WOW Plattenspieler

Acoustic Signature WOW im Test

12.9.2013 von Andreas Günther

Acoustic Signature nennt seinen neuen Plattenspieler "WOW". Im Testlabor zeigt das Laufwerk, was man für 1.250 Euro erwarten kann.

ca. 5:35 Min
Testbericht
VG Wort Pixel
Acoustic Signature WOW
Acoustic Signature WOW
© Hersteller/Archiv

Pro

  • superb klingender Plattenspieler
  • edel und antrittsstark
  • Spielfreude deutlich über der Preisklasse

Contra


Wer seinen Plattenspieler "WOW" nennt, will etwas. Das klingt nicht gerade dezent, nicht nach Understatement. Die Werbebotschaft ist einfach: Wer das neue Laufwerk von Acoustic Signature auspackt, soll es gleich beim Namen nennen. Mit emotionalem Ausdruck: "Wow!".

Dennoch versuchen wir, gelassen an diesen Test heranzugehen. Das will aber nicht so recht gelingen, denn der WOW ist tatsächlich ein Laufwerk außerhalb der bekannten Spielregeln des Marktes. Zum einen sieht er sehr gut aus. Zudem ist er erstaunlich preisgünstig - trotz deutscher Fertigung. Und schließlich spielt er Musik richtig gut ab.

Kein Knopf zu viel

Das Design kokettiert mit harten Kanten und feinen Schwüngen: Der WOW könnte von Sir Jonathan "Jony" Ive entworfen worden sein, dem Mastermind des Apple-Designs. Der WOW wirkt klassisch, leicht, effektiv. Nirgends ein Element zu viel, nicht einmal ein Knopf.

Eingeschaltet wird er über Drucksensoren, die direkt in die Oberfläche des Chassis einge-lassen sind. Passgenau und zuverlässig: Ein leichter Tastendruck links, und der Teller beginnt die Rotation, ein weiterer Tastendruck rechts - und der Teller erhöht die Umdrehungszahl auf 45 Runden in der Minute. Zeitgleich springt die LED von Rot auf Blau um. Das ist technisch keine große Kunst, aber im Gesamtkonzept des Look and Feel schon ein sehr smarter Moment.

Praxis: Plattenspieler justieren - So geht's

Wer den WOW das erste Mal aufstellt, sollte nicht die Unterlegscheiben für die Spikes vergessen. Sie erhöhen das Chassis punktgenau - sonst würde die Lagerhülse aufsetzen.Beim Lager setzt Acoustic Signature sein Tidorfolon-Modell ein. Die Achskugel läuft auf einem Materialmix aus Vanadium, Bronze, Teflon, Titan und einem geheim gehaltenen Kunststoffanteil. Die Überlegung: Die Metalle sorgen für Stabilität, der Kunststoff für Druckoptimierung und den Fluss der Schmierstoffe. Die Buchse lässt Acoustic Signature zudem "rollieren" - mit hohem Druck von Spezialrollen wird die Oberfläche nochmals begradigt. In der Summe ist Acoustic Signature nicht nur stolz auf diese Kombination, sondern auch selbstbewusst bei der Garantieangabe: Zehn Jahre soll das Tidorfolon-Lager wartungsfrei seinen Dienst vollbringen.

Rega RB202
Tonarm-Preishit von der Insel: Rega hat mit dem RB202 den guten, günstigen Spartaner schlechthin aufgelegt - den Nachfolger des Supersellers RB250. Wichtiges Unterscheidungsmerkmal: Die VTA wird über eine Dreibein-Fixierung bestimmt, beim WOW mit einer passgenauen Unterlegschablone.
© Hersteller/Archiv

Plattenteller

Der Teller selbst ist mit etwas über vier Kilogramm nicht wuchtig, aber doch in den Proportionen angenehm schwer - aus Aluminium und an seiner Unterseite mit einem Bitumen-mix bedämpft. Seinen Schwung bezieht er über einen Vierkantriemen, quadratisch und auf allen Seiten geschliffen - neben dem Tidorfolon-Lager ein weiteres von Acoustic Signature propagiertes Konzept, das für mehr Präzision sorgen soll.

Die dritte hauseigene Kraft in diesem Verbund ist die Motorsteuerung. Acoustic Signature nennt sie "BetaDIG" - in Abgrenzung zur ganz großen AlphaDIG-Motor-Elektronik, die bei den Topmodellen des Katalogs extern über die Präzision des Antriebs wacht. Eine simple analoge Schaltung kam für den WOW nicht in Frage:

Sie wäre in der Bautiefe zu füllig und in der Wärmeentwicklung zu hoch ausgefallen. Das Design des flachen Chassis wollte Acoustic Signature nicht aufgeben. Also wurde die AlphaDIG zur BetaDIG abgespeckt; ein Microcontroller mit 20 MHz berechnet permanent den Sinus, das Steuersignal wird über digitale Endstufen weitergereicht.

Das Konzept geht auf: Die Ergebnisse aus unserem Messlabor sind stattlich gut - nicht nur für die Preisklasse.

Fast ein Kampfpreis

Apropos Preisklasse: 1.250 Euro gibt Acoustic Signature als Empfehlung dem Fachhandel vor. Das ist angesichts deutscher Fertigungswege, und wenn man das gehobene Finish berücksichtigt, fast ein Kampfpreis. Der WOW ist das preiswerteste Modell im Firmenkatalog. Mit der klaren Absicht, in der gehobenen Einsteigerklasse noch vor den Mitbewerbern designaffine Konsumenten abzuholen.

Praxis: So digitalisieren Sie Ihre Schallplatten

Mit "Lockstoffen" bis in die feinsten Details: So findet man statt einer gemeinen Filzmatte bei Acoustic Signature eine Plattentellerauflage aus Leder, mit Prägedruck auf der Oberseite. Und statt eines tendenziell unterdimensionierten Netzteils liefert Acoustic Signature den WOW mit einem mittleren Brikett aus. Dabei gelangt der Strom recht ungewöhnlich an die Motorsteuerung - über ein konfektioniertes Ethernet-Kabel. Zur Verdeutlichung: Der Ethernet-Port im Rücken des WOW liefert keine digitalisierten Daten, sondern nimmt die Betriebsspannung entgegen.

Tonarm

Aber irgendwo muss Acoustic Signature doch gespart haben... Stimmt: Der WOW wird als reines Laufwerk mit Tonarm angeboten - der Abnehmer geht extra. Zudem ist der Arm selbst keine Eigenfertigung, sondern wurde bei Rega gekauft. In diesem Fall der "kleine" RB202. Für 350 Euro Aufpreis liefert Acoustic Signature den WOW auch mit dem größeren Brudermodell RB303. Dann wäre beispielsweise die Gegengewichtsachse aus Edelstahl und nicht aus Kunststoff.

Doch das heißt nicht, dass ein RB303 auf dem WOW auch besser klingt, nur weil er teuer ist. Es gibt viele Gründe, den RB202 zu schätzen. Immerhin ist er mit einem druckvollen, dynamischen MM-System ein Held unter den Spartanern.

Als sinnvolle Kombination haben wir deshalb ein Ortofon 2M Bronze an der Spitze des RB202 verschraubt. Mit knapp über 300 Euro passt er preislich gut zum WOW-Laufwerk, klanglich ist er ein Vertreter eben der dynamischen Art: hell, offen und dabei nie ins Aggressive drängend.

Ortofon 2M Bronze
Preislich wie klanglich spielt das Ortofon 2M Bronze mit dem WOW in bester Kombination. Ein MM-System mit versilberten Kupferspulen: offen, dynamisch, packend. Man sollte es mit 1,5 statt mit zwei Gramm absenken.
© Hersteller/Archiv

Hörtest

Dazu eine frische Scheibe auf den Teller: Steven Wilsons "The Raven That Refused To sing". Wilson hat hier einen Co- Produzenten und Tonmeister im großen Alan Parsons gefunden. Das Werk wurde auf zwei LPs gepresst. Die braucht es auch, denn der erste Track "Luminol" verschlingt schon über zwölf Minuten Rillenraum.

Das Album stellt unter den Neuveröffentlichungen klanglich die höchste Herausforderung für Nadel, Arm und Teller dar. Auflösungsschwache Ketten verschlucken sich an den harten Bassimpulsen und auf Brillanz gebürstete Laufwerke streben ins Unerträgliche. Ein ganz kleiner Korridor macht diese Musik großartig und die Vinyl-Pressung weit besser als die CD-Veröffentlichung.

Eine gute Kombination

Das Laufwerk schob komplexeste Bassinformationen aus der Boxenebene: stets präzise, nie vage. Einige Laufwerke um/ unter 1.000 Euro verlieren sich demgegenüber gern im Nebulösen.

Die Kombination aus RB202 und Ortofon 2M Bronze erweiterte den Grund-Drive um den Präsenzbereich: geschmackvoll, ohne das, was man bei Gesangsstimmen "Registerbruch" nennen würde, also eine Verfärbung in der Tongebung je nach Tonhöhe. Das klingt wirklich geschlossen, vorwärtsstrebend.

Dann schwenkten wir zu einem MC-System, dem Überklassiker Denon DL103. Ernüchternd: Die Stringenz zwischen düster schwebenden Mitten und hellem Gitarren-Solo war dahin. Viele Aufmerksamkeiten - ein Klangbild aus einem Dutzend Spots. Wieder zurück zum Ortofon - und die harmonisch dynamische Ausleuchtung des kompletten Spektrums war wieder da.

Fazit

Das Fazit ist offensichtlich: Die Kombination Arm/Abnehmer entscheidet über die harmonische Geschlossenheit, den Sinn. Umgekehrt: Das Laufwerk brachte den Schub - und zeigte sich nicht als limitierendes Element. Das war ein ganz starker Auftritt. Steigerungen sind natürlich möglich. Die sind jedoch schwerer und kosten mehr Euro. Die ganz schweren unter den Masselaufwerken lassen ahnen, dass die tiefsten Bassinformationen noch schwärzer knurren können.

Auf den WOW mit einem "Wow!" zu antworten wäre zu banal, zu irreführend angesichts eines eher stringenten, smarten, noblen Laufwerks. Aber wir haben unseren ganz eigenen Weg einer Antwort: ein eindeutiges Highlight in der Rang-und-Namen-Liste.

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