Mord an der Dynamik

Report: Der Remaster-Skandal

12.3.2008 von Redaktion connect und Lothar Brandt

Mögen Sie Dynamik? Dann sind Sie mit heutigen CDs arm dran. Langsam sterben auch die letzten dynamikreichen Scheiben aus. Und auch die "Remaster"-Auflagen alter Klassiker lassen oft zu wünschen übrig.

ca. 1:45 Min
Ratgeber
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© Archiv

Zwei Monster-Akkorde, dann leise tickende Percussion. Noch mal die Akkord-Peitsche. Ein Schlagzeug-Einsatz wie ein überdrehender Schmiedehammer. Und schließlich der Gesang: hoch, kraftvoll, strotzend vor Energie. Wenn sich einst die Abtastnadel in "Good Times, Bad Times" - Track eins, Seite eins des ersten Led-Zeppelin-Albums - senkte, standen die Ohren unter Hochspannung.

40 Jahre später: Im CD-Player rotiert "Mothership", die aktuelle "Best Of" der Rock-Dinosaurier. "Good Times, Bad Times" ist noch immer ein Rocker der ersten Güteklasse. Doch die Spannung verharrt auf dem Niveau der x-ten Folge "Gute Zeiten, Schlechte Zeiten" - Fließband-Gefühle wie im Vorabend-Programm des deutschen Fernsehens.

Mord an der Dynamik

An der Anlage kann es nicht liegen, die klingt um Klassen besser als die Hobel von damals. An der Lautstärke auch nicht, die erreicht durchgehend Vollfettstufe. Und genau hier liegt das Problem. Denn die Tonträgerbranche hat einen Mordfall zu beklagen. Das Opfer: die Dynamik. Langsam, aber todsicher schnürten die Techniker die Spanne zwischen leisestem und lautestem Signal zusammen. Das Motiv: Verkaufen. In einer Welt, die von immer mehr und immer lauteren akustischen Reizen überflutet wird, ist nur noch das Laute wahrnehmbar. Doch nur was wahrnehmbar ist, wird auch begehrt. Und nur was begehrt ist, wird auch gekauft. Das Ende vom Lied: Krach - auf höchstmöglichem Pegel.

Ob beim Hintergrund-Geplärr aus dem Dudelfunk, beim Abmischen von Hitparadenfutter, beim Präparieren von Dateien für die schöne neue MP3-Welt oder inzwischen auch beim "Remastern" alter Rockhelden: Alles Leise wird gnadenlos geliftet. Und alles, was sich dann noch als kurze Pegelspitze über die digitale Aussteuerungs-Grenze reckt - ein Klavierton hier, ein Beckenschlag dort - wird kurzerhand abrasiert wie die Halme beim Rasenmähen. Das Kalkül: Merkt eh keiner. Weil kurze Peaks im Millisekundenbereich - sozusagen das Salz in der Dynamik-Suppe - nicht als laut registriert werden. Das Ohr orientiert sich am Durchschnitt. Und der kann umso höher liegen, je mehr die Aufnahme laut und leise zusammendrückt, sie auf gut Lateinisch komprimiert. Damit wäre auch die  Mordwaffe benannt: Kompression.

Man kann sich den ursprünglichen Dynamikverlauf eines Musikstücks wie ein mehr oder weniger zerklüftetes Gebirge vorstellen. Kompression schüttet nun die Täler zu und kappt die Gipfel. Übrig bleibt ein Hochplateau. Schön plan - und sterbenslangweilig. Der Fluch der bösen Kompressions-Tat ist eine Musik, die zunächst mächtig anspringt, bei längerem Hinhören aber unnatürlich, öde und detailarm tönt. Eben leblos.


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