Testbericht

Aktiv-Lautsprecher Backes & Müller Line 50

30.3.2011 von Holger Biermann

Die aktive und digital entzerrte Backes & Müller Line 50 (108000 Euro das Paar) blendet mit ihrer Zylinderwellen-Abstrahlung die meisten Hörraumprobleme aus. Das Resultat ist atemberaubend.

ca. 3:35 Min
Testbericht
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  1. Aktiv-Lautsprecher Backes & Müller Line 50
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Aktiv-Lautsprecher Backes & Müller Line 50
Aktiv-Lautsprecher Backes & Müller Line 50
© Archiv

Anfang Dezember 2010 bekam die Redaktion hohen Besuch: Die neueste Version der Backes & Müller Line 50 machte ihre Aufwartung für eine Vorstellung im neu aufgelegten High-End-Magazin Audiophile. Der zwei Meter hohe Lautsprecherturm tönte so überzeugend, dass klar war: Die muss auch in stereoplay getestet werden. Von dem ambitionierten Aufbau des BM-Flaggschiffs hatten wir schon gehört. Dass sie aber sooo gut klingen würde...


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Tief- und Mitteltöner sind Spezialanfertigungen und kommen von dem deutschen Edel-Zulieferer Galm.
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Doch der Reihe nach. 2004 ersann BM-Mastermind Johannes Siegler die erste Line 50. Sie entstand als Antwort auf die Probleme von großen, akustisch schwierigen, weil wenig bedämpften Hörräumen. Siegler: "Die Idee kam mir bei einer Dokumentation über Peter Gabriel. Er stand da in diesem Studio mit großen Fensterflächen, etwa fünf Meter von den Boxen entfernt, und es war ihm anzusehen, dass es nicht gut klang: zu viel Glas, zu viel Reflexion." Nicht direkt für Gabriel, aber für die vielen anderen Leidtragenden versuchte Siegler, die einzig ihm bekannte Möglichkeit umzusetzen: die Zylinderwellen-Abstrahlung.

Von Flächenstrahlern wie Elektrostaten kennen die meisten Leser die Methode. In der Darstellung ähnelt sie tatsächlich einem Zylinder: Der Abstrahlwinkel ist in der Breite recht stabil und öffnet sich nach unten und oben so gut wie gar nicht. Das Klangbild wird deshalb direkter, Boden- und Deckenreflexionen werden weitgehend vermieden. Siegler nennt das "Nahfelderweiterung": "Der Hörer sitzt mit der Line 50 auch bei größeren Hörabständen fast immer im Nahfeld. Dieser Segen ist aber auch Fluch. Unter drei Metern Abstand klingt die Line 50 sehr inhomogen. Dafür ab vier Metern umso besser."

Verantwortlich hierfür ist der Aufbau der Line 50. Sechs Mitteltöner (laufen ab 80 Hertz) auf der Schallwand bilden ein Line-Array, das die gebündelte Abstrahlung im Mittenbereich ermöglicht. Die vier mittleren Töner gehen bis 800 Hertz, die beiden äußeren laufen vorher sanft aus. Die Abbildung des Musikgeschehens wird so nicht unrealistisch groß. Ab 800 Hertz übernehmen das akustische Zentrum und der eigentliche Clou der Line 50: ein professioneller Hochton-Kompressions-Treiber mit 1-Zoll-Öffnung und extremem Wirkungsgrad. Um ihn aber ebenfalls Zylinderwellen-gerecht werkeln zu lassen, bedurfte es eines Adapters, der aus der ursprünglich runden eine eckige Abstrahlung macht. Für diesen Adapter gab es keine mathematische Gleichung.

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Backes & Müller Line 50

Zylinder-Zauber

Bildergalerie Backes & Müller Line 50

Die aktive Backes & Müller Line 50 ist ein Riesenlautsprecher, der eigentlich Kopfhörer sein will.

Das Fraunhofer Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) in Kaiserslautern entwarf für Siegler ein Programm, das diese Berechnungen exakt leisten kann.

In den kleineren Modelle Linie 25 und Line 35 verwendet der BM-Mann Bändchen im Hochton. Warum nicht auch in der großen 50er? Siegler: "Sechs Tiefmitteltöner, die selbst bei sehr hohen Pegeln kaum gefordert sind - da kann nur ein Horn mithalten."

Eine weitere Besonderheit des BM-Flaggschiffs sind die vier 10-Zoll-Bässe auf der Rückseite, die bei BM geregelt und somit extrem sauber sind. Ein DSP in der Aktivweiche sorgt nicht nur für 90 Dezibel (!) Flankensteilheit, sondern über eine Verzögerung auch dafür, dass die Hoch- und Mitteltonsignale zur exakt gleichen Zeit am Hörerohr ankommen - wie die Bässe. Die oft geforderte (und selten erreichte) Phasengleichheit wird hier Realität. Die Endstufen liefern allein im Bass über 1000 (analoge) Watt und können im Grunde jede beliebige Lautstärke erzeugen.

Auch der Vertrieb ist bei BM besonders: Er wird in Deutschland lediglich über zwei Händler (Sprint Service in Wesseling und BM Service Center Süd in Kornwestheim) abgewickelt. Bei Interesse kommen die Spezialisten vorbei, bauen die Boxen auf und messen sie ein. Siegler: "Diesen Aufwand konnten die meisten unserer früheren Händler nicht leisten. Ich bin froh, dass wir heute unseren Kunden diesen Service bieten."

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Backes & Müller Line 50
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Ganz besonders ist auch der Klang der Line 50, deren Potenzial sich aber erst jenseits der vier Meter Abstand erschließt. Saßen wir dichter, war zumindest die Räumlichkeit eingeschränkt. In der tonalen Grundeinstellung extrem trocken, schoss die Line 50 geradezu humorlos Bass-Salven (wie von Marcus Millers "Panther") atemberaubend kraftvoll und mit unerhörter Präzision auf die Hörer. Wie sauber die Saiten da nachschwangen, wie dreidimensional und greifbar Millers Instrument im Raum nachgezeichnet wurde, wie viel Information dieser Lautsprecher auch bei ohrenbetäubendem Pegel noch völlig dröhnfrei zu transportieren vermochte - das war absolute Extraklasse.

Und doch konnte die BM noch mehr. Nach einer intensiven Phase des Filter-Setzens bekam sie neben ihrer fast einzigartigen Klarheit auch noch den Schmelz in der Stimme. Stings rau gesungenes "Englishman In New York" (Titel-CD zu stereoplay 10/10) war ein Genuss, das Hören mit der BM eine Erlebnisreise durch das tief gestaffelte Orchester mit seinen mannigfachen Instrumenten. Plastizität und Auflösungsgüte vermittelten das Gefühl, ganz dicht an der Aufnahme zu sein. In dieser Intensität habe ich das nur ganz selten erlebt.

Die Line 50 ist sicher - dank ihrer Präzision, des Tiefbasses und der gewaltigen Pegelreserven - einer der komplettesten Schallwandler der Welt und dürfte für Peter Gabriel die Erfüllung sein. Unser Hörraum jedoch - und deshalb ist die Line 50 auch nur Mitreferenz - ist für diese Großraum-Superbox letztlich etwas zu klein.

Backes & Müller BM Line 50

Backes & Müller BM Line 50
Hersteller Backes & Müller
Preis 108000.00 €
Wertung 68.0 Punkte
Testverfahren 1.0

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