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Ratgeber Strom Teil 3: Dichtung und Wahrheit

9.3.2011 von Jürgen Schröder

Selbst Skeptiker räumen ein, dass das Lichtnetz Einfluss auf den Klang von HiFi-Systemen ausüben kann. Demnach lautet die Zauberformel: Sauberer Strom = sauberer Klang. Geht diese Rechnung auf?

ca. 3:55 Min
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Ratgeber Strom, Teil 3: Dichtung und Wahrheit
Ratgeber Strom, Teil 3: Dichtung und Wahrheit
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Der Rückschluss "Sauberer Strom = sauberer Klang" wirkt zunächst mal einleuchtend, wird doch der durch Power-LAN, Schaltnetzteile oder andere digitale Geräte verursachte Störsumpf im Lichtnetz allenthalben als böser Störenfried diskutiert.

Hier stellt sich allerdings die berechtigte Frage, welche Bedingungen HiFi-gerechter Strom überhaupt erfüllen muss. Ist es zum Beispiel wichtig für den Klang, dass die in Europa gängige Netzspannung von 230 Volt genau eingehalten wird?


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stereoplay sagt: nein. Denn es ist beileibe nicht so, dass die Musik mit schwankender Netzspannung lauter oder leiser wird, also eine Lautstärkemodulation erfährt. Vielmehr multiplizieren Verstärker das Eingangssignal mit einem festen Faktor. Ist der beispielsweise auf 10 eingestellt, kommen am Ausgang stets 10 Volt heraus, wenn am Eingang 1 Volt anliegt - unabhängig davon, ob die Versorgungsspannung nun 38 oder 43 Volt beträgt oder gar zwischen diesen Werten schnell hin und her schwankt.

Weniger Volt - weniger Watt

Einziger Unterschied: Fällt die Netzspannung unter 230 Volt, sinkt bei Voll- oder Leistungsverstärkern in der Regel auch die Versorgungsspannung für deren Endstufen. Damit geht in der Regel ein Verlust an maximaler Ausgangsleistung einher, weil sich Verstärker nicht höher als ihre Versorgungsspannung aussteuern lassen. Bei geringerer Netzspannung liegt die Vollaussteuerungsgrenze des Amps daher ebenfalls niedriger, was zu einer reduzierten Ausgangsleistung führt. Aus diesem Grund betreibt TESTfactory-Chef Peter Schüller alle zu messenden Verstärker auch an einem gigantischen, stabilisierten Labornetzteil, wenn es um das Ermitteln der Ausgangsleistung geht.

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Kraftwerk fürs Wohnzimmer: Der Accuphase PS-1210 kann Geräte bis zu einem Ansschlusswert von 1200 VA mit hochreinem Strom versorgen. Sein Innenaufbau zeigt enge Verwandschaft zu Leistungsverstärkern.
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Allerdings ist der Einfluss eventueller Unterspannung weitaus geringer als erwartet. Selbst wenn die Netzspannung mit 207 Volt um 10 Prozent niedriger ausfallen sollte (was nur in extrem schlechten Netzen vorkommt), reduziert sich die erreichbare Maximallautstärke gerade mal um ein halbes Dezibel.

Entwarnung gilt auch für Vorstufen, CD-Player oder andere Komponenten. Deren Betriebsspannungen werden in nahezu allen Fällen ohnehin elektronisch stabilisiert, sodass Spannungsschwankungen auf der Lichtnetzseite praktisch keinerlei Auswirkungen haben.

In den letzten Jahren wurde vielfach die Forderung laut, dass die Kurvenform der Lichtnetz-Spannung für optimalen Klang aller Komponenten einen möglichst sauberen, sinusförmigen Verlauf aufweisen sollte - das heißt, dass der Netz-Klirrfaktor möglichst gering ausfällt. Wer schon mal per Oszilloskop auf Entdeckungsreise in die 230-Volt-Welt gegangen ist, der weiß, dass das Lichtnetz von diesem Ideal ziemlich weit entfernt ist. Elektrische Verbraucher wie Lichtdimmer, Haartrockner oder Röhren-TV-Geräte hinterlassen ihre Spuren in Gestalt mehr oder weniger ausgeprägter Verformungen der Sinuskurve. Klirrfaktor-Werte von einigen Prozent sind da überhaupt keine Seltenheit. Und angesichts angeschnittener Halbwellen, abgeflachter Amplituden oder unsymmetrischer Kurvenzüge könnte einen tatsächlich Angst beschleichen ob der damit erreichbaren Klangqualität.

Kurven-Diskussionen

Fragt sich jedoch, ob HiFi-Geräte für optimalen Klang überhaupt eine möglichst sinusförmige und damit klirrarme Netzspannung benötigen. Denn die Zeitspanne, innerhalb der das Netzteil eines Verstärkers Strom aus dem Lichtnetz zum Nachladen der Siebkondensatoren saugt, ist derart kurz (siehe linkes Bild oben), dass sich eine verformte Spannungskurve praktisch kaum auswirken kann. Zudem enthalten die steilflankigen Ladeimpulse bereits von Natur aus eine Vielzahl an Oberwellen - noch dazu mit hoher Amplitude -, die den Lichtnetz-bedingten Klirr aufs Deutlichste übersteigen. Darum meint stereoplay: Ein klirrarmes Lichtnetz kann klanglich sicherlich nicht schaden, aber der Einfluss netzbedingter Verzerrungen wird vielfach doch überbewertet.  

Allerdings gibt es auch Kurvenverformungen im 230-Volt-Netz, die der Klangqualität durchaus abträglich sein können. Gemeint sind die unsymmetrischen Verzerrungskomponenten; immer dann, wenn positive und negative Halbwelle eines Schwingungszuges nicht exakt deckungsgleich sind, entsteht ein mehr oder weniger großer Gleichspannungsanteil. Und hier reichen bereits relativ niedrige Werte aus, um die Netztransformatoren in die magnetische Sättigung zu bringen. Sehr empfindlich in dieser Hinsicht sind die im HiFi-Segment gerne verwendeten niederimpedanten Ringkerntrafos, die ihr Unwohlsein bei Sättigung dann auch meist durch ein mechanisch störendes Knarzen kundtun.

Solche Gleichspannungsanteile im Lichtnetz lassen sich jedoch relativ problemlos vom Netztrafo fernhalten. Hierfür bieten beispielsweise die Energia-Steckerleisten von HMS-Elektronik spezielle Dioden-Netzwerke, während der Power Conditioner Burmester 948 diese Anteile aktiv ausregelt - mithilfe einer äußerst cleveren Schaltung, die nicht bremsend im Strompfad liegt. 

Damit ist die Wunschliste für Hifi-gerechten Netzstrom nahezu vollständig. Der wichtigste Punkt: Um die von den Netzteilen in den Geräten geforderten steilflankigen Stromimpulse bereitstellen zu können, muss das Lichnetz zunächst mal genügend niederohmig sein - und zwar nicht nur bei tiefen, sondern auch bei hohen Frequenzen. Dicker Leitungsquerschnitt allein reicht also nicht aus - vielmehr sollten alle beteiligten Kabel auch eine geringe Induktivität besitzen, damit ihr Scheinwiderstand zu hohen Frequenzen hin nicht allzu sehr ansteigt.

Diese Forderung gilt ganz besonders für die Netzkabel zwischen den HiFi-Komponenten und der Mehrfachsteckdose - diese eingeschlossen. Denn die Gleichrichter-Impulse verursachen über die frequenzabhängigen Leitungswiderstände an dieser Nahtstelle einen hochfrequenten Störsumpf, der sich über die Wicklungskapazitäten der Netztrafos von hinten in die Geräte einschleicht und damit für klangschädliche Ausgleichsströme im Signalweg sorgt.        

Lichtnetz-bedingte Klangeinflüsse sind also im Wesentlichen ein hausgemachtes Problem der HiFi-Anlage selbst - das ist aber noch lange kein Grund, die direkt aus dem Lichtnetz stammenden, hochfrequenten Störungen zu ignorieren.

Vielmehr lautet die Frage: Wie lassen sich diese Störungen wirkungsvoll unterdrücken, ohne die notwendige, transien-te Stromlieferfähigkeit der Netzverbindungen einzuschränken? Ein klassisches, steilflankiges Absägen mithilfe klobiger LC-Filter führt also nicht zum Ziel. Wie es dennoch gelingen kann, verrät stereoplay in der nächsten Ausgabe.

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