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Was steckt hinter dem Cocktail-Party-Effekt?

11.6.2008 von Redaktion connect

Das Phänomen kennt jeder: Ein Empfang, eine Cocktail-Party, ein Stimmengewirr. Und mitten in dieser Geräuschkulisse will man den netten Smalltalk mit seinem Gegenüber verstehen. Das gelingt mehr oder weniger gut.

ca. 2:35 Min
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© Archiv
Wer etwas überhört, hat aber nicht unbedingt schlechte Ohren. Akustische Signale können unserer Aufmerksamkeit entgehen, obwohl der Hörnerv sie an das Gehirn weitergeleitet hat. Dort werden sie aber offenbar maskiert, wenn zu viele Informationen gleichzeitig eintreffen. Dann gehen ursprünglich vom Gehirn messbar registrierte Meldungen in der Informationsverarbeitung verloren. Das hat eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) getragene Nachwuchsgruppe um Dr. Alexander Gutschalk von der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg in einer Arbeit belegt, die auch von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurde.

Diese so genannte "informationelle Maskierung" von Tönen, die Alexander Gutschalk und seine Kollegen von der amerikanischen Universität in Minnesota untersucht haben, trägt offenbar entscheidend zu dem "Cocktail-Party-Effekt" bei, der es zum Beispiel schwer macht, einen Gesprächspartner beim Small Talk während eines lauten Empfangs zu verstehen: Die Worte, denen man folgen will, werden von der Geräuschkulisse maskiert.

Kapazität überschritten

Das liegt zum Teil daran, dass sich die Schallwellen bereits bei der Verarbeitung im Innenohr überlagern und stören, so dass bestimmte Töne gar nicht weitergeleitet werden. Diese seit langem bekannte klassische oder energetische Maskierung kann aber - wie sich in den letzten Jahren herausstellte - nicht alle Aspekte des Cocktail-Party-Effekts erklären. Eine begrenzte Kapazität der Informationsverarbeitung im zentralen Nervensystem spielt offenbar eine ebenso wichtige Rolle. Bislang war aber unklar, auf welcher Stufe dieser Informationsverlust auftritt.

Um den neuronalen Mechanismus der "informationellen Maskierung" zu ergründen, versteckten die Forscher aus Heidelberg und Minnesota in 10,4 Sekunden dauernden Klangteppichen aus zufällig generierten Tönen einen regelmäßig wiederholten Zielton. Eine solche Sequenz enthielt zum Beispiel rund 200 Zufallstöne mit Frequenzen zwischen 239 und 5000 Hertz, zwischen denen sich zwölf Mal ein Zielton von 1000 Hertz verbarg. Insgesamt hörten gesunde Probanden hintereinander 90 solcher Sequenzen ab, die aus zehn verschiedenen Klangteppichen mit jeweils sechs Zieltonfrequenzen oder gar keinem Zielton kombiniert worden waren. Sobald die Probanden einen Zielton zum wiederholten Mal gehört hatten, drückten sie die linke Maustaste des Versuchscomputers. Gleichzeitig wurden ihre Hirnströme (beziehungsweise die durch diese entstehenden Magnetfelder) mit Hilfe des sehr empfindlichen Magnet-Enzephalographen (MEG) gemessen, der selbst äußerst schwache Signale registrieren kann.

Erstaunlicherweise entdeckten die Probanden die Zieltöne nur in durchschnittlich der Hälfte aller Sequenzen. Während die Töne in einer Sequenz schnell aus dem Hintergrund auftauchten, blieben sie manchmal schon in der nächsten Folge bis zum Ende unhörbar. "Solche dramatischen Wechsel in der Wahrnehmbarkeit von Tönen sind typisch für Experimente zur informationellen Maskierung", erläutert Dr. Gutschalk. "Der exakt gleiche Reiz kann vom Ohr völlig unterschiedlich wahrgenommen werden - ganz ähnlich wie es dem Auge mit der Wahrnehmung von Kippbildern geht, die beispielsweise zwischen einem Gesicht und einer Vase hin- und herspringen."

Was das Gehirn wahrnimmt, hängt nicht nur vom Sinnesreiz ab

Konnten die Probanden den wiederholten Ton bewusst wahrnehmen, was sie per Mausklick anzeigten, dann erschien in ihrem MEG mit einer Verzögerung von 50 bis 250 Millisekunden eine deutlich ausgeprägte Erregungswelle im Hörzentrum beider Hirnhälften, die der Wellenform glich, die von einzelnen Tönen in stiller Umgebung hervorgerufen wird. Unentdeckte Töne aktivierten die Gehörrinde des Gehirns dagegen nicht.

Im Kontrast dazu bot sich Alexander Gutschalk und seinen Mitarbeitern mit einem leicht veränderten und empfindlicheren Versuchsaufbau bei der Auswertung der MEG-Kurven ein anderes Bild: Sie sahen bereits nach 20 bis 30 Millisekunden immer eine Erregung der Hörrinde, unabhängig davon, ob die Probanden den Zielton erkannt hatten oder nicht. "Ob das Gehirn einen Ton bewusst wahrnimmt", kommentiert Alexander Gutschalk, "entscheidet sich also offenbar erst, nachdem er in der Hörrinde bereits registriert worden ist."


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