Obertönen, wobei die Scintilla gerade feindynamisch extrem feinfühlig agierte. Eine Aufnahme mit Tenor Christoph Pregardien und Pianist Michael Gees bewies ihre ungemein homogene Darstellung der Details ohne überzogene Höhendosis. An diese körperhafte, schlackenfreie und mithin akkurate Reproduktion des mittleren Spektrums kommt kein zweiter Lautsprecher heran.
Der oft bei Dipolstrahlern beobachtete unterbelichtete Grundton- und Oberbassbereich mit stimmlicher Kühle wich bei der Apogee einem warmem Timbre. Selbst bei erhöhten Pegeln machte sie eine gute Figur, wenngleich Rockkonzerte mit annäherndem Live-Pegel zu leichtem Pressing führten. Die von Weidner mit und für die Scintilla entwickelte Endstufe hatte ohrenscheinlich keine Mühe mit der schweren Last. Selbst ordentliche Dynamikattacken mit einer Menge Energiegehalt in den unteren Frequenzregionen verdaute die root160c ohne Murren. Die Legende braucht eben den passenden Zuspieler - denn es wäre wirklich eine Schande gewesen, den Mythos Apogee Scintilla in Vergessenheit geraten zu lassen und diese einzigartige Spielweise der nächsten Generation vorzuenthalten.
Fazit
Die Apogee Scintilla gehört für mich zu den wenigen Schallwandlern, die es verdient haben, als Legende tituliert zu werden. Dieser liebliche, einschmeichelnde und doch so authentische Mitteltonbereich des Bändchens bleibt meines Erachtens unerreicht. Sicherlich, der großflächige Dünnhäuter kann kein Rockkonzert mit Live-Pegel wiedergeben - aber er kann dafür etwas, was kaum ein anderer beherrscht: Er lässt den Zuhörer vergessen, dass er "nur" Musik hört. Und darum geht es doch, oder?
Apogee Scintilla Mk 4
Apogee Scintilla Mk 4 | |
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Hersteller | Apogee |
Preis | 20000.00 € |
Wertung | 101.0 Punkte |
Testverfahren | 1.0 |
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