Einmesssystem
Subwoofer einmessen mit Audionet Carma 4
"Subwoofer hört man immer raus!" Diese Aussage stimmt nur bei schlechter Abstimmung. Audionet bietet ein kostenloses Werkzeug zur exakten Anpassung des Subwoofers an die Lautsprecher. stereoplay hat sich CARMA 4 genauer angeschaut und es ausprobiert.
Einen Subwoofer hinstellen und ihn "bumm, bumm" machen lassen kann jeder, und alle kennen solche Installationen. Leider gibt es wenige Mittel und Möglichkeiten, einen Subwoofer wirklich perfekt auf die zu ihm gehörenden Lautsprecher abzustimmen - mal abgesehen von einem Stapel Faustregeln, entsprechenden physikalischen und akustischen Grundkentnissen und langer Erfahrung. Doch nicht jeder hat die passende Erfahrung, selbst vielen Profis und Händlern mangelt es an Praxis.
Wie schwer es ist, die langwelligen Schallanteile mehrerer Quellen zeitrichtig am Hörplatz zusammenzuführen, zeigen die teils kärglichen Ergebnisse der meisten Einmess-Computer in AV-Verstärkern. Selbst Marktführer Audyssey, dessen Algorithmen der Akustikguru Professor Tomlinson Holman entwickelt hat, schafft das nicht zuverlässig.
Nach unserer Testererfahrung funktioniert die automatische Subwoofer-Ankopplung derzeit nur bei Denon, Marantz und Pioneer wirklich zuverlässig. Pioneers MCACC bietet mehrere Phasenübergänge an, von denen stets einer quasi perfekt passt. Und Denon und Marantz verwenden bei den größeren aktuellen Verstärkern eine Audyssey nachgeschaltete Phasenkorrektur, die zuverlässig zu arbeiten scheint. Doch wenn man die Übergangsfrequenz manuell ändert, passt auch hier plötzlich nichts mehr. Wie kommt das?
Ist guter Bass ein Zufall?
Gehen wir im Folgenden einmal davon aus, dass der Subwoofer akustisch geeignet platziert ist und Sie in keinem Kubus wohnen. Die wichtigste Faustregel für die Subwoofer-Anpassung lautet, dass er die gleiche Laufzeit haben sollte wie die zugehörenden Lautsprecher, an die er angepasst werden soll.
Die Platzierung in unmittelbarer Nähe der Frontlautsprecher ist also schon einmal ein guter Anfangszustand, damit alle Schallquellen gleich weit vom Hörplatz entfernt sind. Der Subwoofer muss nun nur noch die gleiche Lautstärke und Phasenlage haben wie die Lautsprecher. Also einpegeln und Phasenschalter in die Position kippen, die den lauteren Bass macht. So lautet das übliche Lehrbuchprinzip.
Praxis: Lautsprecher richtig aufstellen und einwinkeln
In vielen Räumen passt das ganz gut, in anderen Fällen will sich im Bass einfach keine Präzision einstellen und der Übergang bleibt hörbar. Wer nun den Woofer ein wenig umherschiebt oder die Gruppenlaufzeit im Surround-Verstärker verzögert, wird Verbesserungen erzielen können. Man kann das auch mit einem entsprechend fein aufgelösten Spektrum-Analyzer nachvollziehen. Doch auch hier lassen sich nur Versuch und Irrtum dokumentieren, nicht vorhersagen.
Kein Ratespiel dank CARMA 4
Genau hier setzt CARMA 4 von Audionet an. In etwas simplerer Form gab es die Funktion auch schon in CARMA 3. Die Software auf Java-Basis läuft auf Windows und MacOS und wird kostenlos angeboten .
CARMA ist eigentlich das Mess- und Kontrollsystem für die Audionet-eigenen Digitalverstärker mit integrierter Raumkorrektur und Bassmanagement wie DNP und DNA. Aber die Software funktioniert auch autark. Wer sie mit einem Audionet-Verstärker vernetzt, kann diesen auch als Messsignal-Generator verwenden, für den autarken Einsatz gibt es die Messsignale auch als freien Download für den Streamer oder gebrannt auf DVD auch für den eigenen Player.
Die von Audionet-Entwickler Dipl.-Ing. Helmut Wünschl für CARMA 4 überarbeitete Funktion für die Subwoofer heißt "Kanalsummation". Um sie zu nutzen, muss man zunächst eine Messung am Hörplatz durchführen - und zwar mit einem der Signale, bei denen die Laufzeit zwischen Subwoofer und Satelliten starr ist, also mit den Dolby- oder DTS-Signal-Sets. Oder man nutzt einen Audionet-Verstärker als Generator. Mit der Messung werden neben vielen akustischen Parametern auch die Phasengänge der einzelnen Lautsprecher erfasst.
Praxis: Raumakustik-Messung per iPhone
Und genau das ist der Knackpunkt. Denn zur genauen Anpassung zwischen Lautsprechern und Subwoofer müssen nicht nur die reinen Laufzeiten übereinstimmen, also der Abstand und/oder die eingestellte Verzögerung, sondern auch die Phasenlage. Die wiederum ist von der Frequenz abhängig und driftet chaotisch mit der Frequenz - selbst bei guten Lautsprechern. Auch die verwendeten Filter des Bassmanagements verändern die Phasenlage. Das erklärt, warum etwa die einmal gefundene Einstellung für den Subwoofer plötzlich überhaupt nicht mehr klingt, wenn man die Übergangsfrequenz auch nur leicht verändert.
Phase mit Zeit korrigieren
Man muss sich auch klarmachen, dass die Frequenzbereich-Überlappung von Subwoofern und Lautsprechern selbst bei steilen Filtern mehrere Oktaven beträgt und es deshalb nichts bringt, eine einzelne Frequenz isoliert zu betrachten. Mit CARMA 4 lassen sich die kompletten Frequenzgänge summieren.
Für Surround ist die Ankopplung der Frontkanäle und insbesondere des Centers an den Subwoofer am wichtigsten. Nach der Messung stellt man also deren Addition im Modus "Kanalsummation" dar. Im Idealfall erhält man eine Summe, die im Prinzip eine Skalierung der Einzel-Frequenzgänge darstellt. Das ist der - leider sehr seltene - Idealzustand.
Nun kommt der eigentliche Knaller des CARMA-Systems zum Einsatz. Mit der Funktion "Pegelanpassung Sub" lässt sich in der Simulation der Subwoofer virtuell verschieben. Dabei beobachtet man, wie sich die Summe verändert. In diese Berechnung fließen neben den schlichten Pegeln auch die Phasenbeziehungen der summierten Lautsprecher mit ein und ergeben damit ein klares Bild des Höreindrucks. Verändert man nun die Distanz in der Simulation, verschiebt sich auch der Summenfrequenzgang.
Kaufberatung: Fünf Subwoofer im Test
Das Optimum ist erreicht, wenn die Summe überall größer ist als die Summanden und um die Übergangsfrequenz herum - im Beispiel 80 Hertz - keine Auslöschung mehr herrscht. Dann liest man den veränderten Abstand in Zentimetern ab.
Angenommen, dort steht schließlich "- 1,20 cm". Dann ergänzen sich am Hörplatz die Lautsprecher und der Subwoofer am besten, wenn dieser 1,2 Meter näher am Hörplatz steht. Entweder verschiebt man ihn entsprechend im Raum, was aber oft nicht mehr die beste akustische Platzierung (Stichwort: stehende Wellen) darstellt, oder man verzögert ihn entsprechend. Im Beispiel würde man im Bassmanagement des AV-Verstärkers die eingetragene Subwoofer-Distanz um 1,2 Meter reduzieren.
Oft gibt es mehrere Möglichkeiten, die Korrekturen umzusetzen. Highendigere Subwoofer erlauben oft, die Phase in feineren Stufen als 180 Grad einzustellen. Dann kann man die Phasendifferenz der zu summierenden Lautsprecher im Phasendiagramm abschätzen. Man stellt die Differenz am Subwoofer ein und misst erneut. Das ist zwar manuell, aber funktioniert genauso gut.
Mit Simulation statt Versuch zum Ziel
Wenn das Timing und die Pegel zwischen den Lautsprechern und dem Subwoofer stimmen, dann klingt auch die Anlage wie aus einem Guss. Das macht ja auch ein Lautsprecher-Entwickler, wenn er beispielsweise die Abstimmung zwischen Tief-und Mitteltöner optimiert. Nur wenn man für alle Schallquellen die Gruppenlaufzeiten und die Phasenlage korrigiert, lassen sich die Übergangsfrequenz und die Abstände wahllos ändern. Das aber können nur wenige High-End-Prozessoren wie etwa der audiodata AudioVolver oder der Trinnov ST 2.
Für alle anderen gilt es, manuell alle Parameter aufeinander abzustimmen. Das ist angesichts der Zahl der Freiheitsgrade recht komplex. Doch der gut abgestimmte Subwoofer bietet eine Reihe von Vorteilen, die großen Boxen fehlt. So lassen sie sich ohne die Bühnenabbildung zu beeinflussen akustisch günstiger positionieren. Gerade kompakte Lautsprecher spielen wie befreit, wenn man sie vom tiefen Bass entlastet. Und wenn man das System gut abstimmt, dann spielt die Anlage wirklich wie aus einem Guss bis in den Frequenzkeller.
Analysen und Hinweise
Für den letzten Schliff gibt es kaum Werkzeuge. CARMA 4 bietet neben der reinen Subwoofer-Abstimmung auch Analysen fürs richtige Platzieren der Lautsprecher und akustische Maßnahmen. Richtig eingesetzt, helfen diese, die gesamte Anlage zu optimieren, oder sie geben Hinweise, welche Maßnahmen nötig sind, um etwa Raummoden zu entlarven.
Raumkorrektur: Ausgelagerte Intelligenz
Das Messystem CARMA 4 ist im Grunde das ausgelagerte Gehirn der Verstärker mit Raumkorrektur von Audionet - wie der DNA und der DNP. In der Praxis werden alle Analysefunktionen von CARMA 4 mit PC- oder Mac-Rechenpower erledigt und in der aktuellen Version auch die Konfiguration des Bassmanagements und der Frequenzkorrekturen vom Rechner aus erledigt.
Das ist cleverer als das mit den schmalbrüstigen Controller-Chips machen zu lassen, wie dies bei AV-Verstärkern passiert. Für die anschließende Ausführung der Audioberechnungen sind die DSPs perfekt optimiert. Ein cleveres Zusammenspiel.
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